Grafik zum Ergebnis der Nationalratswahl 2019
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Hochrechnung

ÖVP klarer Sieger, schwere Verluste für FPÖ

Die ÖVP hat bei der Nationalratswahl mit Rekordvorsprung Platz eins erreicht. Laut den ersten Hochrechnungen kommt die Volkspartei auf 37,2 Prozent – vor der SPÖ, die mit 21,7 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer Bundeswahl verbucht. Die FPÖ stürzt auf 16,1 Prozent ab, die Grünen schaffen mit 14 Prozent demnach fulminant den Wiedereinzug.

NEOS legt ebenfalls leicht zu und erreicht laut Hochrechnungen 7,8 Prozent, JETZT erreicht beim zweiten Antritt nur noch zwei Prozent und verfehlt den Einzug. Ebenfalls nicht im Nationalrat vertreten werden die KPÖ (0,7 Prozent) und Wandel (0,4 Prozent) sein. Die Schwankungsbreite beträgt noch 0,7 Prozent.

Hochrechnung NR19
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6,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher waren bei herrlichem Herbstwetter am Sonntag aufgerufen, den Nationalrat neu zu wählen. Die Wahlbeteiligung betrug laut Hochrechnung 75,5 Prozent. Gegen 21.00 Uhr sollten alle Stimmen der Urnenwähler ausgewertet sein – und damit das vorläufige Gesamtergebnis vorliegen. Briefwahl und Wahlkarten werden erst am Montag und am Donnerstag ausgezählt. Sie werden allerdings mehr denn je, nämlich rund ein Fünftel aller Stimmen, ausmachen.

Mandate Hochrechnung NR19
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Jubel bei ÖVP groß

Entsprechend den prognostizierten Ergebnis bejubelten die ÖVP-Anhänger in der Parteizentrale das Abschneiden. ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz zeigte sich „überwältigt“. Er habe „definitiv“ nicht mit einem Ausgang in dieser Höhe gerechnet, sagte er in der ÖVP-Wahlzentrale im Kursalon Hübner. Er sei „unendlich dankbar“ und nehme das „Vertrauen mit Demut“ an. Die vier Monat seit der Abwahl seien „schwer“ gewesen, so Kurz vor seinen Anhängern. Jetzt habe die Bevölkerung die ÖVP aber eindrucksvoll zurückgewählt. Er werde nun mit allen im Parlament vertretenen Parteien Gespräche führen.

Sebastian Kurz
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Kurz sagte, er sei „überwältigt" und unendlich dankbar“

„Mir fehlen die Worte und ich bin selten sprachlos“, so Kurz vor seinen Anhängern. Der Spitzenkandidat dankte in seiner kurzen Ansprache den ÖVP-Landeshauptleuten, den Bünden und den Funktionären für ihre Unterstützung in den vergangenen Wochen. Generalsekretär Karl Nehammer wollte sich auf Koalitionsvarianten nicht festlegen. Er strich insbesondere den historischen Vorsprung auf die zweitplatzierte SPÖ heraus.

„Heute ist einmal der Tag von Sebastian Kurz und der Volkspartei, dann ist der Bundespräsident am Zug, und dann werden Gespräche stattfinden. Dann werden wir sehen, mit wem man am besten eine Regierung bilden kann“, sagte Nehammer, von lauten „Kanzler Kurz“-Sprechchören übertönt.

Enttäuschung bei FPÖ

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky will angesichts der ernüchternden Hochrechnungen einen Neustart für seine Partei. Man müsse „neue Gesichter in verantwortungsvolle Rollen holen“, sagte er am Sonntag in einer ersten Reaktion. Zudem müsse man nun eine „Wählerrückholaktion“ starten, die sicher nicht wieder zehn Jahre dauern werde.

FPÖ-Chef Norbert Hofer stellte klar, dass die freiheitliche Doppelspitze mit ihm und Ex-Innenminister Herbert Kickl im Amt bleiben werde. Gleichzeitig bekräftigte er in der Runde der Spitzenkandidaten im ORF, dass die Partei aus den Fehlern lernen und sich „neu aufsetzen“ müsse.

SPÖ gesteht Niederlage ein

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nannte vor ihren Anhängerinnen und Anhängern das Ergebnis „nicht das, was wir uns gewünscht haben“. Das sei auch nicht, „wofür wir gekämpft haben“. Die SPÖ habe „auf die richtigen Themen gesetzt“, sagte Rendi-Wagner, bevor sie von lautem Klatschen und Jubel unterbrochen wurde.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda gratulierte ÖVP und Grünen zum Wahlerfolg. „Es gibt am heutigen Abend zwei klare Wahlsieger, die Grünen und die ÖVP, das ist neidlos anzuerkennen“, so Drozda im ORF. Personelle Konsequenzen bei der SPÖ werde es nicht geben, glaubt der rote Parteimanager. „Wir haben uns ein besseres Ergebnis erwartet“, gestand Drozda ein. Man müsse aber noch die Auszählung der großen Städte abwarten.

Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner ist mit dem Ergebnis „nicht zufrieden“

Grüne glücklich über Wiedereinzug

Spitzenkandidat Werner Kogler hat das historisch beste Ergebnis für die Grünen eingefahren. Was eine mögliche Regierungsbeteiligung betrifft, gab er sich in ersten Interviews aber defensiv. Er sehe einen Auftrag vor allem von den jungen Menschen, das Programm der Grünen umzusetzen, „von welcher Stelle auch immer“.

Für die grüne Ex- und Bald-wieder-Abgeordnete Sigrid Maurer müsste es für eine mögliche türkis-grüne Koalition inhaltlich schon eine „komplette Wende“ geben. Derzeit gebe es zwischen den beiden Parteien in vielen Bereichen jedenfalls „keine Schnittmenge“. Das grüne Ergebnis sei „ein Wahnsinn“, es handle sich um eine „Sensationswahl“.

NEOS will in Opposition bleiben

Auf der NEOS-Wahlparty brandete großer Applaus auf, als die Hochrechnung bekanntwurde, noch lauter war der Jubel allerdings beim großen Minus für die FPÖ. NEOS-Mandatar Sepp Schellhorn geht davon aus, dass die Partei nicht Teil einer kommenden Koalition sein wird. Nach der ersten Hochrechnung zeige sich eine türkis-grüne Mehrheit, und „wir werden da keine Rolle mehr spielen“. Auch der NEOS-Quereinsteiger und Ex-„Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter erwartet, dass ÖVP-Chef Kurz mit den Grünen regieren werde. „Mit der SPÖ will er nicht“ und für Kurz sei die „zerfallende FPÖ“ ein zu großes Risiko, schätzt Brandstätter.

Beate Meinl-Reisinger
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JETZT will weitermachen

Enttäuschung herrschte bei JETZT nach dem Bekanntwerden der Hochrechnungen. Trotzdem wolle man weitermachen, so Bundesgeschäftsführerin Herta Emmer. In welcher Form, werde man bei Gremiensitzungen am Montag entscheiden. „Für uns ist die Wahl zu früh gekommen nach all den Kinderkrankheiten“, so Emmer. Trotzdem sei es richtig gewesen, die Neuwahl anzustreben. „Wir wussten natürlich, dass es in beide Richtungen gehen kann“, meinte Emmer. Nun habe das Pendel in die Richtung der unteren Erwartungen ausgeschlagen. „Das heißt aber nicht, dass das das Ende ist.“ Es brauche eine ordentliche linke Politik in Österreich.

JETZT-Spitzenkandidat und Langzeitmandatar Peter Pilz kündigte an, nun Journalist zu werden. „Ich wechsle jetzt mal kurz die Seiten und werde ein Kollege von Ihnen, ob Ihnen das passt oder nicht“, sagte Pilz zu den Medienvertretern. Künftig werde er sich um sein Onlinemedium zack.zack kümmern.

Peter Pilz
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JETZT-Gründer Peter Pilz kündigte an, Journalist zu werden

Übergangsregierung bleibt noch im Amt

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gratulierte Kurz und sprach „ihm und allen Kandidatinnen und Kandidaten meine Anerkennung für ihren intensiven persönlichen Einsatz in den vergangenen Wochen aus“. Sie werde die Amtsgeschäfte bis zur Angelobung einer neuen Bundesregierung nach bestem Wissen und Gewissen weiterführen und „alle notwendigen Vorbereitungen für eine professionelle Übergabe der Amtsgeschäfte“ treffen.

Am Dienstag wird die Regierung unter Bierleins Führung zu Bundespräsident Alexander Van der Bellen gehen und dem Staatsoberhaupt der Tradition entsprechend die Demissionierung anbieten. Van der Bellen wird die Regierung dann mit der Fortführung der Geschäfte betrauen, bis die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind.

Brigitte Bierlein
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Bundeskanzlerin Bierlein bleibt im Amt, bis eine neue Koalition steht

Van der Bellen: Kein Zeitdruck bei Regierungsbildung

Van der Bellen schritt Sonntagvormittag mit Ehefrau Doris Schmidauer und „First Dog“ Juli in einer Volksschule in Wien-Landstraße zur Wahlurne. Nach der Wahl will er in Sachen Regierungsbildung „keinen Zeitdruck“ machen, wie Van der Bellen vor Journalisten sagte.

Als besonders schmutzig wollte der Bundespräsident den abgelaufenen Wahlkampf nicht bezeichnen. „Jeder Wahlkampf ist hart“, sagte er und verwies auf eigene Erfahrungen in einer langen politischen Karriere – mehr dazu in wien.ORF.at.