Ein Mann erhält von einer Frau in Schutzkleidung eine Ebola-Impfung
APA/AFP/Pamela Tulizo
Ebola-Impfstoff rationiert?

Schwere Vorwürfe gegen die WHO

Seit einem Jahr wütet in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) eine Ebola-Epidemie. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt die Zahl der Erkrankten mit 3.145 an – 2.100 Menschen starben ihren Angaben zufolge bisher an dem Virus. Die NGO Ärzte ohne Grenzen erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die WHO: Die UNO-Sonderorganisation habe den Impfstoff für den Einsatz im Land rationiert. Die WHO weist die Anschuldigungen zurück.

Rund 225.000 Menschen seien seit Anfang August 2018 geimpft worden, doch diese Zahl sei „in hohem Maße unzureichend“, teilte Ärzte ohne Grenzen am Montag in einer Aussendung mit. Die Gründe für die Einschränkungen seien unklar, hieß es in der Mitteilung weiter. Der Impfstoff des deutschen Pharmakonzerns Merck habe „seine Sicherheit und Wirksamkeit unter Beweis gestellt“.

Mangel ausgeschlossen

Einen Mangel an dem Arzneimittel schloss die Hilfsorganisation als Grund aus. Merck habe erklärt, dass zusätzlich zu den bereits an die WHO gelieferten 245.000 Impfdosen bei Bedarf 190.000 weitere Dosen verschickt werden könnten. In den nächsten sechs bis 18 Monaten könnten weitere 650.000 Impfdosen geliefert werden, hieß es.

Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen in Schutzanzügen bei der Ebola Impfung im Kongo
Reuters/Baz Ratner
Ebola-Impfung in der DR Kongo: Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen in Schutzanzügen

Bis zu 2.500 Menschen könnten demnach täglich geimpft werden statt wie derzeit bis zu 1.000 Menschen, sagte Isabelle Defourny von Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation forderte die Einrichtung eines „unabhängigen internationalen Koordinierungsausschusses“, um Transparenz bei der Verwaltung des Bestands an Impfdosen zu gewährleisten.

Grünes Licht für Impfstoff von Johnson & Johnson

Die WHO bestritt, den Zugang zu dem Arzneimittel einzuschränken. Sie tue „alles ihr Mögliche“, um die Epidemie zu beenden, teilte die Organisation mit. Sie arbeite eng mit der Regierung der DR Kongo zusammen, um so viele Gemeinden und Menschen wie möglich in den betroffenen Gebieten zu erreichen.

Am Montag gab die Gesundheitsbehörde des Landes bekannt, ab Mitte Oktober testweise einen zweiten Impfstoff gegen Ebola im Feld einsetzen zu wollen. Hergestellt wird dieser vom US-Konzern Johnson & Johnson. Er muss zweimal verabreicht werden. Die WHO lobte den Schritt: „Die Behörden der DR Kongo haben ihre Entschlossenheit unter Beweis gestellt“, so WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Mit dem zweiten Impfstoff haben wir „potenziell ein zusätzliches Mittel“, um die Ausbreitung der Epidemie zu verhindern, erklärte die WHO-Regionaldirektorin für Afrika, Matshidiso Moeti. Er werde nach genauen Vorgaben in gefährdeten Gebieten eingesetzt, in denen es noch keinen Ebola-Fall gebe.

WHO soll „starken Druck“ ausgeübt haben

Das Lob der WHO für die Behörden des Landes hat eine bemerkenswerte Vorgeschichte: Die UNO-Organisation hatte auf die Einführung des zweiten Impfstoffs gedrängt, der von einer Tochtergesellschaft des US-Pharmariesen hergestellt wird. Das Gesundheitsministerium unter dem nunmehrigen Ex-Gesundheitsminister der DR Kongo, Oly Ilunga, hatte das abgelehnt.

Ilunga war Ende Juli zurückgetreten, nachdem er als Leiter des nationalen Programms zur Ebola-Bekämpfung abgelöst worden war. Ilunga wird beschuldigt, für den Kampf gegen Ebola vorgesehene Mittel unterschlagen zu haben. Seine Anwälte wiesen die Anschuldigungen zurück. In seinem Rücktrittsschreiben kritisierte Ilunga die WHO-Pläne, den neuen Impfstoff einzuführen. Ilunga sprach von „starkem Druck“, um ein „neues Experiment“ durchzuführen.