Peter Seisenbacher
GEPA/Mario Kneisl
Missbrauchsverdacht

Seisenbacher nach Wien ausgeliefert

Der österreichische Ex-Judoka Peter Seisenbacher ist am Donnerstag nach monatelangem Tauziehen von der Ukraine ausgeliefert worden. Der Ex-Sportler wurde noch am Nachmittag in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert. Seisenbacher wurde am Samstag gefasst, als er versucht haben soll, mit einem gefälschten österreichischen Pass von der Ukraine nach Polen zu reisen.

Der unter Missbrauchsverdacht stehende Seisenbacher flüchtete vor mehr als zweieinhalb Jahren, bevor er sich vor Gericht verantworten musste. Am Freitag wird über seine U-Haft entschieden.

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere war Seisenbacher als Trainer seinem Sport treu geblieben. In seinem Wiener Judoverein soll er – so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien – zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben. Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde – die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt.

Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Angeblich an Grenze zu Polen gefasst

Der österreichische Rechtsvertreter von Peter Seisenbacher, Bernhard Lehofer, bestätigte gegenüber der APA, dass sein Mandant am späteren Nachmittag in Wien landen sollte. Der Flieger war in Lwiw (Lemberg) in der Ukraine gestartet. Nach APA-Informationen ist die Maschine kurz vor 17.00 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat gelandet.

Seisenbacher soll am 7. September versucht haben, mit einem gefälschten österreichischen Pass – seiner war eingezogen worden – von der Ukraine über die Grenze nach Polen zu reisen. Dabei wurde der Ex-Judoka erwischt und in Haft genommen. Es war nach Informationen der APA im Übrigen nicht der erste Ausreiseversuch. Bereits am 11. Februar 2018 wollte Seisenbacher die Ukraine in Odessa mit einem falschen Reisedokument verlassen. Er wurde damals gefasst und nach kurzer Haft wieder auf freien Fuß gesetzt.

Nach seiner erneuten Festnahme am Samstag entschied die ukrainische Grenzpolizei, Seisenbacher nach Österreich abzuschieben. Das ist seit dem Frühjahr möglich, nachdem die Ukraine ein Zusatzprotokoll des europäischen Auslieferungsübereinkommens ratifiziert hatte. Seisenbacher wollte nach seiner Inhaftierung nunmehr aber auch freiwillig nach Österreich zurückkehren und bat dafür das österreichische Konsulat um Hilfe. Zwei Zielfahnder des Bundeskriminalamts reisten nach Lwiw und übernahmen den Ex-Judoka am Donnerstag.

Österreichische Sportgeschichte geschrieben

Der Ex-Judoka Seisenbacher schrieb österreichische Sportgeschichte: Am 9. August 1984 wurde der gelernte Goldschmied in Los Angeles als erster Judoka aus Österreich Olympiasieger und verteidigte seinen Titel vier Jahre später in Seoul. Schon 1980 errang er bei den Heim-Europameisterschaften in Wien mit Silber seine erste Medaille. 1985 wurde er Weltmeister, 1986 Europameister.

Nur einen Monat nach der zweiten Olympiagoldmedaille wurde der vom aktiven Sport zurückgetretene Seisenbacher als Sporthilfe-Chef vorgestellt. Noch bevor er das Amt des Generalsekretärs mit 1. Jänner 1989 antrat, war er zum dritten Mal nach 1984 und 1985 als Österreichs Sportler des Jahres ausgezeichnet worden. Im Oktober 1993 trat der Vater von zwei Kindern nach etlichen Verwerfungen als Sporthilfe-Generalsekretär ab, unter anderem weil er 1991 bei einem Judo-Turnier einem Grazer Judoka nach einer Meinungsverschiedenheit eine Ohrfeige verpasst hatte.

Juristisches Tauziehen in der Ukraine

Im Herbst 2013 wurde der einstige Sportstar dann aber zum Tatverdächtigen. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen wurden aufgenommen, drei Jahre später entzog sich Seisenbacher seiner Verhandlung im Wiener Landesgericht, wo er sich vor einem Schöffensenat verantworten hätte müssen.

Nachdem er am 19. Dezember 2016 unentschuldigt gefehlt hatte, wurde er mit Europäischem Haftbefehl gesucht und nach längeren Ermittlungen in Kiew am 1. August 2017 festgenommen. Nachdem die ukrainischen Behörden eine Auslieferung abgelehnt hatten, weil das Delikt laut ukrainischem Recht verjährt war, wurde Seisenbacher auf freien Fuß gesetzt. Nach Ratifizierung des Zusatzprotokolls durch die Ukraine im Frühjahr 2019 hätte er nun doch ausgeliefert werden können. Nun endete seine Flucht.