FPÖ-Kugelschreiber und Werbebroschüren
APA/Hans Klaus Techt
Ex-Bodyguard verhaftet

FPÖ ortet „kriminelles Netzwerk“

Die Freiheitlichen geraten wenige Tage vor der Wahl noch einmal stark in den Verteidigungsmodus. Der ehemalige Personenschützer Heinz-Christian Straches wird verdächtigt, „belastendes Material“ in der Spesen-Causa gesammelt und weitergegeben zu haben. Strache und sein Nachfolger an der Parteispitze, Nobert Hofer, vermuten kriminelle Machenschaften hinter den Vorwürfen.

Der neue FPÖ-Chef Hofer argumentierte am Dienstag ähnlich wie Strache nur wenige Stunden zuvor. „Hinter den Vorwürfen gegen Heinz-Christian Strache steckt dasselbe kriminelle Netzwerk, das auch das Ibiza-Video produzieren hat lassen. Seit mehr als fünf Jahren wird hier mit hoher krimineller Energie und mit der klaren Absicht gearbeitet, die FPÖ schwer zu schädigen oder gar zu vernichten“, schrieb Hofer auf Facebook. Dazu postete er auch ein Video von sich. In den jüngsten Vorfällen sieht der FPÖ-Chef „einen Angriff auf die gesamte Demokratie in unserer Heimat Österreich“.

Die Partei werde die Vorwürfe gegen Strache untersuchen. Sollten sich diese bewahrheiten, will Hofer Konsequenzen ziehen – welche, sagte er aber nicht. Er richtete zudem noch einen Appell an die Anhängerschaft der FPÖ: „Bitte geht den Zerstörern unserer Gesellschaft nicht auf den Leim!“ Kriminelle hätten das Ziel, die Wahlentscheidung zu beeinflussen. Strache hatte zuvor ebenfalls auf Facebook auf die Causa reagiert: Er sei enttäuscht. Offensichtlich sei man „jahrelang von einer mutmaßlichen kriminellen Struktur unterwandert“ worden. Später schrieb er in einem weiteren Posting, es handle sich um „Verleumdungen des mutmaßlichen kriminellen Ibiza-Netzwerks“.

Langpaul (ORF) zur Verhaftung von Straches Ex-Leibwächter

Thomas Langpaul analysiert die möglichen Auswirkungen der Spesen-Causa und die Spekulationen, Strache trete bei der Wien-Wahl mit einer eigenen Liste an.

Landes-FPÖ reagierte rasch

Anlass waren die Vorfälle und Berichte der letzten beiden Tage. Gegen Strache war der Vorwurf erhoben worden, der damalige FPÖ-Chef habe private Kosten über die Partei und sein Spesenkonto von 10.000 Euro abgerechnet – es gilt die Unschuldsvermutung. Straches früherer Personenschützer wurde dann am Montagabend mutmaßlich festgenommen, wie zuerst „Presse“ und „Standard“ berichteten. Der Mann, der auch als Bezirksrat für die Wiener Landespartei aktiv war, wird verdächtigt, „belastendes Material“ in der Spesen-Causa gesammelt und weitergegeben zu haben. Nach der Festnahme, die von der Staatsanwaltschaft nicht bestätigt wurde, schloss die FPÖ Wien den Mann noch am Dienstag aus.

Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, sein ehemaliger Sicherheitsmann und Johann Gudenus
APA/Herbert Pfarrhofer
Der ehemalige Bodyguard auf einem Bild aus dem Jahr 2014

Das Material sei wohl beschlagnahmt worden, berichtete am Dienstag das Ö1-Mittagsjournal, dem auch die Festnahme aus Behördenkreisen bestätigt wurde. Möglich sei auch, dass der Festgenommene auch selbst bei falschen Spesenabrechnungen mitgewirkt habe. In der „Presse“ hieß es, der Mann soll die Falschabrechnungen auch mitgetragen haben. „Kronen Zeitung“ und „Österreich“ berichteten, der Mann stehe unter dem Verdacht der Erpressung. Die Staatsanwaltschaft verwies auf „laufende Ermittlungen“ und darauf, dass es sich bei der Causa um eine „Verschlusssache“ handle.

Berichte über persönliche Enttäuschung

Der vermutete Konnex zum „Ibiza-Video“ ergab sich durch die Medienberichte. Vermutet wird, dass der Ex-Sicherheitsreferent, der auch Polizist sein soll, eine zentrale Rolle in der Entstehung des Videos spielte. Laut „Standard“ sei der Bodyguard „mit den Hintermännern des ‚Ibiza-Videos‘ bekannt, er soll Teile des Materials über Strache mit ihnen geteilt haben“. So soll der ehemalige Leibwächter bereits 2015 Kontakt zu dem Wiener Anwalt M. gehabt haben, der in die Produktion des Videos involviert sein soll.

Straches Ex-Leibwächter festgenommen

Der ehemalige Leibwächter von Heinz-Christian Strache wurde festgenommen. Bei dem Polizisten gab es eine Hausdurchsuchung.

Als Motiv geben die Berichte persönliche Enttäuschung und Rache an, in „Österreich“ ist etwa von einem „massiven Streit“ über die Überstundenabrechnung des Sicherheitsberaters die Rede. Die „Presse“ schreibt indes, dass sich der Mann 2014 nach einer schweren Krankheit schlecht behandelt gefühlt haben soll. Schon kurz darauf soll er versucht haben, Strache zu belasten. Im Jahr 2015 soll der Mann sich bereits an die Behörden gewandt haben, dabei aber Geld gefordert haben. Die Staatsanwaltschaft sei nicht darauf eingegangen.

Strache wies die Vorwürfe über falsche Spesenabrechnungen schon am Montag zurück. Über seinen Anwalt richtete er aus: „Alle Spesen und Sachleistungen wurden stets ordnungsgemäß abgerechnet bzw. erbracht.“ Diese Vorwürfe prüfen nun sowohl die Wiener FPÖ durch eine interne Sonderprüfung als auch die Staatsanwaltschaft Wien.

Nepp bestätigt Mietzuschuss für Strache

Der geschäftsführende Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp bestätigte am Dienstag eine Zahlung der Partei an Strache, und zwar einen Mietzuschuss. Wie Nepp im „Kurier“ sagte, zahlt die Landespartei monatlich 2.500 Euro, weil Strache in seinem Haus in Klosterneuburg auch Delegationen empfangen habe. „Diese Überweisung wird eingestellt“, so Nepp – mehr dazu in wien.ORF.at.

Bezüglich des kolportierten Spesenkontos sagte Nepp, dass bei der internen Prüfung bisher „nichts aufgefallen“ sei: „Alles war zweckmäßig. Das Geld ist für Journalisten-Heurige, Bewirtungen von Delegationen und Reisen verwendet worden.“ Überprüft werden Rechnungen zwischen 2014 und 2018. Dem Bericht zufolge übernimmt die Partei außerdem Anwaltskosten für Strache infolge der „Ibiza-Affäre“ bis zu einer Höhe von 300.000 Euro.

Anonyme Anzeige mit brisantem Text

In dem Fall sorgt weiters eine anonyme Anzeige für Aufsehen, deren Text Ö1 einsehen konnte. Die Anzeige beruft sich auf Informationen und Unterlagen, die von dem Ex-Leibwächter stammen sollen. In der Anzeige heißt es, dass „Fotos von Rechnungsbelegen, welche systematische Veruntreuung im Parteiapparat der Freiheitlichen Partei belegen sollen“, beigelegt seien. Der Anzeige sei dem Text zufolge unter anderem ein Foto beigefügt, das eine Sporttasche mit größeren Mengen Bargeld und Kleidung in einem Kofferraum zeigen soll. In der verbreiteten Anzeige ist die Rede davon, dass das Geld aus Osteuropa, genauer aus Russland oder der Ukraine, stamme.

In dem Text heißt es auch, die Anzeige sei vom anonymen Anzeiger nicht nur dem Hinweisgebersystem der Staatsanwaltschaft zugesandt worden, sondern auch mehreren Medien. Angezeigt wurde neben Strache auch die FPÖ. Laut der Anzeige liege der Verdacht nahe, dass sich Strache und andere Privatausgaben durch die FPÖ unter Missbrauch der Befugnisse als Machthaber der Partei bezahlen ließen und im großen Umfang verbotene Zuwendungen von Dritten erhielten. Teil der Anzeige seien auch Screenshots verschiedener SMS, welche mutmaßlich von Strache an eine dritte Person verschickt wurden – Audio dazu in oe1.ORF.at.