Türschild der FPÖ-Bundesparteizentrale
ORF.at/Roland Winkler
Nach Festnahme

FPÖ schließt Straches Ex-Bodyguard aus

Nach der mutmaßlichen Festnahme von Heinz-Christian Straches Ex-Personenschützer hat die Wiener FPÖ diesen noch am Dienstag aus der Wiener Landespartei ausgeschlossen. Der Mann war als Bezirksrat für die Partei aktiv. Der ehemalige enge Vertraute Straches wird verdächtigt, „belastendes Material“ in der Spesen-Causa gesammelt und weitergegeben zu haben.

Hintergrund ist der Vorwurf gegen Strache, der damalige FPÖ-Chef habe private Kosten über die Partei und sein Spesenkonto von 10.000 Euro abgerechnet – es gilt die Unschuldsvermutung. Der Ex-Personenschützer soll bereits vor Jahren von derartigen Abrechnungen gewusst und während der engen Zusammenarbeit zwischen ihm und Strache belastendes Material gesammelt haben. Wie zuerst „Presse“ und „Standard“ berichteten, wurde der Mann am Montag festgenommen, was die Staatsanwaltschaft noch nicht offiziell bestätigen wollte.

Das Material sei dabei wohl beschlagnahmt worden, berichtet das Ö1-Mittagsjournal, dem auch die Festnahme aus Behördenkreisen bestätigt wurde. Möglich sei auch, dass der Festgenommene auch selbst bei falschen Spesenabrechnungen mitgewirkt habe. In der „Presse“ hieß es, der Mann soll die Falschabrechnungen auch mitgetragen haben. „Kronen Zeitung“ und „Österreich“ berichteten, der Mann stehe unter dem Verdacht der Erpressung. Die Staatsanwaltschaft verwies auf „laufende Ermittlungen“ und darauf, dass es sich bei der Causa um eine „Verschlusssache“ handle.

Verbindung zu „Ibiza“ vermutet

Es könnte in dem Fall aber auch einen Konnex zur „Ibiza-Affäre“ geben. Vermutet wird, dass der Ex-Sicherheitsreferent eine zentrale Rolle in der Entstehung des Videos spielt. Laut dem „Standard“ sei der Bodyguard „mit den Hintermännern des ‚Ibiza-Videos‘ bekannt, er soll Teile des Materials über Strache mit ihnen geteilt haben“. So soll der ehemalige Leibwächter bereits 2015 Kontakt zu dem Wiener Anwalt M. gehabt haben, der in die Produktion des Videos involviert sein soll.

Als Motiv geben die Berichte persönliche Enttäuschung und Rache an, in „Österreich“ ist etwa von einem „massiven Streit“ über die Überstundenabrechnung des Sicherheitsberaters die Rede. Die „Presse“ schreibt indes, dass sich der Mann 2014 nach einer schweren Krankheit schlecht behandelt gefühlt haben soll. Schon kurz darauf soll er versucht haben, Strache zu belasten.

Berichte: Enttäuschung als Motiv

Laut Medienberichten soll der Mann bereits seit 2013 belastendes Material gesammelt haben. Im Jahr 2015 soll er sich an die Behörden gewandt, dabei aber Geld gefordert haben. Die Staatsanwaltschaft sei nicht darauf eingegangen. Das Material, das zeigen soll, dass der damalige FPÖ-Chef private Kosten über die Partei und sein Spesenkonto von 10.000 Euro abgerechnet habe, tauchte nun wieder auf.

Straches Ex-Bodyguard festgenommen

Montagnacht ist der frühere Leibwächter von Heinz-Christian Strache festgenommen worden. Bei dem Polizisten hatte es eine Razzia wegen der Spesenaffäre, aber auch wegen des „Ibiza-Videos“ gegeben.

Strache selbst reagierte auf seiner privaten Facebook-Seite auf die Causa. Er sei „enttäuscht“: „Wenn man offensichtlich jahrelang von einer mutmaßlichen kriminellen Struktur unterwandert wurde, welche mit kriminellen Mitteln und Methoden gegen meine Person gearbeitet hat – um sich selbst zu bereichern – muss man auch mit jeglicher krimineller Energie gegen meine Person gerichtet rechnen! Traurig!“, schrieb Strache zu einem verlinkten Artikel über den Fall. Bereits am Montag hatte die offizielle Strache-Seite gepostet, es handle sich um eine „Schmutzkübelkampagne“ kurz vor der Nationalratswahl, die „wieder einmal durchschaubar“ sei. Über seinen Anwalt richtete Strache zudem aus: „Alle Spesen und Sachleistungen wurden stets ordnungsgemäß abgerechnet bzw. erbracht.“

Festgenommener langjähriger Mitarbeiter

Die FPÖ Wien reagierte am Dienstag mit einem einstimmigen Parteiausschluss des ehemaligen Bezirksrats. Dieser sei ein langjähriger Mitarbeiter gewesen, hieß es aus der Partei. Der Ex-Leibwächter war zuletzt noch in Erscheinung getreten, als er Harald Vilimsky, FPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament, bei einer Reise nach Budapest begleitete. Der Festgenommene soll außerdem Polizist sein.

Neben den strafrechtlichen Ermittlungen der Behörden werde die interne Sonderprüfung zu den anonym erhobenen Vorwürfen „selbstverständlich gründlichst“ fortgeführt, so die FPÖ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Neben der Landespartei prüft auch die Staatsanwaltschaft Wien. Wie Behördensprecherin Nina Bussek auf APA-Anfrage mitteilte, ist bereits ein Ermittlungsverfahren anhängig. Ob Strache als Beschuldigter geführt wird und ob es darüber hinaus weitere Verdächtige gibt, gab Bussek aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt. Auf die Frage, in welche Richtung ermittelt wird, meinte die Behördensprecherin: „Rechtlich wäre das allenfalls unter Untreue zu subsumieren.“

Anonyme Anzeige mit brisantem Text

Weiters soll in dem Fall eine anonyme Anzeige vorliegen, deren Text Ö1 einsehen konnte. Die Anzeige beruft sich auf Informationen und Unterlagen, die von dem Ex-Leibwächter stammen sollen. In der Anzeige heißt es, dass „Fotos von Rechnungsbelegen, welche systematische Veruntreuung im Parteiapparat der Freiheitlichen Partei belegen sollen“, beigelegt seien. Der Anzeige sei dem Text zufolge unter anderem ein Foto beigefügt, das eine Sporttasche mit größeren Mengen Bargeld und Kleidung in einem Kofferraum zeigen soll. In der verbreiteten Anzeige ist die Rede davon, dass das Geld aus Osteuropa, genauer aus Russland oder der Ukraine, stamme.

In dem Text heißt es auch, die Anzeige sei vom anonymen Anzeiger nicht nur dem Hinweisgebersystem der Staatsanwaltschaft zugesandt worden, sondern auch mehreren Medien. Angezeigt wurde neben Strache auch die FPÖ. Laut der Anzeige liege der Verdacht nahe, dass sich Strache und andere Privatausgaben durch die FPÖ unter Missbrauch der Befugnisse als Machthaber der Partei bezahlen ließen und im großen Umfang verbotene Zuwendungen von Dritten erhielten. Teil der Anzeige seien auch Screenshots verschiedener SMS, welche mutmaßlich von Strache an eine dritte Person verschickt wurden – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Hofer sieht „kriminelles Netzwerk“

FPÖ-Chef Norbert Hofer bezeichnete die Enthüllungen als „Angriff auf die gesamte Demokratie“. In einem im Internet veröffentlichten Video sieht Hofer ein „kriminelles Netzwerk“ sowohl hinter diesen Veröffentlichungen als auch hinter dem „Ibiza-Video“. Die Vorwürfe gegen Strache will er prüfen. „Ich werde als Obmann der FPÖ nicht zögern, die nötigen und angebrachten Konsequenzen zu ziehen, sollten sich die Vorwürfe bestätigen“, sagte Hofer und kündigte an, die gegen Strache erhobenen Vorwürfe „rasch und gewissenhaft“ zu untersuchen.

Scharfe Kritik übte Hofer daran, dass die Informationen wenige Tage vor der Wahl an die Öffentlichkeit geraten sind: „Seit mehr als fünf Jahren wird hier mit hoher krimineller Energie und mit der klaren Absicht gearbeitet, die FPÖ schwer zu schädigen oder gar zu vernichten.“ Hofer vermutet dieselben Personen hinter den nunmehrigen Berichten, die Strache bereits die „Ibiza-Falle“ gestellt hätten. Er appellierte sowohl an die anderen Parteien, die Informationen nicht im Wahlkampf gegen die FPÖ zu verwenden, als auch an die Wähler, sich davon nicht beeindrucken zu lassen: „Lassen Sie nicht zu, dass Kriminelle Sie in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen.“