Sylvester Stallone als Rambo
Constantin Film
„Rambo: Last Blood“

Zum Abschied ein letztes Gemetzel

Mit „Rambo: Last Blood“ nimmt Hollywood-Star Sylvester Stallone Abschied von einem der bekanntesten Actionhelden der Kinogeschichte. Der fünfte und finale Auftritt von John J. Rambo wird standesgemäß vollzogen – mit einem fast schon comichaften Gemetzel.

Mehr als zehn Jahre nach seinem letzten Einsatz im Dschungel Myanmars („John Rambo“, 2008) hat sich der Vietnamkriegsveteran auf die Ranch zurückgezogen, die einst seinem Vater gehörte. Dort, im Südwesten der USA unweit der Grenze zu Mexiko, gibt der Elitesoldat den Pferdeflüsterer, im Jeansoutfit und mit Cowboyhut. In der jungen Gabrielle (Yvette Monreal) und seiner Haushälterin (Adriana Barraza) hat er eine Ersatzfamilie gefunden.

Die Harmonie währt freilich nur kurz: Auf der Suche nach ihrem leiblichen Vater gerät Gabrielle in Mexiko in die Fänge skrupelloser Menschenhändler. Als „Onkel John“ von der Entführung seiner Wahlnichte erfährt, sinnt er auf Rache. Alleine nimmt er es mit dem Kartell auf. Dabei setzt er nicht nur sein umfangreiches Schusswaffenarsenal ein, sondern auch die aus der „Rambo“-Serie bekannten Pfeile und den Bogen, das überdimensionale Jagdmesser und natürlich seine bloßen Hände.

Gabrielle (Yvette Monreal) und John Rambo (Sylvester Stallone)
Constantin Film
Einmannarmee und Pfederflüsterer: Rambo und seine Wahlnichte Gabrielle

Todesfalle Bauernhof

Als wortkarge Einmannarmee zieht er los, muss viel einstecken, teilt aber noch mehr aus. Im Kampf gegen das Kartell baut er seine Ranch zur Festung aus, eine Art „Kevin – Allein zu Haus“-Szenario, nur beinahe schon comichaft brutal. Für die Angreifer des Kartells ist es eher ein Szenario wie in den Horrorfilmen der „Saw“-Reihe: Rambo hat seinen Bauernhof in eine einzige riesige Todesfalle umgewandelt.

„Was kommt, wird anders als alles, was ihr je gesehen habt“, versprach der mittlerweile 73 Jahre alte Stallone seinen Fans. In Sachen Charakterentwicklung stimmt das nicht ganz: Rambo bleibt der Inbegriff des Einzelkämpfers, der mit dem Kopf durch die Wand geht, dessen geschundener Körper keinen Schmerz kennt und der trotz traumatischer Erfahrungen keine Hilfe sucht. Ein modernes Männerbild sieht anders aus – und erhöht im echten Leben die Lebenserwartung.

Gebrochener Held

Begonnen hatte die „Rambo“-Filmreihe einst in einer ganz anderen Tonalität. Der 1982 erschienene erste „Rambo“ spart nicht mit Gesellschaftskritik. Er zeigt einen an den Rand gedrängten Kriegsveteranen, physisch und psychisch gezeichnet von Gefangenschaft und Folter. Das letzte Mitglied seiner Einheit ist an Krebs gestorben, eine Spätfolge des Agent-Orange-Einsatzes der US-Armee in Vietnam. Als Rambo von einem Kleinstadtsherrif misshandelt wird, brechen die seelischen Wunden auf, und der Veteran beginnt einen Guerillakampf in den Wäldern.

Der Film basiert auf dem 1972 erschienenen Roman „First Blood“ von David Morrell. Der Plan, den Stoff zu verfilmen, scheiterte mehrfach. Auf Grundlage seines Buches seien 26 Skripts angefertigt worden, die mehreren Studios angeboten worden seien, sagte Morrell einmal in einem Interview. Das Ende des Vietnam-Krieges und das damit verbundene Trauma in den USA verhinderten eine Verfilmung jedoch – bis Stallone das Drehbuch in die Hände bekam.

Der Italoamerikaner war damals bereits ein Star, berühmt geworden durch die ersten beiden „Rocky“-Filme (1976 und 1979). Das „Rambo“-Projekt habe ihn anfangs nicht überzeugt, berichtete Stallone in Interviews. Die erste, drei Stunden lange Version des Films hätte er nach eigenen Angaben am liebsten aufgekauft und vernichtet. Letztlich entschloss er sich freilich, das Skript zu überarbeiten, die Laufzeit des Films auf 90 Minuten einzudampfen und aus dem verrückten Rambo der Vorlage einen stillen, gebrochenen, aber doch sympathischen Charakter zu machen.

Gewaltorgien statt Gesellschaftskritik

Für Stallone zahlte sich das Wagnis aus: „Rambo“ konnte die Kritik zwar nicht gänzlich überzeugen, entwickelte sich aber zum weltweiten Kassenschlager. Ob des Erfolgs musste ein Sequel her. Stallone tat sich dafür mit James Cameron („Terminator“) zusammen. Im vietnamesischen Dschungel kämpfte der Veteran gegen lokale Kommunisten und sowjetische Spezialeinheiten. Statt Gesellschaftskritik wurde dem Publikum eine Gewaltorgie vorgesetzt.

Im dritten Teil der Saga ging es für Rambo nach Afghanistan. Gegner waren abermals die Sowjets. Unterstützung erhielt der Elitekämpfer dabei von den Mudschaheddin. Rückblickend betrachtet sei diese Allianz eine schlechte Entscheidung gewesen, sagte Stallone in einem Interview: „Wer hätte gedacht, dass die Typen, die ich (Rambo, Anm.) rette, später al-Kaida werden.“ Der Blutzoll im Film ist hoch, die Actionszenen sind irrwitzig. Im Jahr 1990 kürte das Guinness-„Buch der Rekorde“ „Rambo 3“ mit 221 Gewalttaten und 108 Todesopfern auf der Leinwand zum bis dahin brutalsten Film der Kinogeschichte.

Politisch heikles Terrain

„Rambo 3“ sei der Grund gewesen, warum er niemals einen politischen Film gemacht habe, sagte Stallone 2013. Auf politisch heiklem Terrain haben sich die „Rambo“-Filme freilich immer schon bewegt. Viele andere Actionfilme der 1980er spielen in erfundenen Diktaturen irgendwo in Südamerika oder Afrika. Muskelpaket Rambo dagegen nimmt es in existierenden Staaten mit dem damaligen Erzrivalen der USA auf.

Sylvester Stallone als Rambo
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Fans von 80er-Jahre-Action werden beim fünften „Rambo“-Film auf ihre Kosten kommen

Auch „Rambo: Last Blood“ ist per se kein politischer Film. Das Setting im US-amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet in Zeiten der Mauerpläne von US-Präsident Donald Trump hat freilich einen politischen Subtext. Ebenso verhält es sich mit der Beschreibung der Kriminellen, die aus einer Wahlkampfrede Trumps stammen könnte. Zugleich ist die Gewalt in Mexiko real. In vielen Bundesstaaten tobt ein Kampf der Kartelle, der schon Tausende Menschenleben gefordert hat.

Politik hin oder her: Fans von 80er-Jahre-Action werden bei „Rambo: Last Blood“ jedenfalls auf ihre Kosten kommen. Und nicht nur das: Regisseur Adrian Grunberg („Get The Gringo“) hat sich ein paar ganz besondere Zuckerln für „Rambo“-Nostalgikerinnen und -Nostalgiker überlegt.