Heinz-Christian Strache
APA/EXPA/Johann Groder
Spesen-Vorwürfe

Strache bringt FPÖ vor Wahl in Zwickmühle

Kurz vor der Nationalratswahl sorgen Berichte über die Spesenabrechnungen des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache für Aufsehen. Diese sind Gegenstand von Prüfungen durch die Wiener FPÖ und der Staatsanwaltschaft Wien. Für die Partei sind die Schlagzeilen äußerst ungünstig. In der letzten Woche vor der Wahl muss die FPÖ darauf reagieren. Doch sich frontal gegen Strache zu stellen ist eine unattraktive Option.

Strache, für den die Unschuldsvermutung gilt, soll laut einer anonymen Anzeige über die Partei auch die private Lebensführung finanziert haben. Dem damaligen Parteichef wurde bis zu seinem Ausscheiden aus der Politik von der Wiener FPÖ ein großzügiges Spesenkonto gewährt, wie die Zeitung „Heute“ am Montag schrieb. Dieses sei mit bis zu 10.000 Euro monatlich dotiert gewesen. Im Zeitraum von 2014 bis 2018 soll Strache dennoch private Rechnungen über die Partei abgerechnet haben.

Nun prüfen Landespartei und Staatsanwaltschaft Wien. Wie Behördensprecherin Nina Bussek auf APA-Anfrage mitteilte, ist bereits ein Ermittlungsverfahren anhängig. Ob Strache als Beschuldigter geführt wird und ob es darüber hinaus weitere Verdächtige gibt, gab Bussek aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt. Auf die Frage, in welche Richtung ermittelt wird, meinte die Behördensprecherin: „Rechtlich wäre das allenfalls unter Untreue zu subsumieren.“

Sechs Jahre werden durchleuchtet

Zuvor hatte die Wiener FPÖ eine Überprüfung angeblicher Unregelmäßigkeiten bei Straches Spesenabrechnungen bestätigt. Es finde – ausgehend von Medienberichten – derzeit eine Sonderprüfung statt, sagte Landesparteisekretär Michael Stumpf. Diesen Berichten zufolge hatte der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp am Vorabend des Parteitags am 14. September, bei dem Norbert Hofer zum Bundesobmann gewählt wurde, zu einer Sondersitzung des aus rund 15 Personen bestehenden Landesparteivorstandes geladen. Anlass war die Befürchtung, Gerüchte über angebliche falsche Spesenabrechnungen Straches könnten an die Öffentlichkeit gelangen.

Spesen-Vorwürfe gegen Heinz-Christian Strache

Laut einer anonymen Anzeige soll Strache jahrelang der FPÖ private Spesen verrechnet haben. Strache bestreitet die Vorwürfe und spricht von „Schmutzkübelkampagne“.

Die Wiener FPÖ bekräftigte am Montag, dass derzeit noch kein Urteil über das Spesenkonto abgegeben werden könne. Die Kosten Straches werden nach dessen Rücktritt aber nicht mehr übernommen, hieß es in einer Aussendung. Man sei jedenfalls an einer umfassenden Aufklärung interessiert. Bei der Sonderprüfung werde die Zeit ab 2013 „gründlichst durchleuchtet“. Sobald die Prüfung abgeschlossen sei, werde man über die Ergebnisse informieren.

Konnex zu „Ibiza-Machern“ vermutet

Die Tatsache, dass es ein derartiges Konto gab, wurde verteidigt: Strache habe regelmäßig politische Delegationen empfangen und Arbeitsgespräche geführt. Darum seien von der Partei diverse Kosten übernommen worden. Das sei mit dem Rücktritt beendet worden. Jedoch gebe es für Strache nach wie vor ein erhöhtes Gefährdungspotenzial: „Es wird ihm daher auch ein ausgebildeter Sicherheitsmann beigestellt, der auch die Aufgabe als Fahrer übernimmt.“

Gleichzeitig vermutete die FPÖ, dass ein Wiener Anwalt, der bereits beim „Ibiza-Video“ beteiligt gewesen sein soll, auch „Dreh- und Angelpunkt“ der aktuellen Vorwürfe ist: „Es scheint damit erwiesen, dass hier kriminelle Gruppierungen den Auftrag haben und das Ziel verfolgen, der FPÖ zu schaden.“

Strache sieht Schmutzkübelkampagne

Die beiden Tageszeitungen „Der Standard“ und „Die Presse“ hatten von einem Konnex zwischen den Machern des „Ibiza-Videos“ und den neuen Vorwürfen berichtet. Bereits 2015 sollen sich Informanten mit vermeintlich falschen Spesenabrechnungen, die sie von einem Vertrauten Straches bekommen haben wollen, an die Justiz gewandt haben. „Allerdings kam es zu keinen tiefergehenden Ermittlungen – angeblich, weil die Hinweisgeber Geld für weiteres Material verlangten, wie es hinter den Kulissen heißt“, so der „Standard“.

Auch Strache selbst sah am Montag einen Zusammenhang. Auf Facebook schrieb er von einer "Schmutzkübelkampagne kurz vor der Nationalratswahl, die „wieder einmal durchschaubar“ sei. Strache postete ein gemeinsames Foto mit Nepp und schrieb: „Wir lassen uns durch diverse Berichterstattungen und Gerüchte nicht auseinanderdividieren.“ Über seinen Anwalt richtete Strache zudem aus: „Alle Spesen und Sachleistungen wurden stets ordnungsgemäß abgerechnet bzw. erbracht.“

FPÖ unter Druck

Für die FPÖ stellen die neuen Vorwürfe ein Dilemma dar: Strache kann immer noch auf eine sehr große Anhängerbasis zählen, nicht zuletzt wegen seiner Aktivitäten in Sozialen Netzwerken. Doch gerade seinetwegen lief der Wahlkampf für die Freiheitlichen holprig – und das nachdem Strache ohnehin schon durch seine Aussagen auf Ibiza das Ende der Koalition mit der ÖVP ausgelöst hatte. Dann folgten Razzien der Korruptionsstaatsanwaltschaft u. a. bei Strache und Ex-Klubobmann Johann Gudenus. Anlass war der Verdacht, es könnte rund um die Bestellung des Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria zu Absprachen zwischen der FPÖ und dem Casinos-Eigentümer Novomatic gekommen sein. Strache bestritt auch hier die Vorwürfe vehement.

Skandale kann keine Partei kurz vor einer Wahl gebrauchen. Für die FPÖ steht allerdings mehr auf dem Spiel: Straches Nachfolger an der Parteispitze, Hofer, will die FPÖ wieder in die Regierung bringen. Er wirbt für eine Neuauflage der Koalition mit der ÖVP. Diese will sich aber nicht auf einen möglichen Koalitionspartner festlegen. Auch wenn die Schlagzeilen den Umfragewerten der FPÖ kaum schaden, können sie Auswirkungen auf die Koalitionssuche haben.

Im kommenden Jahr wählt zudem Wien, wo Strache ebenfalls Landesparteichef war. Seit seinem Rücktritt liebäugelte er wiederholt mit einem Comeback und wollte ein Antreten in Wien nicht ausschließen. Auch hier steht für die FPÖ wieder die Frage im Raum, wie man mit dem ehemaligen Parteichef umgehen soll.