Brieftaube in China
picturedesk.com/Action Press/Quirky China News
Vor Militärparade

China verhängt Flugverbot für Brieftauben

Am Dienstag feiert die Volksrepublik China ihr 70-jähriges Bestehen – das Jubiläum der Herrschaft der kommunistischen Partei wird mit einer riesigen Militärparade begangen, die als Signal der Macht gewertet wird. Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm: So wurde schon für die Proben eine Ausgangssperre über Hotelgäste in Peking verhängt. Auch die Luft wird streng reguliert: Brieftauben, Drohnen und Drachen sind tabu.

In den vergangenen Wochen bekamen vor allem Touristinnen und Touristen, die in der Nähe des Pekinger Tiananmen-Platzes übernachten, die Vorarbeiten für die Parade zu spüren. In einer E-Mail des Grand-Hyatt-Hotels in Peking wurden Gäste darauf hingewiesen, dass an Wochenenden eine Ausgangssperre von 17.30 Uhr bis 5.30 Uhr aufrecht ist. In diesen zwölf Stunden durften Gäste das Hotel weder verlassen noch betreten, berichtet Quartz unter Berufung auf Betroffene in der chinesischen Hauptstadt.

Wie die US-Nachrichtenagentur AP berichtete, fuhren bereits Panzer und weitere militärische Fahrzeuge auf der für die Parade vorgesehenen Route – unter strengem Ausschluss der Öffentlichkeit. Zumindest einen Häuserblock rund um die Strecke wurden Absperrungen aufgestellt, die Schaulustige fernhalten sollten.

Stadtverwaltung stellt Regeln auf

Auch zahllose Flugzeuge werden im Rahmen der Parade zur Schau gestellt, in den vergangenen Tagen wurden mehrere Kampfjets bei den Proben beobachtet. Dementsprechend streng fallen auch die Sicherheitsvorkehrungen aus, Flugverbotszonen wurden eingerichtet.

Übungsflug des chinesischen Militärs für die bevorstehende Parade
AP/Andy Wong
Die Flugzeuge der chinesischen Armee probten für die Parade

In einer Mitteilung der Pekinger Stadtregierung heißt es: „In den Gebieten mit Flugeinschränkungen müssen Tauben- und andere Vogelhalter ihre Tiere in Käfigen halten und sie am Fliegen hindern. Taubenverbände müssen dafür sorgen, dass ihre Mitglieder, einzelne Vereine und öffentliche Ställe, die Regeln einhalten.“

Brieftauben weit verbreitet

Laut Quartz gibt es in Peking Hunderttausende Taubenbesitzer, in deren Besitz sich schätzungsweise eine Million Vögel befinden sollen. Es sei ein häufiger Anblick, dass Schwärme von Tauben an den Wolkenkratzern der Stadt vorbeifliegen und auf Pfiff ihrer Besitzer wieder zurückkehren. Die Vögel können dabei auch lukrativ sein: In Bewerben, bei denen die Tauben um die Wette fliegen, gibt es Preisgelder in der Höhe von mehreren Millionen Yuan (10 Mio. Yuan entsprechen in etwa 1,3 Mio. Euro).

Verboten ist laut Stadtverwaltung auch praktisch alles andere Fliegende: Neben einem Flugverbot für Drohnen stehen auch Ballons, Drachen und fliegende Laternen auf der Liste. Erst Anfang September wurde das chinesische Mondfest gefeiert, bei dem Tausende Menschen Laternen aufsteigen ließen. Laut britischem „Guardian“ ist auch Alkohol während der Feierlichkeiten verboten.

Spekulationen über Gerät auf Parade

Angesichts der Sicherheitsbestimmungen sind sonst kaum Details zur Parade an die Öffentlichkeit gelangt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass man sich in Staatsmedien vor allem auf die Interkontinentalrakete Dongfeng-41 konzentriert habe. Es wird davon ausgegangen, dass diese mehrere nukleare Sprengköpfe transportieren kann – und damit die USA erreichen könnte. Auch gänzlich neues Gerät könnte präsentiert werden.

Aufgereihte Panzer des chinesischen Militärs für die bevorstehende Parade
AP/Andy Wong
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen fanden die Vorbereitungen statt

Maulkorb für Kritiker

Der „Guardian“ berichtet, dass Kritikerinnen und Kritiker am härtesten von den Maßnahmen rund um die Feierlichkeiten betroffen sind. Aktivisten wurden dazu aufgerufen, nicht mit ausländischen Medien zu sprechen. Unterstützer der Proteste in Hongkong mussten laut „Guardian“ versprechen, dass sie bis nach dem Jubiläum nicht nach Peking reisen.

Auch in Sozialen Netzwerken wurden Vorkehrungen getroffen. Im Kurznachrichtendienst Weibo gibt es eine „spezielle Aufräumaktion“, um „schädliche politische Information“ aus dem Weg zu räumen. Auch gegen Userinnen und User, die „die Geschichte der Partei und des Landes verzerren“, soll vorgegangen werden, schreibt der „Guardian“.

China sieht „keine Machtdemonstration“

Als Machtdemonstration sei die Parade jedoch nicht gedacht, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Wu Qian. Einige Menschen hätten „in ihren Köpfen eine extrem seltsame Logik: Wenn die chinesische Armee ihre Waffen und ihre Ausrüstung präsentiert, ist das eine ‚Machtdemonstration‘, wenn nicht, ist es ein ‚Mangel an Transparenz‘. Es ist nicht unsere Absicht, und es nützt uns nichts, dass wir eine Militärparade als ‚Machtdemonstration‘ nutzen. Je stärker wir sind, desto mehr positive Energie können wir zum Weltfrieden beitragen“, zitiert Reuters den Sprecher.

Präsident Xi Jinping hat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2012 das Militär jedenfalls umfassend modernisiert und stark ausgebaut. Und auch die Parade soll dementsprechend riesig werden: 100.000 Menschen werden erwartet, sie soll den Umfang der Parade zum 50. und 60. Jubiläum der Volksrepublik übertreffen. Auch die bisher größte Militärparade, die 2015 anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums des Kriegsendes stattfand, sollen die Feierlichkeiten in den Schatten stellen.

Expertin sieht China vor enormen Herausforderungen

Der Jahrestag wird von Expertinnen und Experten als besonders entscheidend für die Volksrepublik gewertet. „Das diesjährige Gedenken kommt zu einer Zeit, in der Xi und die kommunistische Partei Chinas vor außergewöhnlichen Herausforderungen im In- und Ausland stehen“, so Jude Blanchette, der sich im Center for Strategic and International Studies in Washington mit China befasst, gegenüber dem „Guardian“.

„Von den Unruhen in Hongkong und ihren Auswirkungen auf die bevorstehenden Wahlen in Taiwan, dem außergewöhnlichen Vorgehen gegen die Uiguren in Westchina und einer sich verlangsamenden Wirtschaft und natürlich der enormen Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und China wird das kommende Jahr für Peking wohl die größte Herausforderung seit 1989 sein“, so Blanchette.

Volksrepublik wurde 1949 ausgerufen

Am 1. Oktober 1949 rief der Vorsitzende der kommunistischen Partei, Mao Zedong, auf dem Tiananmen-Platz die Volksrepublik China aus. Das Ereignis markierte das Ende des insgesamt 22 Jahre andauernden chinesischen Bürgerkriegs zwischen der Gründungspartei der ersten chinesischen Republik Kuomintang und der kommunistischen Partei. Nach der Niederlage gegen Mao flüchtete die Kuomintang unter Chiang Kai-shek nach Taiwan – der Streit über die Insel dauert bis heute an, China droht immer wieder mit der Rückeroberung.