Der deutsche Kunsthistoriker und Leiter der Uffizien in Florenz, Eike Schmidt
AP/Domenico Stinellis
Designierter KHM-Direktor

Schmidt sagt einen Monat vor Antritt ab

Der designierte Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums in Wien, Eike Schmidt, wird seinen Posten doch nicht antreten. Wie die „Presse“ berichtet, hat der derzeitige Chef der Uffizien einen Monat vor Amtsantritt telefonisch abgesagt. Kulturminister Alexander Schallenberg übte scharfe Kritik an der Vorgangsweise des deutschen Kunsthistorikers.

„Die kurzfristige Absage ist höchst unprofessionell und eigentlich beispiellos“, sagte Schallenberg der „Presse“. Das „Kapitel Eike Schmidt“ sei abgeschlossen, nun „geht es darum, rasch für klare Verhältnisse zu sorgen. Deswegen habe ich die ehestmögliche Ausschreibung der wissenschaftlichen Geschäftsführung veranlasst“, so Schallenberg weiter. Der Minister hat Sabine Haag gebeten, das KHM weiterhin interimistisch zu führen. Am Freitag soll es ein Treffen zwischen dem Minister und Schmidt geben, heißt es weiter.

Schmidt hätte hier sein Amt am 1. November antreten sollen. Wenige Tage zuvor, am 25. Oktober, findet in der Kuppelhalle des KHM ein festlicher Abend zu Ehren von Sabine Haag statt, zu dem die Vorsitzende des Kuratoriums, Ulrike Baumgartner-Gabitzer, und der kaufmännische Geschäftsführer Paul Frey, geladen haben. Der als Abschiedsabend geplante Event wird nun unter ganz anderen Vorzeichen stehen.

Der deutsche Kunsthistoriker und Leiter der Uffizien in Florenz, Eike Schmidt, vor einem Tizian-Gemälde
Reuters
Schmidt hätte schon bald sein Amt in Wien antreten sollen

„Wir wissen noch sehr wenig“

Ob Haag, die sich erfolglos um die Verlängerung ihres Mandats beworben hatte und aufgrund der laufenden Verpflichtungen Schmidts in Florenz bereit war, interimistisch das Haus weiterzuführen, auch für eine Verlängerung ihres Interimsmandats zur Verfügung steht, ist vorerst unklar: Sie flog am Dienstag zur „Maximilian“-Ausstellung nach New York.

„Wir wissen noch sehr wenig. Doch wir begegnen der neuen Situation mit großer Gelassenheit: Wir haben eine aufrechte und intakte Geschäftsführung und eine detaillierte Planung bis weit in 2020/21 hinein“, sagte Frey im Gespräch mit der APA. Frey, der selbst einen Vertrag bis 2021 besitzt, hatte vom 1. September 2017 „bis in die letzten Tage“ die Übergabe auf die neue Geschäftsführung vorbereitet, die mit Ende Oktober auch formal vollzogen werden sollte. Ob er sich nun düpiert fühle, wollte er nicht kommentieren: „Meine Gefühle spielen gar keine Rolle.“

Schmidt sollte Haag folgen

Der gebürtige Deutsche war seit Ende 2015 Direktor der Uffizien in Florenz. Im September 2017 stellte der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) den Kunsthistoriker Schmidt als Nachfolger von Haag vor, die das Haus seit 2009 geführt hatte. „Ich kann es kaum erwarten“, sagte Schmidt noch bei seiner Vorstellung.

Designierter KHM-Chef wird Posten nicht antreten

Einen Monat vor Dienstantritt hat der neue Direktor für das Kunsthistorische Museum (KHM), Eike Schmidt, abgesagt.

Geboren wurde Schmidt am 22. April 1968 in Freiburg. Auch für seine Ausbildung blieb Schmidt zunächst im Bundesland Baden-Württemberg, wo er Kunst an der Universität Heidelberg studierte. Dann bereits zog es den aufstrebenden Kunsthistoriker nach Norditalien, während er 1994 in Heidelberg seine Promotion über die Ebenholzskulpturen der Medici-Familie einreichte. Es folgte die Arbeit am Kunsthistorischen Institut in Florenz, bevor Schmidts US-amerikanische Phase begann.

2001 ging der Kunstexperte als Kurator an die National Gallery of Art in die US-Hauptstadt Washington. Dem schloss sich eine Episode an der Westküste an, wo er zwischen 2006 und 2008 im Getty Museum in Los Angeles tätig war. Ein Jahr war Schmidt Direktor für europäische Plastik beim Auktionsriesen Sotheby’s in London, bevor er ab 2009 wiederum in den USA die Skulpturenabteilung am Minneapolis Institute of Arts führte.

Erster ausländischer Uffizien-Chef

Den bisherigen Karrierehöhepunkt erklomm Schmidt schließlich im Jahr 2015. Im Zuge eines bewussten Schritts des italienischen Kulturministeriums wurden zahlreiche Führungspositionen renommierter Kulturinstitutionen mit Ausländern besetzt – allen voran die legendären Uffizien mit Schmidt.

Er war der erste Ausländer an der Spitze der einstigen Privatsammlung der Medici seit deren Gründung vor knapp 500 Jahren. Er brachte das weltberühmte Museum auf Modernisierungskurs, sorgte für Renovierung von Sälen, Modernisierung der Sicherheitsanlagen, neue, natürliche Beleuchtung und eine bessere Aufstellung der Gemälde. Unter seiner Leitung wurde 2016 erstmals die Rekordzahl von zwei Millionen Besuchern überschritten.

Immer wieder Gerüchte

Gerüchte darüber, dass Schmidt doch nicht nach Wien wechseln werde, gab es in der Vergangenheit immer wieder. Zwischenzeitlich hatte sich in der italienischen Kulturpolitik der Wind jedoch gedreht. Das Mandat einiger ausländischer Direktoren wurde nicht verlängert.

Das betraf auch zwei Österreicher: Peter Assmann übernimmt im November die Leitung der Tiroler Landesmuseen, während Peter Aufreiter ab 1. Jänner 2020 als Direktor des Technischen Museums Wien amtieren wird. Mittlerweile wurde jedoch erneut der Sozialdemokrat Dario Franceschini zum Kulturminister ernannt, der den Posten bereits zwischen 2014 und 2018 besetzt und jene Museumsreform durchgesetzt hatte, der auch Eike Schmidt seinen Chefposten in Florenz verdankt. Das könnte möglicherweise nun den Ausschlag gegeben haben.