Israels Präsident: Wahlergebnis „Rote Karte für Populismus“

Rund zwei Wochen nach der Wahl in Israel ist das neue Parlament zu seiner Eröffnungssitzung zusammengekommen. Die Regierungsbildung durch den rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ist unterdessen ins Stocken geraten. Staatspräsident Reuven Rivlin warb heute erneut für eine Regierung mit einer breiten Mehrheit.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu und der israelische Präsident Reuven Rivlin
AP/Sebastian Scheiner

„Die Demokratie ist in Gefahr“, sagte Rivlin. Das Wahlergebnis sei „eine Rote Karte von israelischen Bürgern für ihre gewählten Vertreter. Eine Rote Karte für Populismus, für ein politisches System, das sich von den Differenzen zwischen uns nährt“.

Patt nach Wahl

Bei der Parlamentswahl am 17. September war das Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benni Ganz mit 33 Mandaten stärkste Kraft geworden. Netanjahus rechtskonservativer Likud kam nur auf 32 Mandate. Rivlin gab vergangene Woche allerdings Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung, weil dieser 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten hatte – Ganz dagegen nur 54. Weder das rechts-religiöse noch das Mitte-links-Lager hat eine Mehrheit zur Regierungsbildung. Die Regierungsbildung stockt auch, weil Netanjahu derzeit vor einer erwarteten Korruptionsanklage gegen ihn, nochmals angehört wird.

Lapid zu Verzicht auf Rotation bereit

Netanjahu hat zunächst bis zum 23. Oktober Zeit, um eine Regierung zu bilden. Seine Chancen wurden allerdings von Anfang an als gering eingeschätzt. Bisher konnte er keine Einigung mit Blau-Weiß für eine Große Koalition erzielen. Ein Stolperstein dafür wurde unterdessen aus dem Weg geräumt: Jair Lapid vom Bündnis Blau-Weiß kündigte laut der Tageszeitung „Haaretz“ an, im Falle einer Großen Koalition auf die eigentlich vereinbarte Rotation mit Ganz als Ministerpräsident zu verzichten.

Neun Parteien werden in der 22. Knesset in Jerusalem mit seinen 120 Abgeordneten vertreten sein. Die drittgrößte Fraktion ist die Vereinigte Arabische Liste, die bei der Wahl 13 Mandate erhielt. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung sind Araber.