Aufsteigender Rauch von einem Aramco-Öllager
Reuters/Hamad I Mohammed
US-Angaben

Angriffe auf saudische Ölanlagen aus Iran

Während Saudi-Arabien nicht dezidiert sagen will, wer am Wochenende seine Ölanlagen im großen Stil angegriffen hat, wollen die USA die Schuldigen ausgemacht haben. Ein Regierungsmitarbeiter in Washington sagte, die Attacken seien von iranischem Boden aus verübt worden. Auch Marschflugkörper seien abgeschossen worden. Die Fronten zwischen dem Iran, Saudi-Arabien und den USA sind verhärtet.

US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag seine scharfen Worte gegenüber dem Iran abgemildert. Er wolle mit niemandem einen Krieg, so Trump. Die USA wollten Saudi-Arabien unterstützen, aber eine „definitive“ Feststellung der Verantwortung abwarten. Es habe sich um einen „sehr großen Angriff gehandelt“, auf den ein „viel, viel größerer“ folgen könne.

Laut US-Geheimdiensterkenntnissen steht aber schon fest, wem Washington die Verantwortung für die Angriffe in Saudi-Arabien zuschreibt. Laut Informationen des „Wall Street Journal“ wurden Erkenntnisse der US-Dienste an Riad übermittelt, wonach der Iran Ausgangspunkt der Angriffe war. Nach Einschätzung der USA habe der Iran dabei „mehr als 20 Drohnen und mindestens zwölf Raketen“ eingesetzt, so das Blatt in der Montag-Ausgabe unter Berufung auf nicht genannte Quellen. Ein US-Regierungsmitarbeiter gab am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zusätzlich an, dass die Angriffe aus dem Iran kamen und dabei auch Marschflugkörper eingesetzt worden seien.

USA wollen Partnern Erkenntnisse vorlegen

Nach Angaben des anonymen US-Regierungsmitarbeiters trägt Washington weiterhin Beweismaterial zu den Angriffen zusammen. Dieses solle der internationalen Gemeinschaft und besonders den europäischen Verbündeten in der kommenden Woche am Rande der Generaldebatte der UNO-Vollversammlung in New York vorgelegt werden. Noch am Dienstag wollte zudem US-Außenminister Mike Pompeo nach Saudi-Arabien reisen.

Saudische Regierungsvertreter hätten erklärt, dass die vorliegenden Informationen nicht ausreichten, um daraus zu schließen, dass die Angriffe vom Iran ausgingen. Die Regierung in Riad hatte nur erklärt, dass iranische Waffen genutzt worden seien, machten aber Teheran nicht direkt verantwortlich. Am Dienstagabend sagte Energieminister Prinz Abdulasis bin Salman, man habe keine Erkenntnisse darüber, wer hinter den Luftangriffen steht. Saudi-Arabien kenne die Drahtzieher nicht.

Ölproduktion großteils gestoppt

König Salman hatte zuvor gesagt, die „feigen Angriffe“ hätten nicht nur auf Ölanlagen des Landes abgezielt, sondern auch auf die internationale Ölversorgung. Sie bedrohten die Stabilität der Region. Zwei Anlagen des saudischen Staatskonzerns Aramco in Abkaik und Churais im Osten des Königreichs wurden dabei beschädigt. Nach Angaben des saudischen Energieministers Prinz Abdulasis bin Salman war die Hälfte der gesamten Produktion des Aramco-Konzerns betroffen, geschätzt 5,7 Millionen Barrel Rohöl pro Tag, fast sechs Prozent der weltweiten Rohölversorgung.

Die Angriffe auf Anlagen im Osten Saudi-Arabiens am Samstag hatten die Sorge vor einer militärischen Eskalation im Nahen Osten befeuert und den Ölpreis in die Höhe getrieben. Saudi-Arabien musste danach eigenen Angaben zufolge einen großen Teil seiner Ölproduktion stoppen. Nach Angaben des Energieministers wird die Produktion zum Monatsende aber vollständig wiederhergestellt sein. Die Versorgung im eigenen Land sei bereits auf dem vorherigen Niveau, hieß es.

Scharfe Kritik an US-Politik im Jemen

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif retournierte am Dienstag die Vorwürfe aus Washington und kritisierte die US-Politik in Jemen scharf. „Die USA sind nicht empört, wenn ihre Alliierten vier Jahre lang mit ihren Waffen und ihrer militärischen Hilfe gnadenlos Babys bombardieren, aber sie regen sich furchtbar auf, wenn die Opfer auf die einzig ihnen mögliche Weise reagieren – gegen die Ölraffinerien des Aggressors“, twitterte Sarif. Die Amerikaner würden ihre Augen vor der Wahrheit verschließen, wenn sie glaubten, dass die Jemeniten nach mehr als vier Jahren Kriegsverbrechen nicht zurückschlagen würden, so der iranische Chefdiplomat.

Außerdem sei es den Amerikanern laut Sarif wohl peinlich, dass die Waffenlieferungen in dreistelliger Milliardenhöhe an ihre Verbündeten nicht die jemenitischen Angriffe stoppen konnten. „Aber nun den Iran zu beschuldigen wird auch nichts ändern. (…) Die einzige Lösung ist, diesen Krieg zu beenden“, schrieb Sarif in einem zweiten Tweet.

Humanitäre Krise im Jemen

Zu den Attacken vom Samstag hatten sich die Huthi-Rebellen aus dem Jemen bekannt. Diese werden vom Iran unterstützt. Die US-Regierung hatte bereits in den vergangenen Tagen den Iran verdächtigt.

Die Huthis greifen immer wieder Ziele in Saudi-Arabien an. Sie sehen darin eine Vergeltung für die saudische Militärintervention im Jemen. Dort tobt seit 2014 ein Bürgerkrieg. Die Huthis überrannten große Gebiete und vertrieben die international anerkannte Regierung aus der Hauptstadt Sanaa. Deren Rückhalt im Jemen ist nach Einschätzung von Beobachtern schwach. Saudi-Arabien unterstützt im Jemen die international anerkannte Regierung und bombardiert dort Huthi-Ziele. Dabei sterben immer wieder auch zahlreiche Zivilisten. Die Huthis werfen Riad vor, mit einer Blockade die humanitäre Krise im Jemen verschärft zu haben.

NATO besorgt

Ein Sprecher der jemenitischen Huthi-Rebellen drohte dem Königreich am Dienstag mit weiteren Angriffen, sollte Saudi-Arabien seine „Aggressionen“ im Jemen fortsetzen. Wer die Stabilität des Ölmarktes gewährleisten wolle, der müsse die von Riad angeführte Koalition dazu bringen, ihre Blockade des jemenitischen Volks zu beenden.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief die Konfliktparteien zu einer Deeskalation der Spannungen auf. „Jegliche Beeinträchtigung der globalen Energieversorgung ist für die NATO-Alliierten eindeutig besorgniserregend“, sagte der Norweger der dpa. Er appelliere an alle Parteien, weitere Vorfälle zu vermeiden, die eine ernsthafte Gefahr für die regionale Sicherheit darstellen könnten. Die NATO beobachte die Entwicklungen genau.