Farmer bei einem ausgetrockneten Feld in New South Wales, Australien
Reuters/David Gray
Historische Dürre

Australischen Städten geht das Wasser aus

Australien erlebt derzeit die schlimmste Dürre seiner Geschichte. Seit vier Jahren kämpft das Land gegen extreme Trockenheit, nun könnte mehreren Städten im Südosten Australiens schon bald das Grundwasser ausgehen. Das Problem der Wasserknappheit erstreckt sich aber weit über die Landesgrenzen hinaus – weltweit lebt rund ein Viertel der Bevölkerung in Ländern mit hohem Trockenheitsrisiko.

Sollte im jetzigen australischen Frühling kein Regen fallen, werden Ortschaften im Bundesstaat New South Wales wie Dubbo, Cobar, Nyngan und Narromine zu Weihnachten auf Trinkwasserlieferungen für ihre Einwohner und Einwohnerinnen angewiesen sein, warnte die Regierungsbehörde WaterNSW in einer Studie am Sonntag.

New South Wales’ Wasserministerin Melinda Pavey bezeichnete die Situation als kritisch. Denn bei anhaltender Dürre säßen selbst tiefer im Landesinneren gelegene Städte spätestens Ende 2020 auf dem Trockenen. „Alles Menschenmögliche“ werde unternommen, um Abhilfe zu schaffen, darunter neue Wasserbohrungen und die Verlegung zusätzlicher Wasserleitungen, sagte Pavey Reportern in Canberra.

Kein Ende in Sicht

Die Wasserbehörde ging davon aus, dass zum Beginn des diesjährigen Sommers im November mehrere Flüsse ausgetrocknet sein dürften. Auch Sydney, die Hauptstadt von New South Wales, wartet dringend auf Regen: Die Stauseen sind laut Behördenangaben nicht einmal mehr halb voll. Eine Entsalzungsanlage für Meerwasser versorge bereits ein Viertel der Stadt mit Trinkwasser. Die Meteorologiebehörde sieht keine Anzeichen dafür, dass die Dürre bald enden könnte.

Angesichts der Auswirkungen niedriger Wasserstände auf die Fauna in den Flüssen sprach NSW-Landwirtschaftsminister Adam Marshall von einem bevorstehenden „Fisch-Armageddon“. Um ein Massensterben zu vermeiden, werden laut einem Bericht des Senders ABC News Fische aus dem Darling River in große Speichertanks umgesiedelt.

17 Staaten kurz vor „Stunde null“

Doch nicht nur Australien lechzt nach Wasser. Fast ein Viertel der Weltbevölkerung lebt in Ländern mit einem extremen Trockenheitsrisiko. In 17 Staaten sei die Wasserknappheit bereits fast auf dem Niveau der „Stunde null“ angelangt – der Zeitpunkt, zu dem fließendes Wasser nicht mehr verfügbar sein wird, erklärte das US-Forschungszentrum World Resources Institute (WRI) bei der Vorstellung seines neuen Wasserverfügbarkeitsberichts Anfang August.

In den 17 am schwersten von Trockenheit betroffenen Ländern verbrauchen Landwirtschaft, Industrie und Kommunen „80 Prozent des verfügbaren Oberflächen- und Grundwassers“, teilten die WRI-Forscher und -Forscherinnen mit. Bereits kleine Dürren könnten in dieser Situation demnach schwerwiegende Wasserkrisen auslösen.

Ein Mann auf einem vertrockneten Feld nahe Chennai
Reuters/P. Ravikumar
Auch die indische Millionenmetropole Chennai lechzt nach Wasser

Zu den am schwersten von Wasserknappheit betroffenen Ländern gehören WRI-Chef Andrew Steer zufolge zahlreiche Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika, etwa Libyen, Israel, der Libanon und Saudi-Arabien. Auf Platz 13 der Rangliste steht Indien – dessen Bevölkerung dreimal so groß ist wie die Bevölkerung aller 16 anderen betroffenen Länder zusammen.

Indien und Südafrika stark betroffen

Ende Juli wurde das Wasser für die Einwohnerinnen und Einwohner der indischen Millionenmetropole Chennai rationiert, die Brunnen der Stadt öffneten nur stundenweise – sofern sie überhaupt noch Grundwasser enthielten. Die Mindestversorgung der Stadt wurde durch mit Millionen Liter Wasser beladenen Zügen aus dem Landesinneren sichergestellt.

Niedriges Risiko in Österreich

Österreich steht auf der WRI-Rangliste auf Platz 134 und zählt damit zu der Gruppe der Länder mit einem niedrigen Trockenheitsrisiko.

„Die Wasserkrise in Chennai vor Kurzem hat weltweit Aufsehen erregt – dabei besteht auch in zahlreichen anderen Regionen Indiens chronische Wasserknappheit“, erklärte der frühere indische Minister für Wasserressourcen Shashi Shekhar. Laut einem 2018 veröffentlichten Bericht herrscht auf dem Subkontinent die bisher schlimmste Wasserkrise, rund 200.000 Menschen sterben jährlich als Folge einer unzureichenden Wasserversorgung.

Bis 2030 soll der Wasserbedarf in Indien etwa zweimal so hoch sein wie die verfügbaren Ressourcen, in 21 größeren Städten könnte bis 2020 das Wasser ganz ausgehen – davon wären rund 100 Millionen Menschen betroffen.

Skyline von Kapstadt
Reuters/Mike Hutchings
In Kapstadt hätte ebenfalls fast die „Stunde null“ geschlagen – Wassersparen gehört aber nach wie vor zum Alltag

Wassermangel „größte Krise, über die niemand spricht“

Auch in Südafrika, im Besonderen in Kapstadt, kämpft man aufgrund der anhaltenden Dürre seit Jahren mit Wasserknappheit. Zwar konnte die „Stunde null“ im letzten Moment abgewendet werden, doch der Wasserpegel der Reservoirs ist nach wie vor niedrig. Nun wird versucht, die Wasserversorgung langfristig mit anderen Mitteln sicherzustellen. Einige Vorschläge erscheinen durchaus ungewöhnlich: etwa der Transport eines Eisberges vor die Küste Kapstadts, der die Einwohner und Einwohnerinnen mit Wasser versorgen soll.

„Wenn die Wasserhähne trocken bleiben, stehen die Menschen am ersten Tag an Wasserstellen in der ganzen Stadt in einer Schlange. Wenn sie am zweiten Tag kein Wasser bekommen, werden dafür Menschen getötet“, erklärte der Forschungsleiter Nicholas Sloane seine Motivation für das Projekt.

Ähnlich argumentiert WRI-Chef Steer: „Wasserknappheit ist die größte Krise, über die niemand spricht.“ Sichtbare Folgen seien Ernährungskrisen, Konflikte, Fluchtbewegungen und finanzielle Instabilität. Und: Durch die Klimakrise, so ist sich die Wissenschaft einig, werden Extremereignisse wie Dürren und Wassernöte zusätzlich verstärkt und häufiger.