Labour begann Parteitag im Zeichen des Brexit-Streits

Mit einem Appell zur Geschlossenheit hat gestern im südenglischen Brighton der fünftägige Parteitag der britischen Sozialdemokraten begonnen. Labour-Generalsekretärin Jennie Formby rief die Delegierten auf, Differenzen beiseite zu legen. Stattdessen müsse die größte britische Oppositionspartei sich „zu 100 Prozent darauf fokussieren“, die Konservativen bei kommenden Wahlen zu besiegen.

Corbyn will neutral bleiben

Labour ist mit Blick auf den geplanten EU-Austritt des Landes zutiefst gespalten: Während sich ein großer Teil des Führungszirkels in der Parlamentsfraktion klar für eine Abkehr vom Brexit einsetzt, will sich Parteichef Jeremy Corbyn weiterhin nicht festlegen. „Wir werden unsere Pläne darlegen, um die Brexit-Krise zu beenden“, schrieb er auf Twitter. Corbyns Rede wird für Mittwoch erwartet.

In einem Gastbeitrag im „Guardian“ hatte der 70-Jährige erläutert, zuerst solle ein Brexit ohne Abkommen am 31. Oktober abgewendet werden. Ist dieses Szenario vom Tisch, wolle er eine Parlamentswahl herbeiführen. „Eine Labour-Regierung würde ein vernünftiges Abkommen schließen (…) einschließlich einer neuen Zollunion mit der EU, einer engen Beziehung zum Binnenmarkt und Garantien für Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz.“

Das Ganze werde dann in einem neuen Referendum dem Volk vorgelegt, wobei die Alternative ein Verbleib in der EU wäre, so Corbyn. Er selbst will dabei neutral bleiben.

Streit über Brexit-Absage

Corbyn nimmt damit eine sehr viel engere Beziehung zur EU ins Visier als Premierminister Boris Johnson. Doch einigen in seiner Partei geht das nicht weit genug. Sie verlangen, dass sich Labour ganz und gar dem Ziel verschreibt, den Brexit abzusagen. Dafür sprach sich auch Labour-Vizechef Tom Watson aus. Für Aufregung sorgte zu Beginn des Parteitages ein – dann zurückgezogener – Antrag des linken Flügels, den Stellvertreterposten zu streichen.

Watson hielt seinen innerparteilichen Gegnern in einem BBC-Interview vor, so wütend über seine Brexit-Position zu sein, dass sie ihn lieber absetzen wollten statt mit ihm darüber zu diskutieren. Auch Corbyn sprach sich gegen den Antrag des linken Parteiflügels aus, plädierte aber für eine Überprüfung der Posten des Stellvertreters und anderer Ämter, die den Parteichef unterstützen sollen.