Jet der Fluglinie Condor
APA/AFP/Ina Fassbender
Überbrückungskredit

Finanzspritze von 380 Mio. soll Condor retten

Der deutsche Staat springt nach der Pleite der Konzernmutter Thomas Cook dem Ferienflieger Condor zur Seite. Am Dienstag kam die Einigung über einen Überbrückungskredit für das deutsche Unternehmen zustande. 380 Millionen Euro sollen Condor retten. Doch vorher muss noch Brüssel darüber entscheiden.

Condor erhielt am Dienstagabend von der deutschen Bundesregierung und der hessischen Landesregierung die Zusage über eine Bürgschaft für einen sechsmonatigen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro. Diese Zusage sei Voraussetzung für eine Prüfung durch die Europäische Kommission. Erst nach einer positiven Entscheidung aus Brüssel werde der Kreditbetrag von der staatlichen Förderbank KfW ausgezahlt. Wann die Entscheidung aus Brüssel vorliegt, könne noch nicht gesagt werden.

Um sich von möglichen Forderungen der insolventen Konzernmutter Thomas Cook zu befreien und sich aus dem Konzernverbund zu lösen, beabsichtige die Condor Flugdienst GmbH, einen Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens zu stellen, hieß es. Das ist eine Besonderheit des deutschen Insolvenzrechts. Das Schutzschirmverfahren soll eine frühzeitige, schnelle Sanierung angeschlagener Firmen ermöglichen. Um es beantragen zu können, muss ein Unternehmen sanierbar, darf aber noch nicht zahlungsunfähig sein. Letztlich mündet es aber in der Regel in ein reguläres Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Keine Sorge wegen Sommergeschäfts

Damit wolle sich Condor von möglichen Forderungen der Konzernmutter Cook befreien. „Dieser Schritt ist in der derzeitigen Lage das Beste für unsere Kunden, unsere Geschäftspartner und für uns“, hieß es seitens des Unternehmens.

Der britische Mutterkonzern Thomas Cook war am Montag pleitegegangen. Die bisher profitable Condor beantragte daraufhin einen staatlich verbürgten Überbrückungskredit, um „Liquiditätsengpässe“ zu verhindern. Condor fliegt trotz der Insolvenz des Mutterkonzerns Thomas Cook weiter, hatte aber auf Unterstützung gehofft. Man brauche das Geld als Überbrückung für den Winter, sagte Condor-Chef Ralf Teckentrup am Dienstag. Um das nächste Sommergeschäft mache er sich keine Sorgen.

„Condor hat eine Perspektive“

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) begründete die Finanzhilfen des Bundes und des Landes Hessen für den Ferienflieger Condor mit dem Schutz der rund 4.800 Arbeitsplätze und der Reisenden. Condor sei ein traditionsreiches Unternehmen, das unverschuldet in eine Notlage geraten sei. „Außerdem schützen wir unzählige Reisende davor, im Ausland zu stranden.“ Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, es gebe eine sehr hohe Chance, dass der Staat sein investiertes Geld zurückbekommen werde. „Condor hat eine Perspektive.“

Passagiere von Thomas Cook stehen in Kreta Schlange beim Check-In
Reuters/Stefanos Rapanis
Auf den Flughäfen herrschte Verunsicherung bei den Thomas-Cook-Touristen

Die Pilotengewerkschaft Cockpit begrüßte den staatlichen Überbrückungskredit. Dieser ermögliche es Condor, sich „selbstständig profitabel aufzustellen“ und sich unabhängig von Thomas Cook eine Zukunftsperspektive aufzubauen. „Wir wissen, dass dieser Weg nicht einfach sein wird“, sagte Cockpit-Präsident Markus Wahl. Daher sei die Kooperation von Unternehmen, Gewerkschaften und Politik umso wichtiger.

Verkaufsgespräche laufen

Condor spricht derzeit auch bereits mit möglichen Kaufinteressenten. „Wir sind in den letzten zwei Tagen bereits in Gesprächen mit solventen interessierten Parteien“, so Condor-Chef Teckentrup. Natürlich werde Condor mit den Interessenten ausloten, ob es intensivere Gespräche geben sollte. „Wir sind da guten Mutes“, sagte Teckentrup. Nach seiner Darstellung beginnen die Gespräche mit möglichen Käufern nicht bei null.

Schließlich habe Thomas Cook seine Airlines bereits im Februar zum Verkauf gestellt. „Wir hatten in der Zeit schon intensive Kontakte“, sagte der Manager. Allerdings werde die Suche nach einem neuen Eigentümer nicht in wenigen Tagen über die Bühne gehen – auch um einen guten Preis zu erzielen.

Auswirkungen auf Österreich

Davon, was in Deutschland herauskommt, hängt auch ab, wie es in Österreich weitergeht. Die Thomas Cook Austria AG gehört zur Gänze der deutschen Thomas Cook Touristik GmbH mit Sitz in Oberursel. Derzeit sind weder die Gesellschaften in Deutschland noch die Österreich-Tochter insolvent. Das Neckermann-Geschäft in Ungarn und der Slowakei wiederum ist der Thomas Cook Austria AG unterstellt.

Hotline für Österreicher

Für heimische Urlauber steht eine eigene Serviceline der Abwicklungsgesellschaft Allianz Worldwide Partners unter der Rufnummer +43152503681 zur Verfügung. Die E-Mail-Adresse lautet thomascook.at@allianz.com.

Die Thomas Cook Austria AG beschäftigt den Angaben zufolge aktuell 57 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2017/18 waren es noch 75. Der heimische Reiseveranstalter Verkehrsbüro und der zu ihm gehörende Vermittler Ruefa bemühen sich um Lösungen für verunsicherte Urlauber der Reisegruppe Thomas Cook – sowie auch alle anderen Reisebüros in Österreich seit Tagen mit der Krisenbewältigung beschäftigt sind.

Hunderttausende weltweit betroffen

Rund 600.000 Urlauberinnen und Urlauber waren am Montag insgesamt von der Thomas-Cook-Pleiste betroffen. Die ersten Rückholaktionen für die Gestrandeten liefen bald an. Auch Österreicherinnen und Österreicher waren Betroffen. Am Montag befanden sich noch 4.600 österreichische Gäste in den Zielgebieten, wie ein Sprecher von Thomas Cook Österreich der APA mitteilte.

Vom Tourismus abhängige Länder wie Spanien, Griechenland und die Türkei wurden darüber hinaus stark von der Pleite in Mitleidenschaft gezogen. Die Thomas-Cook-Touristen trugen teils nicht unerheblich zu dem wichtigen Wirtschaftszweig bei – es sei „ein harter Schlag“, heißt es etwa aus Spanien. Mit Thomas Cook waren im vergangenen Jahr rund 3,6 Millionen Touristen nach Spanien gereist, vor allem auf die Balearen und Kanaren sowie nach Andalusien, Valencia und Katalonien. In Spanien betrieb der britische Konzern zuletzt 45 Hotels.