Heinz-Christian Strache
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FPÖ

Strache kündigt Rückzug aus Politik an

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat am Dienstag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz den „kompletten Rückzug aus der Politik“ angekündigt. Seine Parteimitgliedschaft werde „bis auf Weiteres“ ruhend gestellt, wie Strache nur wenige Stunden vor der ersten Sitzung der FPÖ-Gremien nach der Nationalratswahl ankündigte.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen teile er nun „schweren Herzens mit, dass ich meine Mitgliedschaft in der freiheitlichen Familie ruhend stelle“. Zudem werde er nicht nur jegliche politische Aktivität einstellen, sondern auch keine politische Funktion mehr anstreben. Zuvor hatte es Gerüchte gegeben, der frühere FPÖ-Chef könnte allenfalls mit einer eigenen Partei bei der Wiener Landtagswahl antreten. Ihm gehe es darum, „eine Zerreißprobe und Spaltung der FPÖ um jeden Preis zu verhindern“, so Strache, der sagte, dass er sich nun ganz seiner Familie widmen wolle.

Dieses Versprechen richte er vor allem an seine Frau, „die in den letzten Monaten mehr ertragen musste, als sich so mancher vorstellen kann“. Nun möchte er „sie keine Sekunde länger leiden sehen“, so Strache. Keinerlei Auskunft gab es in diesem Zusammenhang, ob die bei der Wahl auf dem dritten Listenplatz der FPÖ Wien angetretene Philippa Strache das Nationalratsmandat annehmen wird, falls es ihr zufällt – mehr dazu in wien.ORF.at.

„Begonnen hat alles mit ‚Ibiza-Affäre‘“

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat am Dienstag seinen Totalrückzug aus der Politik angekündigt. Damit reagierte er auf die mit der „Ibiza-Affäre“ begonnenen und zuletzt immer lauter gewordenen Rücktrittsrufe.

„Aufrichtige Verbundenheit“

Gleich mehrmals verwies Strache in seinem Statement auch auf die „freiheitliche Familie“, die in den vergangenen 15 Jahren immer hinter ihm gestanden sei. Nun gelte es für die FPÖ, weiter „Ungerechtigkeiten und Verleumdungen gemeinsam abzuwehren“, so Strache: „Meinen Beitrag leiste ich durch Aufklärungsarbeit, durch Rehabilitation meiner Person und durch aufrichtige Verbundenheit gegenüber dem freiheitlichen Lager.“

Heinz-Christian Strache
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Strache sieht sich weiter eng mit der „freiheitlichen Familie“ verbunden

Hofer nimmt Erklärung „zur Kenntnis“

FPÖ-Chef Norbert Hofer nimmt die Ankündigung seines Vorgängers, seine FPÖ-Parteimitgliedschaft ruhend zu stellen, in einer ersten Reaktion „zur Kenntnis“. Darüber hinaus wollte Hofer mit Blick auf den anstehenden Parteivorstand nichts sagen.

Hofer sagte bei seinem Eintreffen im Hotel Fleming’s in Wien-Josefstadt, bei den Gremiensitzungen gehe es um die künftige Aufstellung der Partei. Es seien auch am „blauen Montag“ und damit am Tag nach der Wahl Telefonate geführt worden, um schon im Vorfeld Klärungen zu treffen, so der Parteichef.

Wie FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wollten unter anderen auch die FPÖ-Obleute von Salzburg und Tirol, Marlene Svazek und Markus Abwerzger, beim Eintreffen zur Parteisitzung keinen Kommentar abgeben: Zunächst gelte es die Gremien abzuwarten.

„Nichts geändert“

Für Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner, hat sich unterdessen auch mit Straches Rücktrittsankündigung „nichts geändert“. Haimbuchner wird aus Beobachtersicht somit wohl weiter bei seiner Forderung nach einer Suspendierung des ehemaligen FPÖ-Chefs bleiben. Ganz in diesem Sinn gehen auch für den Vorarlberger FPÖ-Nationalratsabgeordneten Reinhard Bösch die von Strache angekündigten Schritte nicht weit genug – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Finanzreferent der FPÖ, Hubert Fuchs, und Oberösterreichs FPÖ-Parteichef Manfred Haimbuchner
APA/Helmut Fohringer
FPÖ-Finanzreferent Hubert Fuchs und Haimbuchner auf dem Weg zur Sitzung der Parteispitze

Der burgenländische FPÖ-Chef Johann Tschürtz sieht Straches Entscheidung unterdessen positiv. Für ihn sei auch sicher, dass Strache keine eigene Partei gründen wird – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Die Spesenvorwürfe gegen Strache

Strache war innerparteilich seit dem Abend der Nationalratswahl verstärkt unter Druck geraten. Das Wahldebakel mit einem Verlust von rund zehn Prozentpunkten wurde in erster Linie dem zurückgetretenen Parteichef angelastet. Die Kritik entzündete sich nicht nur an dem bereits im Mai publik gewordenen „Ibiza-Video“, das die Neuwahl erst ausgelöst hatte, sondern an den kurz vor der Wahl aufgetauchten Spesenvorwürfen.

Am Montag vor der Wahl wurde bekannt, dass die Wiener FPÖ wegen Spekulationen über angebliche Unregelmäßigkeiten bei Straches Spesenabrechnungen eine „Sonderprüfung“ vornahm. An die Öffentlichkeit kam auch, dass Strache nicht nur über ein großzügig dotiertes Spesenkonto (der Wiener Landespartei) in Höhe von 10.000 Euro monatlich verfügte, sondern von der Wiener FPÖ auch pro Monat 2.500 Euro „Mietzuschuss“ erhielt.

Beides wurde vom Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp später bestätigt, die Verwendung des Spesenkontos sei aber „zweckmäßig“ gewesen. Der Mietzuschuss wurde damit begründet, dass Strache in seinem Haus in Klosterneuburg auch Delegationen empfangen habe.

Nicht sauber abgerechnet?

Der eigentliche Vorwurf lautete aber, dass die Spesen nicht immer sauber abgerechnet worden seien. Gestützt wurde das von einer anonymen Anzeige und Aussagen eines Ex-Leibwächters Straches, der zwischenzeitlich sogar festgenommen worden war. Der Mann soll dabei vor den ermittelnden Behörden „ausgepackt“ haben. Neben dem Leibwächter wurde auch die frühere Büroleiterin Straches einvernommen.

Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Leibwächter, die ehemalige Büroleiterin und auch Strache des Vergehens der Untreue. Es bestehe der Verdacht, der Leibwächter und die Büroleiterin „hätten seit mehreren Jahren Privatausgaben von Heinz-Christian Strache im Wege von Scheinbelegen der Freiheitlichen Partei verrechnet“, so die Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Den Verdächtigen droht damit eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Strache wurde im Gegensatz zu den beiden anderen jedoch noch nicht einvernommen. Der Ex-Parteichef sprach von „Verleumdungen gegen meine Person, meine Frau und Familie“, die nicht zu tolerieren seien. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Philippa und Heinz-Christian Strache
GEPA/Walter Luger
Philippa und Heinz-Christian Strache

Haimbuchner für Suspendierung

Bereits am Abend der Nationalratswahl wurden vereinzelt Rufe nach einem Ausschluss Straches aus der Partei laut, sollten die aufgetauchten Spesenvorwürfe stimmen. Am Montag reihten sich mehr prominente FPÖ-Stimmen in den Chor jener ein, die den Parteiausschluss des gefallenen Ex-Chefs forderten.

Am Montagabend kündigte Haimbuchner schließlich die Suspendierung durch den am Dienstag anstehenden FPÖ-Vorstand an. Eine Suspendierung Straches sei für einen Neubeginn der FPÖ wichtig, so Haimbuchner auch bei einem „Runden Tisch“ in ORF2.

Er habe gleich nach Auftauchen des „Ibiza-Skandals“ gesagt, dass eine Rückkehr Straches in die Bundespolitik für ihn undenkbar sei. „Was einen Ausschluss betrifft, das werden wir morgen beraten“, so Haimbuchner. Dieser sei möglich, er wolle einer Entscheidung in den Gremien aber nicht vorgreifen.

„Wenn das stimmt, sehe ich keine andere Möglichkeit“

Als einer der Ersten sprach sich der steirische Parteichef Mario Kunasek offen für den Parteiausschluss Straches aus, sollten sich die Vorwürfe in der Spesenaffäre erhärten. „Wenn das stimmt, sehe ich keine andere Möglichkeit. So leid es mir tut.“ Noch deutlichere Worte wählte Montagnachmittag Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi. Durch das inakzeptable Verhalten von Strache sei der FPÖ und dem Land großer Schaden zugefügt worden, so Bitschi gegenüber dem ORF-Landesstudio Vorarlberg.

„Hätte Strache nach Ibiza das Gleiche getan wie (Johann, Anm.) Gudenus, wäre uns das erspart geblieben“, sagte der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl. Gudenus war direkt nach dem „Ibiza-Skandal“ aus der Partei ausgetreten und hatte sich im Wahlkampf nicht zu Wort gemeldet.