Wahlwerbebus von Strache
ORF.at/Lukas Krummholz
Staatsanwaltschaft bestätigt

Ermittlungen wegen Untreue gegen Strache

In der Spesenaffäre rund um den Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat die Staatsanwaltschaft am Donnerstag bestätigt, dass gegen Strache wegen Untreue ermittelt wird. Laut der Behörde werden Strache selbst, der am Montag festgenommene Ex-Leibwächter und Straches frühere Büroleiterin verdächtigt, „seit mehreren Jahren Privatausgaben von Heinz-Christian Strache im Wege von Scheinbelegen der Freiheitlichen Partei verrechnet“ zu haben.

Ermittelt werde bereits seit dem 18. September. Die Staatsanwaltschaft bestätigte auch, dass es am Mittwoch „umfangreiche Vernehmungen“ des Ex-Leibwächters und der früheren Büroleiterin gegeben habe. Strache selbst wurde noch nicht einvernommen, laut Staatsanwaltschaft ist das durchaus üblich.

Es bestehe der Verdacht, dass die drei Verdächtigen die FPÖ durch die Verrechnung „in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt“ hätten, berichtete die Behörde. Ihnen droht damit eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Verdächtig wegen des Vergehens der Untreue sind derzeit der Leibwächter, die Büroleiterin und Strache selbst.

„Vielzahl von Unterlagen“ sichergestellt

Die Staatsanwaltschaft stellte bisher „eine Vielzahl an Unterlagen, insbesondere Rechnungsbelege“, sicher. Diese gilt es nun auszuwerten. Zudem brauche es noch andere „erforderliche Ermittlungsschritte und Vernehmungen“. Straches Frau Philippa und FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, die in der anonymen Anzeige im Zusammenhang mit der Spesencausa ebenfalls erwähnt werden, sind derzeit nicht Teil von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Bereits zuvor hatten Medien berichtet, dass der am Montag festgenommene Ex-Leibwächter von Strache vernommen worden war. Er soll laut „Standard“ umfassend mit den Behörden kooperiert und eine „Lebensbeichte“ abgelegt haben. Der Mann war über zehn Jahre im engsten Umfeld Straches beschäftigt, laut Berichten als Fahrer, Leibwächter und Sicherheitsreferent.

Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, sein ehemaliger Sicherheitsmann und Johann Gudenus
APA/Herbert Pfarrhofer
Bild aus dem Jahr 2014: der frühere Leibwächter, FPÖ-Mann Johann Gudenus und Strache

In den letzten Jahren soll er belastendes Material gesammelt haben. Dieses soll zeigen, dass der ehemalige FPÖ-Chef über die Partei und sein Spesenkonto über 10.000 Euro auch private Kosten abgerechnet haben soll – es gilt die Unschuldsvermutung. Es wird auch vermutet, dass der Ex-Bodyguard eine zentrale Rolle in der Entstehung des „Ibiza-Videos“ spielen soll. Bei dem Mann handelt es sich um einen Polizisten, der mittlerweile freigestellt wurde.

Wiener Zwischenbericht ergab „nichts Auffälliges“

Der geschäftsführende Obmann der Wiener FPÖ, Dominik Nepp, kündigte an, sämtliche über die Landesgruppe eingereichten und abgerechneten Spesenbelege Straches von 2012 bis zum jetzigen Zeitpunkt vollumfänglich den ermittelnden Behörden zu übergeben. Das Verrechnungskonto für Sonderausgaben zugunsten des früheren Landeschefs werde 1:1 zur Verfügung gestellt.

Weiters läuft auch die Sonderprüfung zu den anonym erhobenen Vorwürfen zu fragwürdigen Spesenabrechnungen Straches. Bis dato seien aber keine Ungereimtheiten festgestellt worden, heißt es in Nepps Aussendung. Er ersuche deshalb die ermittelnden Behörden, im Gegenzug alle fraglichen Belege, so diese vorhanden seien, zur internen Kontrolle und Bewertung der FPÖ Wien in Kopie zu übermitteln, da die Landespartei an einer vollständigen Aufklärung interessiert sei.

Teile der FPÖ gehen auf Distanz

Doch sorgt die Affäre innerhalb der Partei für heftiges Brodeln. Teile der FPÖ distanzierten sich bereits von ihrem ehemaligen Chef. Deutlich äußerte sich etwa der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl am Donnerstag im Gespräch mit Ö1: Er selbst sei über die Vorwürfe „sehr enttäuscht“. „Das verstehen die Leute nicht, dass einfach immer wieder – egal in welcher politischen Partei – Menschen einfach entweder nicht genug kriegen oder im System irgendwann einmal als rechtens empfinden, was schon lange nicht mehr rechtens ist.“ Zum Image der FPÖ als „Kleine-Leute-Partei“ würden die Vorwürfe jedenfalls nicht passen, so Waldhäusl – mehr dazu in noe.ORF.at.

FPÖ-Ideologe Andreas Mölzer sagte laut der „Kronen Zeitung“, dass eine Rückkehr Straches „nahezu ausgeschlossen“ sei. Kritisch gab sich auch der steirische FPÖ-Landtagspräsident Gerhard Kurzmann, der bis 2015 im Bundesparteivorstand der Partei war. Wie er gegenüber der „Kleinen Zeitung“ sagte, habe es immer „Gerüchte“ über eine unsaubere Geldverwendung durch Strache gegeben. Auch der Vorarlberger FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi forderte „so schnell wie möglich“ Aufklärung – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Befürchtungen von „FPÖ-Insidern“

Andere FPÖ-Politiker wollten sich nicht so deutlich äußern. Allerdings kommen in zahlreichen Berichten anonyme „FPÖ-Insider“ zu Wort, die um die Zukunft fürchten oder sich gegen Strache stellen. Laut Oe24.at soll ein Parteistratege den Ausschluss „vor der Wahl“ gefordert haben. Am Dienstag tritt der Parteivorstand zusammen, der sich auch mit der Causa Strache befassen will. Dabei soll auch eine mögliche Suspendierung im Raum stehen. Der „Kurier“ zitiert einen anderen Mandatar folgendermaßen: „Was passiert, wenn die Polizei Strache am Freitag vor der Wahl zum Verhör abholt?“

Straches gehen in die Offensive

Strache selbst weist die Vorwürfe zurück. In der Nacht auf Mittwoch verteidigte er sich in einem langen Posting auf seiner privaten Facebook-Seite. Darin sprach er von „Verleumdungen“ und „falschen Vorwürfen“. Es habe kein Spesenkonto für ihn selbst, sondern für das gesamte FPÖ-Team in seinem Büro gegeben. Zudem habe er keine „Parteikreditkarte“ besessen. Die über das Konto abgerechneten Dinge seien „kein Privatvergnügen“ gewesen. Die Übernahme von Sicherheitskosten sei von der FPÖ Wien abgesegnet und „legitim“ gewesen.

In der Affäre werde ein gegen seine Person tätiges „Ibiza-Netzwerk“ sichtbar. Strache mutmaßt, dass der am Dienstag festgenommene und mittlerweile wieder auf freiem Fuß befindliche Ex-Sicherheitsreferent bereits vor vielen Jahren von dem Netzwerk „eingekauft“ worden sein könnte. Dieser sei laut Strache bereits seit 2012 eng mit dem Wiener Anwalt M. befreundet, der hinter der Produktion des „Ibiza-Videos“ stehen soll. Straches Enttäuschung über den Ex-Mitarbeiter sei „grenzenlos“. Man versuche seit Jahren, ihn „fertigzumachen“ und „politisch auszuschalten“.

Neben Strache verteidigte sich auch Philippa Strache, die für den Nationalrat kandidiert. Gegen sie gibt es ebenfalls Vorwürfe – sie soll seit mehreren Jahren ein Gehalt in der Höhe von 11.000 Euro von der Partei bekommen haben, was sie dementiert. Im Gespräch mit der Gratiszeitung „Heute“ sagte sie, sie beziehe seit drei Jahren ein Gehalt für ihre Arbeit im FPÖ-Klub, nannte aber keine Höhe. Sie wolle auf „konstruierte Neiddebatten“ nicht einsteigen. Sie verfüge weder über einen Dienstwagen noch eine Parteikreditkarte. Ziel der Enthüllungen sei es, „vor der Wahl nochmal Unruhe zu stiften“.

Nepp bestätigt Spesenkonto

Im Zentrum der Causa steht der Vorwurf, Strache habe ein Spesenkonto für private Zwecke missbraucht. Strache dementiert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Wiens FPÖ-Chef Nepp bestätigte am Mittwoch, dass die Einrichtung eines Spesenkontos für Strache von bis zu 10.000 Euro im Monat von der Wiener Landespartei abgesegnet gewesen sei. Nepp bestätigte aber auch, dass Strache zudem monatlich 2.500 Euro Mietkosten für sein Haus in Niederösterreich erhalten habe, allerdings nur, bis er als Obmann zurückgetreten sei. Berichte, wonach etwa Sporttaschen voller Geld übergeben sein sollen, kenne er aber auch nur aus den Medien.