Tatort in Paris
Reuters/Philippe Wojazer
Messerattacke in Paris

Angreifer war Anhänger des radikalen Islam

Nach der tödlichen Messerattacke in Paris werden nun mehr Details über den Angreifer bekannt. Der Mann sei ein Anhänger einer radikalen Form des Islam gewesen, so Staatsanwalt Jean-Francois Ricard am Samstag in Paris. Er habe auch Kontakte zu Mitgliedern der radikalislamischen Salafistenbewegung gehabt, heißt es. Die Opposition fordert unterdessen auch politische Konsequenzen.

Erste Ermittlungen hätten ergeben, dass der Täter bestimmten Taten zugestimmt habe, „die im Namen dieser Religion begangen wurden“, sagte Ricard. Unter anderem habe er den von Islamisten verübten Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitung „Charlie Hebdo“ im Jahr 2015 gutgeheißen, bei dem zwölf Menschen getötet wurden. Auch habe er den Wunsch geäußert, Kontakte zu Frauen einzuschränken, und vor einigen Monaten seine Bekleidungsgewohnheiten geändert.

Unmittelbar vor der Tat habe er zwei Messer gekauft, eines aus Metall und eines aus Keramik. Seine Tat habe wenige Minuten gedauert, bis er von einem Polizisten erschossen worden sei. Der Angreifer war nach Angaben des Chefermittlers mit extremer Gewalt vorgegangen. Man werde die Untersuchungen nun fortsetzen, sagte der Staatsanwalt.

Jean-Francois Ricard
APA/AFP/Geoffroy Van Der Hasselt
Ricard gab Samstagnachmittag neue Details bekannt

Befragung von Ehefrau brachte neue Erkenntnisse

Der IT-Mitarbeiter der Polizeiverwaltung konvertierte vor zehn Jahren zum Islam, so Ricard. Auch die Befragung seiner Frau, die die Polizei noch am Donnerstag festnahm, habe neue Erkenntnisse gebracht. So soll der Angreifer unmittelbar vor der Tat 33 Textnachrichten mit seiner Frau ausgetauscht haben. Alle hätten religiöse Inhalte gehabt, so Ricard. Die Attacke erwähnte er jedoch nicht explizit in den Nachrichten.

Schon zuvor berichteten einige französische Medien, dass der Mann zum Islam konvertiert sei. Der 45-Jährige Mitarbeiter des Polizeihauptquartiers im Herzen von Paris hatte am Donnerstag vier seiner Kollegen mit einem Messer getötet. Bei den Opfern handelt es um drei Männer und eine Frau.

Konservative fordern Konsequenzen

Oppositionspolitiker fordern unterdessen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu dem Vorfall. Er verlange eine parlamentarische Untersuchung, schrieb der konservative Abgeordnete Eric Ciotti auf Twitter. Er warf dem französischen Innenminister Christophe Castaner vor, nicht die Wahrheit über eine bekannte mögliche Radikalisierung des mutmaßlichen Angreifers gesagt zu haben.

Der Chef der Republikaner in der Nationalversammlung, Christian Jacob, werde am Dienstag eine entsprechende Forderung einbringen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Weitere konservative Abgeordnete forderten den Rücktritt von Castaner. Ihrer Ansicht nach hatte der Innenminister Informationen über den mutmaßlichen Täter zurückgehalten, als er nach der Tat am Donnerstag erklärte, der Mann sei zuvor nicht negativ aufgefallen. Beweise legten die Oppositionspolitiker dafür zunächst nicht vor.

Die Anti-Terror-Fahnder der Staatsanwaltschaft hatten am Freitag die Ermittlungen übernommen. Die Entscheidung sei auf Basis der bisherigen Erkenntnisse getroffen worden, so die Staatsanwaltschaft. Es werde sowohl wegen Mordes und versuchten Mordes als auch wegen Terrorverdachts ermittelt.

Polizei chronisch überlastet

Die Pariser Polizei war in den vergangenen Jahren durch mehrere Skandale erschüttert worden. Im Februar wurden zwei Beamte wegen der Vergewaltigung einer Touristin in dem Hauptquartier zu jeweils sieben Jahren Haft verurteilt. Für Schlagzeilen sorgte auch der Fall eines Drogenfahnders, der Kokain gestohlen haben soll.

Der Angriff ereignete sich einen Tag nach einem „Wutmarsch“ Tausender Polizisten für bessere Arbeitsbedingungen in der französischen Hauptstadt. Die Polizei gilt als chronisch überlastet. Seit 2015 machte ihr die Serie islamistischer Anschläge in Frankreich mit mehr als 240 Toten zu schaffen. Seit dem vergangenen Herbst stieg der Druck durch Gewalt am Rande von „Gelbwesten“-Protesten.

Macron kündigt Trauerfeier an

Die Regierung kündigte nun Schritte zur besseren Aufdeckung von Radikalisierung an. Es werde zwei Aufklärungsmissionen geben, sagte der französische Premierminister Edouard Philippe der Zeitung „Le Journal du Dimanche“ am Samstag. Eine betreffe die Polizeipräfektur in der französischen Hauptstadt, die zweite die Geheimdienste, die mit der Terrorbekämpfung betraut seien. Die Aufdeckung interner Bedrohungen habe höchste Priorität, sagte Philippe.

Für Dienstag ist unterdessen eine Gedenkfeier in der Polizeipräfektur mit Präsident Emmanuel Macron geplant. Das berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf den Elysee-Palast. Nähere Details zu der Feier sollen am Montag bekanntgegeben werden.