Der sozialistische Kandidat und portugiesischer Premierminister Antonio Costa
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Portugal

Sozialisten klare Wahlsieger

Die regierende Sozialistische Partei (PS) hat die Parlamentswahl in Portugal klar gewonnen. Nach Auszählung aller Wahlkarten lag die Partei von Ministerpräsident Antonio Costa am Sonntag mit 36,65 Prozent der Stimmen deutlich voran. Die absolute Mehrheit wurde aber verfehlt.

Die PS erreichte damit knapp viereinhalb Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Parlamentswahl vor vier Jahren. Die Zahl der sozialistischen Abgeordneten wird sich damit von bisher 86 auf mindestens 106 erhöhen. „Die PS hat ihre Position in Portugal gestärkt“, rief Costa in seiner Siegesrede in einem Hotel in Lissabon vor Hunderten von Anhängern und Anhängerinnen, die laut jubelten und „Sieg, Sieg, Sieg“ skandierten.

Die stärkste Oppositionskraft, die konservativen Sozialdemokraten (PSD), kam unterdessen auf 27,9 Prozent, sie hat künftig nur noch 77 Sitze nach bisher 89. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen spielen in Portugal anders als in den meisten Ländern Europas keine Rolle.

Sozialisten gewinnen Portugal-Wahl

Die Sozialisten haben die Parlamentswahl in Portugal deutlich gewonnen. Josef Manola analysiert den Wahlsieg.

Das von der Euro-Krise gebeutelte Land hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Wirtschaftsaufschwung erlebt. So wurde es Costa möglich, die Sparpolitik zu lockern, was die Wählerinnen und Wähler nun honorierten. Die erhoffte absolute Mehrheit von 116 der 230 Sitze in der Lissabonner Assembleia da Republica dürften die Sozialisten aber verpasst haben. Costa würde somit in den kommenden vier Jahren weiterhin auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen sein.

Grafik zeigt Wahlergebnis in Portugal
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/RTP

Regierung von Linksparteien gestützt

In der ablaufenden Legislaturperiode war der 58 Jahre alte Jurist ohne formelle Koalitionsbildung vom marxistischen Linksblock (BE) und dem grün-kommunistischen Bündnis CDU unterstützt worden. Vor der Abstimmung habe es aber „keine Kontakte mit anderen Parteien“ über die Bildung der künftigen Regierung gegeben, versicherte Costa am Sonntag vor der Presse.

Der BE kam auf 9,7 Prozent, CDU auf 6,5 Prozent. Costa begrüßte die Konsolidierung der bisherigen Partner und sagte, für die nächsten vier Jahre sei „Stabilität garantiert“. Die letzten vier Parlamentssitze werden nach Auszählung der Stimmen der Briefwähler erst in den nächsten Tagen vergeben. Costa signalisierte, auch mit der Umweltschutzpartei Volk-Tiere-Natur (PAN) sprechen zu wollen. Zur Stimmabgabe waren rund 10,8 Millionen Menschen aufgerufen, nach ersten Zahlen ging aber nur gut die Hälfte der Wahlberechtigten an die Urnen.

Rückenwind durch EU-Wahl

Costa war mit einem historischen Sieg im Rücken ins Rennen gegangen: Die Sozialisten konnten die Europawahl im Mai mit 33,3 Prozent klar für sich entscheiden – damit ist es einer Regierungspartei in Portugal zum ersten Mal seit 20 Jahren gelungen, aus dem EU-Urnengang als Erste hervorzugehen.

Antonio Costa (PS)
Reuters/Rafael Marchante
Seit 2015 ist Costa Premierminister, zuvor war er Bürgermeister von Lissabon

Der Erfolg der PS bei der EU-Wahl war insofern bemerkenswert, als wenige Wochen zuvor das Kabinett Costas gerade noch eine Regierungskrise abwenden konnte. Der PS-Chef drohte nach einem Streit über Lehrergehälter mit dem linken Bündnis mit seinem Rücktritt. Er sprach sich gegen ein kräftiges Gehaltsplus für die Pädagogen aus.

Mitte-rechts-Regierung hielt 2015 nur ein paar Wochen

Die Parlamentswahl im Oktober 2015 hatte noch die PSD gewonnen. Die Mitte-rechts-Minderheitsregierung währte allerdings nur wenige Wochen, die linke Opposition lehnte das neue Programm des Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho in einem Misstrauensvotum ab. Costa übernahm daraufhin das Ruder. Im Vergleich zu ihren europäischen Genossen lief es für die Sozialdemokraten in dem früheren Euro-Krisenstaat in den vergangenen vier Jahren relativ gut.

Wahlplakat der PSD in Lissabon
APA/AFP/Patricia De Melo Moreira
Rui Rio (auf dem Plakat links) übernahm erst in Vorjahr den Chefsessel bei den Konservativen

Nach der schweren Schuldenkrise vor fast zehn Jahren musste Portugal einen strengen Sparkurs einschlagen. Bis 2014 war es ein Programmland der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission und erhielt Kreditzusagen von 78 Milliarden Euro, um eine Pleite abzuwenden. Im Gegenzug musste es sich zu Budgetkonsolidierung und Reformen verpflichten.

Portugal konnte sich mittlerweile wirtschaftlich erholen. 2018 betrug das Budgetdefizit nur noch 0,5 Prozent – der niedrigste Wert seit 45 Jahren. Hinzu kommen starke Wachstumsraten. Als treibende Kraft gilt Finanzminister Mario Centeno, der seit Jänner 2018 auch Euro-Gruppe-Chef ist. Die PS erhöhte unterdessen den Mindestlohn, nahm Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst zurück und machte auch gewisse Steuererhöhungen rückgängig. Die Wirtschaft wuchs auch dank eines Tourismusbooms deutlich über dem EU-Schnitt. Mit 6,7 Prozent erreichte die Arbeitslosenrate jüngst den niedrigsten Stand seit 2002.

Auswanderung größeres Thema als Einwanderung

Im Wahlkampf waren Wirtschafts- und Sozialthemen die dominierenden Themen – aber auch der Klimawandel spielte wie in den meisten anderen EU-Ländern eine Rolle. Migration sei hingegen kaum Gegenstand der öffentlichen Debatte – und wenn dann mehr Emigration als Immigration, erklärte der Politologe Andre Freire von der Universität Lissabon, der sich anlässlich eines Seminars des journalistischen Weiterbildungsinstituts forum journalismus und medien (fjum) in Wien aufhielt. Rund 1,5 Millionen Portugiesen leben im Ausland. Gerade in den Krisenjahren waren viele ausgewandert, nicht nur in andere europäische Länder, sondern auch in ehemalige portugiesische Kolonien wie Angola.

Schieder gratulierte PS

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder gratulierte den portugiesischen Sozialisten am Sonntag „zu diesem tollen Ergebnis“. In einer Aussendung zeigte sich Schieder erfreut: „Heute hat Portugal entschieden, dass die linken Antworten auf die kaputtgesparte Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit erfolgreich waren. In Portugal herrscht dank der Linksallianz von Ministerpräsident Costa wieder Aufbruchsstimmung. Nach den Jahren der Krise sprechen viele zu Recht vom portugiesischen Wunder.“