Ortsansicht von Gramais
Bis zu 95,8 Prozent

Die Hochburgen der Parteien

Bei der vorgezogenen Nationalratswahl hat sich mit Blick auf die Hochburgen der Parteien auf Gemeindeebene einiges getan. Die ÖVP liegt nur in sechs Gemeinden unter 20 Prozent, SPÖ und FPÖ verloren teils auch in ihren traditionellen Hochburgen, die Grünen sind in mehreren Wiener Gemeindebezirken vorne dabei, NEOS erzielte in Vorarlberg erneut das beste Ergebnis und JETZT erreichte nur in sieben Gemeinden die für den Nationalratseinzug österreichweit notwendigen vier Prozent.

Grundsätzlich hat Wahlsieger ÖVP wie schon vor zwei Jahren auf dem Land deutlich stärker abgeschnitten als in den großen Städten. Allerdings hat die Volkspartei auch im urbanen Raum zulegen können und die SPÖ fast eingeholt.

Hätten am Sonntag ausschließlich ländliche Gemeinden gewählt, hätte die ÖVP mit 46,7 Prozent an der absoluten Mehrheit gekratzt. Damit liegt die Volkspartei in den Landgemeinden zwar deutlich stärker als im urbanen Raum. Allerdings bedeuten auch die 26,1 Prozent der ÖVP in den großen Städten ein deutliches Plus von über drei Prozentpunkten gegenüber der Wahl vor zwei Jahren.

Die Wahl in ländlichen Gemeinden

Die besten Gemeindeergebnisse für Wahlsieger ÖVP gab es in Tirol und Vorarlberg und hier allen voran auf 1.321 Meter Seehöhe im Tiroler Bergdorf Gramais: Von den 32 Wahlberechtigten der kleinsten Gemeinde Österreichs stimmten diesmal 23 für die ÖVP. Mit einem Plus von sechs Stimmen bzw. 25 Prozent liegt die Volkspartei dort nun bei 95,8 Prozent. Ähnlich beispiellos erscheinen die Tiroler Gemeinden Hinterhornbach, Jungholz und Obertilliach sowie das Vorarlberger Fontanella – auch hier liegt die ÖVP teils weit über 80 Prozent.

Die Stärke der ÖVP zeigte sich auch in ihren schwächsten Gemeinden: In nur sechs davon lag das Ergebnis der Volkspartei unter der 20-Prozent-Marke. Die niedrigste Zustimmung gab es in Wien-Neubau, wo die ÖVP auf 17,3 Prozent kam, bei einem Verlust von 1,3 Prozentpunkten. Acht der zehn schwächsten ÖVP-Gemeinde-Ergebnisse lagen in Wien.

56,8 Prozent für SPÖ in Tschanigraben

Die SPÖ blickt indes auch im urbanen Raum auf teils starke Stimmenverluste. In den großen Städten (Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg) liegt die SPÖ im Schnitt nur noch bei 26,3 Prozent. Das ist zwar immer noch deutlich mehr als in den Landgemeinden, wo die Sozialdemokraten nur noch 18,2 Prozent schafften (minus vier Prozentpunkte), und mehr als im Umland der großen Städte (22,7 Prozent oder minus 5,2 Prozentpunkte). Aber vor zwei Jahren hatte die SPÖ in den großen Städten noch deutlich stärker gezogen und ein Drittel der Wählerinnen und Wähler überzeugt.

Die Wahl in großen Städten

Die teils herben Verluste der SPÖ lassen sich jedenfalls auch an den Gemeindeergebnissen ablesen. In sieben ihrer Top-Ten-Gemeinden erlitten die Sozialdemokraten Verluste – und zwar teils im zweistelligen Bereich. Deutlich wird das etwa im burgenländischen Tschanigraben, wo die SPÖ mit 56,8 Prozent zwar ihr bestes Ergebnis auf Gemeindeebene erzielte – 2017 waren es dort allerdings noch 67,6 und 2013 77,1 Prozent. Platz zwei im roten Topranking ging an Neutal im Burgenland mit 52,4 Prozent, wobei es auch hier ein Minus, konkret 3,7 Prozent weniger Stimmen, gibt.

Blick nach Neubau und Gramais

Auf Bundesländerebene stellt die ÖVP mit Ausnahme von Wien überall die stärkste Partei. Schaut man tiefer, offenbaren etwa der Wiener Bezirk Neubau und Gramais in Tirol interessante Details.

In vier Tiroler bzw. Vorarlberger Gemeinden ging die SPÖ gänzlich leer aus. 2017 waren es noch zwei Gemeinden mit null Stimmen (Schröcken in Vorarlberg und das Tiroler Hinterhornbach). Zum Nuller in Hinterhornbach kamen noch Dünserberg (Vorarlberg) sowie Gramais und Jungholz (beide Tirol) hinzu. In Schröcken konnte die SPÖ heuer zwei Wähler (2,44 Prozent) für sich gewinnen.

48,9 Prozent für FPÖ in Deutsch-Griffen

Besonders deutlich war der Absturz der FPÖ: Selbst in ihren Hochburgen verlor die Partei teils im zweistelligen Prozentpunktebereich. Wie schon 2017 ist die FPÖ auch diesmal in den Land- (18,6 Prozent) und Umlandgemeinden (17,6 Prozent) deutlich stärker als in den großen Städten (14,3 Prozent).

Ohne Wahlkarten

Zu beachten ist, dass bei all diesen Ergebnissen nur jene Stimmen ausgewertet wurden, die am Sonntag an der Wahlurne abgegeben worden sind. Wahlkarten werden ausschließlich auf Bezirksebene ausgezählt. Eine Zuordnung der Briefwähler zu ihren Wohngemeinden ist also in den meisten Fällen nicht möglich.

Das beste Gemeindeergebnis gab es für die Blauen diesmal erneut im Kärntner Deutsch-Griffen mit 48,9 Prozent. Sie verlor dort allerdings wie auch in allen anderen Gemeinden ihre absolute Mehrheit. In Deutsch-Griffen setzte es ein noch vergleichsweise moderates Minus von 4,9 Prozentpunkten.

Eher dem Gesamtergebnis nahe kam der Verlust in der zweitstärksten Gemeinde Mühldorf (Kärnten) mit einem Minus von 8,7 Prozentpunkten (auf 41,9 Prozent). Ebenfalls starke Verluste (minus 11,1 Prozent) gab es in der traditionellen FPÖ-Hochburg St. Georgen am Fillmannsbach. Am unteren Ende der Skala der FPÖ-Ergebnisse steht Gramais mit null Stimmen.

36,4 Prozent für Grüne in Wien-Neubau

Auch wenn die Grünen in Gramais als einzige Partei abseits der ÖVP eine Stimme bekamen, offenbart der Blick auf die grünen Hochburgen einen besonders starken Unterschied zwischen Stadt und Land. Demnach konnten die Grünen vor allem in den großen Städten deutlich zulegen – und ihren Stimmenanteil auf 19,5 Prozent mehr als verdreifachen. Das ist den Grünen zwar auch auf dem Land gelungen, aber auf deutlich niedrigerem Niveau von 2,1 auf 8,3 Prozent.

Bezirksergebnisse von Wien
Grafik: ORF.at; Quelle: BMI
Laut vorläufigem Ergebnis ohne Wahlkarten sind die Grünen in mehreren Wiener Bezirken wieder stärkste Partei

Punkten konnten die Grünen nicht zuletzt wieder in ihren traditionellen Wiener Hochburgen. Die fünf besten Gemeindeergebnisse der Partei lagen allesamt in Wien, angeführt von Wien-Neubau mit 36,4 Prozent (plus 24,9 Prozentpunkte gegenüber 2017). In den fünf Topgemeinden (die Wiener Bezirke Neubau, Mariahilf, Josefstadt, Alsergrund und Wieden) konnten die Grünen laut vorläufigem Wahlergebnis wieder Platz eins zurückerobern. Auf Platz sechs ihrer Topliste folgt Ottensheim in Oberösterreich (28,6 Prozent Grün-Anteil), dahinter lagen weitere Wiener Bezirke. Keine Stimmen gab es für die Grünen indes in den Gemeinden Hinterhornbach und Spiss in Tirol.

Filzmaier über Wahlverhalten

Politologe Peter Filzmaier spricht u. a. über das Wahlverhalten von Stadt und Land und wie ausschlaggebend Alter und Geschlecht beim Wahlverhalten waren.

20,2 Prozent für NEOS in Blons

NEOS holte sein bestes Gemeindeergebnis dieses Mal erneut in Vorarlberg – allerdings nicht mehr im Heimatort von Parteigründer Matthias Strolz (Dalaas), sondern in Blons. In der Kleingemeinde im Großen Walsertal votierten 20,2 Prozent der 237 Wahlberechtigten für Pink (plus 6,9 Prozentpunkte). Ebenfalls erneut stark war die Partei in der Tiroler Hochburg Mils bei Imst mit 19,9 Prozent (plus 5,7). In Warth (Vorarlberg), den Tiroler Gemeinden Gramais und Pfafflar sowie Kleinmürbisch und Tschanigraben im Burgenland ging NEOS leer aus. Was das Land-Stadt-Gefälle betrifft, liegt NEOS hier zwischen sechs und 8,9 Prozent.

Die Wahl in Klein- und Vorstädten

7,3 Prozent für JETZT in Kaisers

Der Abschied von JETZT aus dem Parlament spiegelt sich auch in den Gemeindeergebnissen wider. Während die Liste von Peter Pilz 2017 in elf Gemeinden leer ausging, verweigerten dieses Mal die Wähler in 47 Gemeinden jeglichen Zuspruch. Das noch beste Ergebnis verbuchte JETZT in der Tiroler Kleingemeinde Kaisers mit 7,3 Prozent. Und in nur sieben Gemeinden erzielte die Liste mehr als die für den Nationalratseinzug notwendigen vier Prozent der Stimmen, darunter die Wiener Gemeindebezirke Neubau und Josefstadt, Karrösten in Tirol und Tragöß-St. Katharein in der Steiermark.