Feuerwehrleute in Bolivien
Reuters/Edgard Garrido
Bolivien

Regenfälle dämmen Amazonas-Brände ein

Die Brände am Amazonas haben in den vergangenen zwei Monaten riesige Waldflächen vernichtet – nun brachten starke Regenfälle zumindest im bolivianischen Amazonas-Gebiet eine erste Erleichterung. Einen Grund zur Entwarnung sehen Experten und Expertinnen jedoch nicht.

Durch die Buschbrände in Bolivien brannte bereits eine Fläche ab, die mehr als halb so groß wie Österreich ist. Dank der Regenfälle sei es dem bolivianischen Militär jedoch gelungen, die Brände in der Region Chiquitania im Osten des Landes einzudämmen, wie der „Guardian“ am Dienstag unter Berufung auf lokale Behörden berichtete.

„Auf Satellitenbildern sind keine Brände mehr zu erkennen“, sagte Cinthia Asin, Umweltministerin der am stärksten betroffenen Region Santa Cruz. Auch der nationale Wetterdienst teilte der Nachrichtenagentur Reuters mit, dass in Chiquitania am Montag keine aktiven oder reaktivierten Brände mehr registriert wurden.

Feuerwehrleute in Bolivien
AP/Juan Karita
Vor allem in den Amazonas-Regionen Brasiliens und Boliviens kam es zu starken Waldbränden

Brände könnten bald wieder zurückkehren

Experten und Expertinnen des Wetterdienstes warnten aber, dass in nächster Zeit in der Region hohe Temperaturen und eine starke Sonneneinstrahlung erwartet werden – was wieder zu einer Erhöhung der Waldbrandgefahr führen könnte.

Doch nicht nur das könnte zum Verhängnis werden, wie Harald Vacik vom Institut für Waldbau an der Boku kürzlich der APA schilderte. Da die durch den Regenwald hervorgerufenen Verdunstungseffekte ein wichtiger Treiber für Regen sind, könnten Niederschläge durch die bereits verlorenen Flächen weiter zurückgehen. Das wiederum könnte Dürren und damit Brände zusätzlich begünstigen, so der Experte.

Regen als einzige Rettung

Verschlimmert werde die Lage zusätzlich durch die Klimakrise, die etwa zu längeren und früheren Trockenperioden führe und die Anzahl an potenziell brandauslösenden Blitzschlägen erhöhe, so Vacik, der bei diesen Dynamiken von einem „Teufelskreis“ spricht. Dass der Regenwald sich irgendwann wieder erholt und aussieht wie vor den Bränden, ist Vacik zufolge prinzipiell möglich, würde aber Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Er merkte jedoch an, dass eine Rückverwandlung meistens nicht gerade von erhöhtem Interesse sei. Schließlich seien durch Brandrodung erschlossene Böden extrem fruchtbar und damit bei Sojabauern und Viehzüchtern begehrt.

Und: Sind Großbrände erst einmal im Gange, dann kann der Mensch nur noch wenig zur Löschung beitragen. „Der Mensch ist in seinem Wirken nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Lediglich ein paar Tage Regen könnten echte Milderung bringen“, so der Forstexperte. Dabei würden nämlich Wassermassen freigesetzt, die mit Löschmitteln nicht aufgebracht werden können.

140.000 Brände in Brasilien

Wie in Bolivien ist auch im benachbarten Brasilien die Zahl der Brände nicht zuletzt aufgrund der besseren Wetterbedingungen zurückgegangen. Zudem ergriff auch das brasilianische Militär Maßnahmen zur Eindämmung der Brände. Seit Anfang des Jahres wurden im größten Tropenwald der Welt über 140.000 Brände registriert, rund 53 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor.

Umweltschützer werfen dem ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro vor, Landwirte, Holzfäller und Goldsucher mit seiner Rhetorik zur Brandstiftung zu ermutigen und die Zerstörung des Regenwalds stillschweigend zu tolerieren. Seit Bolsonaro Präsident ist (1. Jänner), seien laut einem Bericht der BBC fast um ein Drittel weniger Strafen verhängt worden als im Vergleichszeitraum des letzten Jahres. Brandstiftung beziehungsweise illegale Brandrodungen gelten als Hauptursache für die Brände.

Soldat fällt einen Baum bei Novo Progresso in Brasilien
AP/Leo Correa
Auch in Brasilien konnte die Zahl der Brände zuletzt gesenkt werden

Massenprotest in Bolivien

Doch kritische Stimmen richteten sich auch gegen Boliviens Präsident Evo Morales. Ihm wird, wie bereits Bolsonaro, eine zögerliche Haltung bei der Bekämpfung der Brände vorgeworfen. Morales weigert sich, wegen der Flächenbrände den Katastrophenzustand auszurufen und so den Weg für internationale Unterstützung bei der Bekämpfung des Feuers zu ebnen. Der sozialistische Präsident argumentiert, das würde die Möglichkeit ausländischer Einmischung in eine innere Angelegenheit eröffnen.

Umweltschützer geben der bolivianischen Regierung auch die Schuld an den Waldbränden. Per Gesetz hatte die Regierung das Abbrennen von Wald- und Weideflächen für landwirtschaftliche Zwecke gefördert. Kürzlich gestattete sie Landwirten, 20 Hektar statt der üblichen fünf Hektar Wald abzubrennen. Beobachter gehen davon aus, dass das zu Tausenden Waldbränden geführt hat. Die Regierung führt die anhaltenden Brände hingegen auf das trockene Wetter und Winde zurück.

Hunderttausende gingen aus diesem Grund am Freitag in Santa Cruz auf die Straßen und forderten, Morales bei der Wahl am 20. Oktober abzustrafen. Die Veranstalter sprachen von bis zu 1,5 Millionen Teilnehmern. Die Behörden nannten keine Zahlen. Ein Lokalreporter ging von etwa 350.000 Demonstrierenden aus. An dem Protestzug nahmen auch indigene Gruppen teil, die im Amazonas-Gebiet leben.