Firmenschild „Airbus Defence and Space“
Reuters/Marcelo del Pozo
Geheime Bundeswehr-Dokumente

Spionageverdacht gegen Airbus-Mitarbeiter

Die Staatsanwaltschaft München ermittelt in Zusammenhang mit zwei Rüstungsprojekten wegen Spionageverdachts gegen Mitarbeiter des europäischen Flugzeugkonzerns Airbus. Laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe) sollen Airbus-Mitarbeiter in den Besitz geheimer Akten der deutschen Bundeswehr gekommen sein.

In den geheimen Akten gehe es unter anderem um die Beschaffung eines Kommunikationssystems. Etwa zwanzig Angestellte des Konzerns wurden dem Bericht zufolge am Dienstag umgehend freigestellt. Akten und Computer seien beschlagnahmt worden.

Die Staatsanwaltschaft München teilte mit, bei Airbus wegen möglichen Missbrauchs von Kundendokumenten zu ermitteln. Es werde ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Mitarbeiter des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns geführt, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Das Unternehmen habe die Strafverfolger selbst eingeschaltet.

Interne Prüfung dauert an

Airbus bestätigte den Vorgang. Das Unternehmen informierte die Behörden nach eigenen Angaben „proaktiv über den möglicherweise rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter mit Kundendokumenten“. Eine interne Prüfung mit Unterstützung einer externen Anwaltskanzlei dauere an. Der Fall stehe in Zusammenhang mit „zwei künftigen deutschen Beschaffungsprojekten der Programme Line Communications, Intelligence and Security“.

Nach Angaben der „Bild“-Zeitung leitete die Bundeswehr disziplinarrechtliche Schritte gegen einen Mitarbeiter ein. Der Budgetexperte der deutschen Grünen, Tobias Lindner, sagte der „Bild“-Zeitung, Airbus müsse „jetzt sofort reinen Tisch machen und aufklären. Im normalen Wirtschaftsleben wäre ein Unternehmen im Falle eines solchen schwerwiegenden Verdachts sofort von einer Ausschreibung auszuschließen.“

Planungsdokumente zu Beschaffungsvorhaben

Wie aus einer der dpa vorliegenden Unterrichtung der Obleute im Verteidigungsausschuss des deutschen Bundestags durch das Verteidigungsministerium hervorgeht, wurde das Ministerium am Dienstag darüber informiert, dass sich das Unternehmen in Besitz von Planungsdokumenten zu zwei künftigen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr befindet. Es bestehe der Verdacht, dass sich Mitarbeiter die Unterlagen aus dem Bereich der Bundeswehr beschafft hätten. Der Konzern habe den Sachverhalt auch der Staatsanwaltschaft München mitgeteilt.

Auch Ministerium leitete Untersuchung ein

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte auf Anfrage, man sei von Airbus über den Vorfall informiert worden, die zuständigen Obleute im deutschen Bundestag seien unterrichtet worden. Die Rechtsabteilung habe Untersuchungen zum Sachverhalt eingeleitet. Zu weiteren Einzelheiten des Verdachts wollten sich Konzern und Staatsanwaltschaft nicht äußern.

Airbus blickt positiv in die Zukunft

Geschäftlich geht es dem Flugzeug- und Rüstungskonzern gut. Airbus rechnet in den nächsten 20 Jahren mit einem weiter steigenden Bedarf an Verkehrsjets. In den Jahren 2019 bis 2038 würden weltweit voraussichtlich 39.210 neue Passagier- und Frachtmaschinen benötigt, teilte das Unternehmen am Mittwoch, noch vor Bekanntwerden der Spionagevorwürfe gegen Mitarbeiter, in London mit. Das sind rund 1.800 Maschinen mehr, als 2018 für die folgenden zwei Jahrzehnte vorausgesagt worden waren.

Bei den Passagierflugzeugen bezieht sich Airbus auf Typen mit mindestens 100 Sitzplätzen. Die weltweite Flugzeugflotte dürfte sich demzufolge bis zum Jahr 2038 auf fast 48.000 Jets mehr als verdoppeln, schätzt Airbus.

Produktionsende für A380

Der erwartete Zuwachs kommt vor allem von den Mittelstreckenjets wie dem Airbus A320neo und Boeings Krisenjet 737 Max. Sie stehen für gut drei Viertel der prognostizierten Nachfrage. Allerdings gilt für die Boeing 737 Max seit März ein weltweites Flugverbot, dessen Ende noch offen ist.

Airbus hat unterdessen im Februar das Produktionsende für den weltgrößten Passagierjet A380 beschlossen und seine Marktprognose jetzt anders gegliedert. Verkaufschef Christian Scherer spricht jetzt nur noch von kleinen Typen wie dem A320neo, mittleren wie dem A330 und großen wie dem A350. Das Segment der großen Jets macht mit erwarteten 4.120 Jets in 20 Jahren rund zehn Prozent der erwarteten Nachfrage aus.