Strand in Griechenland
Reuters/Gleb Garanich
Von Spanien bis Türkei

Cook-Pleite „harter Schlag“ für Tourismus

Die von der Thomas-Cook-Pleite betroffenen Länder von Spanien über Griechenland bis zur Türkei bangen um Teile ihres florierenden und für die Volkswirtschaft wichtigen Tourismus. Die Thomas-Cook-Touristen trugen teils nicht unerheblich zu dem wichtigen Wirtschaftszweig bei – es sei „ein harter Schlag“, heißt es etwa aus Spanien. Und auch Österreich ist betroffen – in Form des Flughafens Innsbrucks.

Der Flughafen der Tiroler Landeshauptstadt sucht derzeit „unter Hochdruck“ nach Ersatzflügen für das Wintergeschäft. "Bei uns betrifft es das Incoming-Geschäft – das hat ein größeres Volumen“, erklärte der stellvertretende Flughafendirektor Patrick Dierich. 2018 wurden auf dem Tiroler Airport über in den Wintermonaten 38.000 Passagiere verbucht – 19.000 ankommend und 19.000 abfliegend. „Über die letzten sechs Jahre hatten wir sechs Flüge pro Wochenende, vier aus London-Gatwick, zwei aus Manchester“, so Dierich – mehr dazu in tirol.ORF.at. Sonst ist die touristische Infrastruktur in Österreich von der Pleite allerdings nicht betroffen.

In anderen Ländern sorgt man sich bereits über große Anteile im Tourismus. Für Spanien habe die Thomas-Cook-Pleite „sehr negative Auswirkungen“, sagte die spanische Tourismusministerin Maria Reyes Maroto am Montag in Madrid. Sie sei mit den Hotelierverbänden in Kontakt, um Strategien zu erarbeiten.

Strand in der Türkei
Reuters/Gleb Garanich
Ein Strand in der Türkei

Griechenland sorgt sich um wirtschaftliche Auswirkungen

Auch auf Mallorca war man alarmiert. „Das ist ein sehr harter Schlag für die (Balearen-)Inseln“, sagte der für Tourismus zuständige Regionalminister Iago Negueruela dem Radiosender SER. Der finanzielle Schaden sei noch gar nicht abzuschätzen. Mit Thomas Cook waren im vergangenen Jahr rund 3,6 Millionen Touristen nach Spanien gereist, vor allem auf die Balearen und Kanaren sowie nach Andalusien, Valencia und Katalonien. In Spanien betrieb der britische Konzern zuletzt 45 Hotels.

Reisende warten auf Flughafen
AP/Francisco Ubilla
Thomas-Cook-Kundschaft auf dem Flughafen von Mallorca

Einige Unternehmen und Verbände im griechischen Tourismussektor befürchten nachhaltige Auswirkungen. „Das ist ein Erdbeben der Stärke sieben, und der Tsunami kommt erst“, sagte am Montag der Präsident des kretischen Tourismusverbands, Michalis Vlatakis, griechischen Medien. So hätten auf der griechischen Insel Kreta rund 70 Prozent aller Tourismusunternehmen Verträge mit dem Reiseriesen.

Hunderttausende durch Thomas Cook auf Kreta

Allein 2019 habe Thomas Cook gut 400.000 Besucherinnen und Besucher nach Kreta gebracht. „Derzeit sind noch etwa 20.000 da“, sagte Vlatakis. Nun gelte es, diese Kundinnen und Kunden bestmöglich zu versorgen, damit sie Kreta auch künftig treu blieben. Dennoch werde die Insolvenz von Thomas Cook den griechischen Tourismus nachhaltig prägen, glaubt der Fachmann.

Das griechische Finanzministerium sei bereits eingeschaltet, um betroffenen griechischen Tourismusunternehmen unter die Arme zu greifen, hieß es am Montag vom griechischen Ministerium. Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Griechenlands. Laut deutschem Auswärtigen Amt trägt er direkt und indirekt rund 23 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes bei.

Passagiere von Thomas Cook stehen in Kreta Schlange beim Check-In
Reuters/Stefanos Rapanis
Auf den Flughäfen herrscht Verunsicherung bei den Thomas-Cook-Touristen

„Schwerer Schlag“ für Zypern

Die Insolvenz ist „ein schwerer Schlag für den Tourismus auf Zypern“. Das sagte am Montag der stellvertretende zyprische Tourismusminister Savvas Perdios bei einer Krisensitzung, wie örtliche Medien berichteten. Jährlich brachte Thomas Cook laut öffentlich-rechtlichen Rundfunk RIK bisher rund 250.000 Besucherinnen und Besucher auf die Mittelmeerinsel.

Perdios mahnte die örtlichen Hoteliers und Unternehmer zur Besonnenheit. „Es ist wichtig, dass unsere Besucher alle Gastfreundschaft erfahren und ihre Rückkehr reibungslos verläuft“, sagte er. Die Betroffenen sollten das Land „mit den bestmöglichen Eindrücken verlassen“. Zyprische Medien gehen davon aus, dass sich der Schaden der Thomas-Cook-Pleite für örtliche Hoteliers auf bis zu 50 Millionen Euro belaufen könnte.

Auch Türkei sorgt sich um Tourismusunternehmen

Die Türkei kündigte nach der Thomas-Cook-Pleite ein millionenschweres Kreditpaket an, um die von der Insolvenz betroffenen einheimischen Firmen zu unterstützen. Der türkische Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy sagte am Montag, dass das Kreditpaket 50 Millionen Euro umfassen werde. Die Küstenregionen um Antalya, Bodrum und Dalaman gehörten zu den Topzielen des britischen Reiseanbieters. Ersoy äußerte sich zuversichtlich, dass andere Firmen die Lücke von Thomas Cook in der Türkei füllen würden, wo der Tourismus sich gerade erst von der Krise nach dem Putschversuch 2016 erholt hat.

4.600 Österreicher müssen bangen

Doch auch Österreicherinnen und Österreicher sind von der Pleite Betroffen: Tausende Urlauber und Urlauberinnen aus Österreich verunsichert. Per Montag befinden sich 4.600 österreichische Gäste in den Zielgebieten, wie ein Sprecher von Thomas Cook Österreich der APA mitteilte. Montag und Dienstag seien je 400 Anreisen geplant.

Die Thomas Cook Austria AG beschäftigt den Angaben zufolge aktuell 57 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2017/18 waren es noch 75. Der heimische Reiseveranstalter Verkehrsbüro und der zu ihm gehörende Vermittler Ruefa bemühen sich um Lösungen für verunsicherte Urlauber der Reisegruppe Thomas Cook. Kunden, die in den nächsten Tagen abfliegen, sollten sich unbedingt mit ihren Ruefa-Beratern in Verbindung setzen. Pauschale Aussagen, dass Reisende am Dienstag und Mittwoch nicht befördert werden könnten, seien nicht zulässig.

Ruefa ersuchte am Montagnachmittag in einer Aussendung die Urlauber und Urlauberinnen, auf jeden Fall zum Flughafen zu fahren und dort zu sehen, ob die Reise angetreten werden könne. Damit sei die „Reisebereitschaft“ seitens der Kunden sichergestellt. Gleiches gelte für Reisende, die schon am Urlaubsort sind und die Heimreise antreten wollen.

Was zu beachten ist

Weiters gelte das für Abreisen zu einem späteren Zeitpunkt, wird betont. Hier evaluiere das Krisenteam von Ruefa laufend die Situation und melde sich bei den Kunden, sollten Reisen nicht durchgeführt werden können. Besonders wichtig sei es, Bestätigungen für eventuell an Ort und Stelle noch zu zahlende Leistungen (Hotel, Mietwagen etc.) unmittelbar einzufordern und nach der Rückkehr einzureichen, da das jedenfalls Versicherungsfälle seien.

Hotline für Österreicher

Für heimische Urlauber steht eine eigene Serviceline der Abwicklungsgesellschaft Allianz Worldwide Partners unter der Rufnummer +43152503681 zur Verfügung. Die E-Mail-Adresse lautet thomascook.at@allianz.com.

Mit Vertretern von Thomas Cook Austria bzw. Neckermann Austria suche man derzeit aktiv das Gespräch – denn es gebe verschiedene Veranstalterkonstellationen und Buchungskombinationen, die so rasch wie möglich im Sinne der Kunden und Kundinnen zu klären seien. Aufgrund der derzeit unsicheren Situation setze Ruefa auf direkte Kundenkommunikation.

Hat jemand eine Reise beim größten österreichischen Tourismuskonzern Verkehrsbüro als Veranstalter gebucht, können im Package auch einzelne Bausteine aus dem Thomas-Cook-Portfolio mit dabei sein, erläuterte man bei der Verkehrsbüro Group auf Anfrage. An sich greift bei solchen Buchungen die Pauschalreise-Verordnung. Anders bei Buchungen über Ruefa: Der Vermittler verkauft verchiedenste Reisen aus dem Thomas-Cook- oder Neckermann-Angebot; „diese Kunden sollten sich bei uns melden“, hieß es aus dem Verkehrsbüro.

Hunderttausende weltweit betroffen

Rund 600.000 Urlauberinnen und Urlauber sind insgesamt von der Thomas-Cook-Pleiste betroffen. Die ersten Rückholaktionen für die Gestrandeten haben bereits begonnen. Erste Urlauber auf den griechischen Ferieninseln Kos, Korfu und Zakynthos sollten bald abreisen können. Die ersten 15 Flugzeuge für die Menschen seien organisiert, teilte am Montag das griechische Tourismusministerium mit.

Insgesamt seien in Griechenland etwa 50.000 Touristen von der Insolvenz des Reisekonzerns betroffen. „Der finanzielle Zusammenbruch von Thomas Cook ist eine unglückliche Entwicklung für die gesamteuropäische Tourismusbranche, die auch den griechischen Markt betrifft“, hieß es aus dem Ministerium. Man arbeite eng mit allen Beteiligten an Lösungen; es sei eine Schaltstelle eingerichtet worden, um die Rückreise der Menschen zu ermöglichen.

Thomas Cook ist pleite

Alle Rettungsversuche sind gescheitert, der britische Reisekonzern Thomas Cook ist pleite. Und das trifft Hunderttausende Touristen, die ihren Urlaub nicht mehr antreten können oder im Urlaubsland festsitzen.

Auf Zypern sind rund 15.000 Reisende aktuell betroffen, hieß es am Montag vonseiten des zypriotischen Tourismusministeriums. Nach verschiedenen Schätzungen waren in Spanien 25.000 bis 30.000 Touristen und Touristinnen vor allem aus Großbritannien, aber auch aus Deutschland und anderen Ländern betroffen. Auch in Großbritannien wurde man aktiv. Die britische Luftfahrtbehörde CAA hatte für den Notfall am Sonntag zahlreiche Flugzeuge bereitgestellt. Damit laufe die „größte Rückholaktion in Friedenszeiten“ an, um rund 150.000 Urlauberinnen und Urlauber aus verschiedenen Ländern nach Hause zu holen.

Skandinavien will Flugbetrieb wiederaufnehmen

Auch Zehntausende Skandinavier und Skandinavierinnen waren betroffen. Trotz der Insolvenz sollen die Flüge der Tochtergesellschaft Thomas Cook Airlines Scandinavia am Dienstag aber wiederaufgenommen werden. Das teilte die Thomas-Cook-Tochter Ving am Montagabend in Norwegen und Schweden mit. Auch andere skandinavische Töchter der Thomas-Cook-Gruppe, darunter Tjaereborg, Globetrotter und Spies – würden den Betrieb fortsetzen, hieß es weiter. Weil sie unabhängige und profitable Teile der Gruppe seien, könnten sie „mit Hilfe unserer Banken, Gläubiger und Bürgen den Betrieb fortsetzen“, sagte der Geschäftsführer von Thoma Cook Nordeuropa, Magnus Wikner.

Condor darf Thomas-Cook-Fluggäste nicht mehr annehmen

Der Ferienflieger Condor, ein Tochterunternehmen, teilte am Montag mit, man dürfe aus rechtlichen Gründen Urlauberinnen und Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen. Condor hat derzeit rund 240.000 Kunden auf Rückflügen gebucht. Der Flugbetrieb werde aufrechterhalten, bekräftigte ein Sprecher von Condor.

Condor will von der deutschen Regierung einen Überbrückungskredit von rund 200 Millionen Euro. Das erfuhr die dpa am Montag aus Regierungskreisen. Dieses „Unterstützungsersuchen“ werde derzeit intensiv geprüft. Condor hatte erklärt, einen staatlich verbürgten Überbrückungskredit beantragt zu haben, um „Liquiditätsengpässe“ zu verhindern.

Die deutschen Veranstaltertöchter, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, haben den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt. Man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfinden, teilte die Thomas Cook GmbH in der Früh in Oberursel bei Frankfurt mit.