US-Präsident Donald Trump
APA/AFP/Nicholas Kamm
EZB-Entscheidung

Draghi lässt Trump abblitzen

Dass die EZB einen bereits negativen Zinssatz noch weiter drückt und milliardenschwere Anleihenkäufe startet, hat am Donnerstag sofort US-Präsident Donald Trump mit scharfer Kritik auf den Plan gerufen. Noch-EZB-Chef Mario Draghi ließ Trump aber abblitzen.

US-Präsident Donald Trump warf der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Kurs auf Kosten der amerikanischen Wirtschaft vor. „Sie versuchen und schaffen es, den Euro gegen den SEHR starken Dollar abzuwerten, was den US-Exporten schadet“, twitterte Trump am Donnerstag kurz nach der erneuten Lockerung der Zinspolitik durch die Frankfurter Währungshüter.

EZB-Präsident Mario Draghi ließ den Vorwurf nicht lange auf sich sitzen und ging ungewöhnlich direkt auf die Aussagen Trumps ein. „Wir haben ein Mandat: Wir wollen Preisstabilität liefern“, sagte Draghi. „Wir zielen nicht auf Wechselkurse ab. Punkt.“

Schneller Schlagabtausch

Trumps direkte Kommentare und die Druckausübung könnten längerfristig die Unabhängigkeit der Notenbanken gefährden, eine der Säulen des internationalen Geldsystems. Das britische Wochenmagazin „Economist“ hatte bereits im Frühjahr vor den weltweit zunehmenden Einmischungsversuchen in die Unabhängigkeit der Notenbanken gewarnt. Die Zeitschrift verwies darauf, dass es in den 1970er Jahren in der Politik weit verbreitet gewesen sei, die Inflation zu manipulieren, mit entsprechend hohen Inflationsraten.

Trump hatte binnen weniger Minuten auf die Ergebnisse der EZB-Zinssitzung reagiert. Die EZB brachte dabei ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung der Wirtschaft auf den Weg, das unter anderem eine weitere Zinssenkung und erneute Anleihenkäufe enthält. Der Euro geriet dadurch unter Druck: Er rutschte auf 1,0925 Dollar ab und näherte sich damit dem 28-Monats-Tief, das er Anfang des Monats erreicht hatte. Je schwächer der Euro, desto preislich attraktiver werden Produkte aus der Euro-Zone in anderen Währungsräumen.

„Die Fed sitzt aus“

Trump warf der US-Notenbank Fed zugleich Untätigkeit vor. „Die Fed sitzt aus, und sitzt und sitzt“, twitterte er. Die Europäer würden „dafür bezahlt, sich Geld zu leihen, während wir Zinsen zahlen!“ Erst am Mittwoch hatte der Präsident auf eine drastische Senkung der Zinsen durch die US-Notenbank Fed gedrängt. Sie sollten auf „null oder weniger“ gekappt werden, um dem Staat den Schuldendienst zu erleichtern.

Der vom US-Präsidenten, der 2020 die Wiederwahl anstrebt, seit Langem heftig attackierte Notenbankchef Jerome Powell pocht auf seine Unabhängigkeit. Powell, der von Trump berufen wurde, ließ Trump jüngst wissen, dass die Notenbank in ihrer Geldpolitik „allen Amerikanern“ verpflichtet sei und nicht einzelnen Parteien. Die Fed entscheidet nächste Woche über ihren Zinskurs. Erwartet wird eine kleine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte.

EZB will Konjunktur beleben

Die EZB sieht in den Niedrigzinsen nötige monetäre Anreize, um die Wirtschaft zu beflügeln. In Deutschland, dem traditionellen Wirtschaftsmotor der Euro-Zone, droht eine Rezession. Die EZB senkte ihre Inflationserwartungen für dieses und die kommenden beiden Jahre. Mit ihrer expansiven Geldpolitik will sie die Inflation in der Euro-Zone wieder näher an ihr angestrebtes Ziel von knapp unter zwei Prozent bringen. Der EZB-Rat erwartet, dass die Zinssätze stagnieren oder weiter gesenkt werden, bis dieses Ziel erreicht ist.

Draghi stellte für die Zwischenzeit aber weiter Kursrisiken und „eine langwierige Schwäche“ der Wirtschaft in der Euro-Zone in Aussicht. Die „Schwäche des internationalen Handels in einem Umfeld anhaltender globaler Unsicherheiten“ mache besonders der Industrie zu schaffen, sagte der EZB-Präsident. Der Euro-Kurs fiel am Donnerstag schlagartig unter die Marke von 1,10 US-Dollar. Die europäischen Aktienmärkte reagierten dagegen positiv auf die EZB-Maßnahmen.