Bild aus dem Jahr 2002 zeigt die beiden Sänger Udo Jürgens und Karel Gott
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1939–2019

Karel Gott ist tot

Karel Gott, einer der größten Stars der Schlagerwelt, ist tot. Die „goldene Stimme aus Prag“ starb am Dienstag kurz vor Mitternacht im Alter von 80 Jahren. Das berichtete die tschechische Nachrichtenagentur CTK am Mittwoch unter Berufung auf seine Sprecherin.

Im September hatte der Sänger öffentlich gemacht, dass er an akuter Leukämie litt. Eine erste Krebserkrankung am Lymphsystem hatte er wenige Jahre zuvor überstanden. Gott stand fast sechs Jahrzehnte auf der Bühne und verkaufte Schätzungen zufolge mehr als 50 Millionen Tonträger.

Mit der Titelmelodie zur Zeichentrickserie „Biene Maja“ wurde seine Stimme für Generationen deutschsprachiger Kinder bekannt. Mit unvergesslichen Melodien wie „Einmal um die ganze Welt“, „Lady Carneval“ und „Fang das Licht“ sicherte sich der Tscheche auch unter Erwachsenen ein Millionenpublikum. Der klassisch ausgebildete Tenor verdiente sich den Namen eines „Sinatra des Ostens“.

Song-Contest-Teilnahme für Österreich

In seinem Heimatland Tschechien war der Sänger eine Legende und wurde auch als „bozsky Karel“ („göttlicher Karel“) bezeichnet. Insgesamt 42-mal gewann er den Publikumspreis Goldene Nachtigall. Gott wurde am 14. Juli 1939 im westböhmischen Pilsen geboren. Als Elektrikerlehrling hatte er mit 18 seine ersten Auftritte in Prager Tanzcafes. Mit seiner Darbietung von „Tausend Fenster“ beim Grand Prix Eurovision de la Chanson in London 1968 wurde er auch im Westen bekannt. Mit der Udo-Jürgens-Nummer erreichte Gott für Österreich den 13. Rang.

Karel Gott in der Hängematte mit Biene Maja und Willi
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Eine von Gotts berühmtesten Darbietungen – die Titelmelodie zu „Biene Maya“

Die Hits folgten Schlag auf Schlag: „Lady Carneval“ (1969), „Einmal um die ganze Welt“ (1970), „Babicka“ (1979) und „Fang das Licht“ (1985). Mit der Biene-Maja-Melodie von 1977 eroberte Karel Gott die Herzen der kleinen Fernsehzuschauer. Mit seinem unverkennbaren slawischen Akzent sang er von der „kleinen, frechen, schlauen Biene“ mit den Kulleraugen.

Kritik an mangelndem Engagement gegen Regime

Trotz des Ruhmes blieb ihm Kritik nicht erspart. Dabei ging es nicht um seine künstlerischen Qualitäten. Besonders nach der „Samtenen Revolution“ 1989 wurde Gott mit Vorwürfen konfrontiert, in Eintracht mit dem kommunistischen Regime der ehemaligen Tschechoslowakei gelebt zu haben, während andere Sänger, die sich 1968 offen gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen engagiert hatten, jahrelang nicht auftreten durften oder in den Westen fliehen mussten.

Auch Gott erwog jedoch Anfang der 70er, nach einer Tournee in Westdeutschland zu bleiben. KP-Chef Gustav Husak persönlich, angeblich von Moskau veranlasst, überzeugte ihn via diplomatische Vertretung Bonn zur Rückkehr nach Prag und sicherte ihm zu, auf keine Weise verfolgt zu werden. „Husak hat erfüllt, was er versprochen hat. Deshalb konnte und wollte ich nicht gegen ihn auftreten“, erinnerte einst der Künstler. „Ich weiß, dass das heute schwer zu erklären ist. Nach dem Krieg fühlt sich aber jeder als General“, fügte er hinzu.

„Magnetismus“ mit dem Publikum

Im Jahr 2003 hatte der Sänger einen leichten Schlaganfall überstanden. Seine letzte große Tournee durch Tschechien und die Slowakei war ein Triumph. Rund 12.000 Zuschauerinnen und Zuschauer feierten im Dezember 2014 in Prag ihren „mistr“ (Meister). Seinen 80. Geburtstag feierte er im Juli 2019, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, mit Weggefährten und Prominenten in einem Prager Theater. Über seine Beziehung zu seinem Publikum sagte er einmal: „Es ist eine Art Magnetismus, eine gegenseitige Anziehungskraft, die schwer beschreibbar ist.“

Bild aus dem Jahr 1968 zeigt die beiden Sänger Udo Jürgens und Karel Gott
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Ebenso wie Udo Jürgens vertrat auch Karel Gott Österreich beim Song Contest

Der Sänger hatte im Jahr 2008 in Las Vegas seine 37 Jahre jüngere Freundin, die Fernsehmoderatorin Ivana Machackova, geheiratet. Mit ihr bekam er zwei Töchter, die 13 Jahre alte Charlotte Ella und und die elf Jahre alte Nelly Sofie. Aus früheren Beziehungen hatte er noch zwei andere Töchter – Dominika (46) und Lucie (32). Mit Charlotte Ella sang Karel Gott auch sein letztes Lied – „Srdce nehasnou“ („Die Herzen verlöschen nicht“).

Würdigungen aus der Politik

Die tschechische Staatsspitze würdigte den verstorbenen Schlagersänger. Sein Tod sei eine „ungeheuer traurige Nachricht für unser ganzes Land“, sagte Präsident Milos Zeman. „Karel Gott war ein wirklicher Künstler, der sein Leben anderen geschenkt hat“, sagte Zeman. Das sei erschöpfend, mache aber gerade den wahren Künstler aus.

TV-Hinweis

Der ORF ändert im memoriam Karel Gott sein Programm und zeigt am Samstag um 21.55 Uhr in ORF2 das Porträt „Ein Abend für Karel Gott“. ORF1 strahlt am Samstag ab 10.10 Uhr die ersten fünf Folgen der Kultserie „Biene Maja“ aus.

Der tschechische Regierungschef Andrej Babis bezeichnete Gott als einen der größten Tschechen. „Er ist gestorben, aber ich glaubte, dass er für immer sein werde.“ Mit seinen Liedern habe ihn Gott seit seiner Jugend begleitet, so der 65 Jahre alte Politiker und Multimilliardär. „Ich werde eine Kerze anzünden und mir eines seiner Lieder aus den 1960er Jahren anhören“, sagte Babis. „Meister, ich habe Sie wertgeschätzt, mehr als ich es zu sagen vermag“, fügte er hinzu.