Sondierungsgespräch zwischen Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ)
Reuters/Leonhard Foeger
Sondierungen

Hofer sprach mit Kurz über Sicherheit

Der von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragte ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat am Dienstag die ersten Sondierungsgespräche mit potenziellen Koalitionspartnern geführt. Den Auftakt machte SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner, die bei Kurz ihre Positionen deponierte, aber nicht ins Detail ging. FPÖ-Chef Norbert Hofer führte mit Kurz ein „sehr gutes Gespräch“.

„Wir waren uns darüber einig, dass es für die neue Regierung einige Herausforderungen zu meistern gibt“, sagte Hofer und sprach damit die „sich eintrübende Konjunktur“ und „das Thema Sicherheit“ an. Wirtschaftliche Auswirkungen durch den Brexit und Konflikte in Syrien und in der Türkei seien ebenfalls Themen gewesen, die er mit Kurz besprochen habe

Es seien „zwei wichtige Themen, mit denen sich eine neue Regierung auseinandersetzen wird müssen“, so Hofer. Ob Kurz ihn entgegen der Ankündigungen der FPÖ zu einer Regierungsbeteiligung überreden konnte, beantwortete Hofer nicht. „Wir haben über den weiteren Weg gesprochen“, sagte er lediglich.

Hofer muss „einige Dinge in Ordnung bringen“

Er müsse in seiner eigenen Partei „einige Dinge in Ordnung bringen“, das sei sein Auftrag als Obmann, so Hofer. Im Dezember werde es auf jeden Fall eine große Klausur geben, für die er einen „Neustart für die FPÖ“ versprach.

Zum wiederholten Mal merkte er an, dass er das Wahlergebnis nicht als Regierungsauftrag sehe. Sollte eine Regierungsbildung jedoch scheitern, werde er „den Bundesparteivorstand der FPÖ einberufen, um die Situation neu zu bewerten“. Er rechne allerdings damit, dass andere Parteien zuerst zu weiteren Gesprächen eingeladen werden, sagte Hofer. Sollte es unmöglich sein, eine Regierung zu bilden, rechne er mit einer Kontaktaufnahme, so Hofer.

„Christkind wird noch keine neue Regierung bringen“

Weitere Gesprächstermine mit Kurz wurden nicht vereinbart. Ob es eine schwarz-grüne Regierung geben werde, sei „schwer zu sagen“, sagte Hofer. Immerhin gebe es inhaltlich teils gravierende Unterschiede. Alles Weitere werde „die Zukunft weisen“, so Hofer, der offenbar auch länger dauernde Koalitionsverhandlungen vermutet: „Ich glaube, dass das Christkind noch keine neue Regierung bringen wird."

Rendi-Wagner: „Freundlicher Austausch“

Bereits am Dienstagvormittag traf Kurz SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. Es sei ein „freundlicher Austausch“ gewesen, inhaltlich habe man „sehr an der Oberfläche die wichtigsten Themenbereiche besprochen“, sagte Rendi-Wagner. Man habe noch keine Details behandelt, auch auf etwaige rote Linien habe man sich in dem „Erstgespräch“ noch nicht festgelegt. Ob es weitere Gespräche geben wird, hänge jetzt von der ÖVP ab, so Rendi-Wagner. „Der Ball liegt nun bei der ÖVP.“

ÖVP-Chef Sebastian Kurz und SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
APA/Helmut Fohringer
ÖVP-Chef Kurz und SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner vor ihrem Gespräch

Rendi-Wagner bezog sich nach dem Vieraugengespräch auch auf Bundespräsident Van der Bellen, mit dem sie darin übereinstimme, dass jetzt die „Zeit des Findens von gemeinsamen Lösungen“ beginne. Ihre Positionen habe sie in dem Gespräch mit Kurz klar dargelegt, inhaltlich gelte natürlich, was auch vor der Wahl gesagt wurde, so Rendi-Wagner.

Rendi-Wagners wichtigste Punkte

Die Lösungen für die Zukunft brauchten teilweise auch Veränderungen, so die SPÖ-Chefin und nannte „faire Arbeitswelten, faire Arbeitsverhältnisse“ und eine „Reparatur des Zwölfstundentags“ als wichtige Punkte. Steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer müsse es geben – „und zwar rasch und nicht irgendwann“.

Es brauche weiters ein Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft, sagte Rendi-Wagner. Wichtig seien ihr die Bekämpfung der Armut, eine Bildungs-, Gesundheits- und Pflegereform. Außerdem brauche es ein klares Bekenntnis zur Bekämpfung der Klimakrise und eine Klimaschutzoffensive, sagte sie. Als Bedingungen für Koalitionsgespräche nannte die SPÖ-Vorsitzende diese Forderungen aber nicht. Es seien aber sehr wohl „Themen, die müssen für eine künftige Bundesregierung ganz oben auf der Agenda stehen“.

SPÖ steht für „Scheingespräche nicht zur Verfügung“

Weitere Termine wurden vorerst nicht ausgemacht, teilte Rendi-Wagner nach dem etwa eineinhalbstündigen Gespräch mit Kurz mit. „Ich warte auf die nächsten Schritte, ob Folgeeinladungen kommen“, so Rendi-Wagner: Ein professioneller Dialog sei jetzt besonders wichtig.

Ob sich die SPÖ am Ende eher in der Koalition oder in der Opposition befinden wird, hänge davon ab, „wie man uns jetzt begegnet“, sagte die Sozialdemokratin. Wofür die SPÖ auf jeden Fall „niemals zur Verfügung stehen wird, sind Scheingespräche“, sagte Rendi-Wagner.

Kurz: „Land in gute Zukunft führen“

Im Vorfeld der Gespräche nannte Kurz drei Ziele, mit denen er in die Sondierungsgespräche gehen werde: Er wolle dafür sorgen, dass die politische Kultur nach dem teilweise „sehr schmutzigen Wahlkampf“ wieder eine bessere werde. Außerdem will Kurz über eine mögliche parteiübergreifende Zusammenarbeit im Parlament sprechen. „Zum Dritten ist das große Ziel dieser Gespräche natürlich, eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden.“

„Wir loten mit allen die Möglichkeiten zu einer Zusammenarbeit aus“, so Kurz erneut in Richtung der anderen Parteien. Ihm gehe es darum, „das Land in eine gute Zukunft zu führen“, so Kurz. Mit drei der vier Fraktionen könnte Kurz eine Zweierkoalition bilden. Nur mit NEOS hat Kurz keine einfache Mehrheit im Nationalrat.

Grafik zu den Koalitionsvarianten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Van der Bellen mahnt zu Klimaschutz

Am Montagvormittag hatte Van der Bellen Kurz den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Van der Bellen betonte dabei, dass er sich unabhängig von Parteifarben in der Regierung „ein Rot-Weiß-Rot in der Regierung“ wünsche. „Mir ist nicht so wichtig, wer mit wem regiert. Mir ist wichtig, wer wofür regiert“, sagte Van der Bellen. Wie schon vergangene Woche sagte er, dass der Klimaschutz in den kommenden Jahren oberste Priorität bekommen müsse, nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt. Außerdem sei ihm die Unabhängigkeit der Justiz ein besonderes Anliegen. Darauf werde er, Van der Bellen, ein Auge werfen.

Kurz’ Prioritätenliste war eine andere als die von Van der Bellen. Größte Herausforderung, die unmittelbar bevorstehe, sei die Frage, wie man mit dem „drohenden Wirtschaftsabschwung“ umgehe. Außerdem will er den „Weg der Steuerentlastung fortsetzen“. Drittens müsse der „entschlossene Weg im Kampf gegen illegale Migration in Österreich und Europa“ weitergehen. Erst als vierten Punkt nannte Kurz jenen Bereich, den Van der Bellen als die größte Herausforderung bezeichnet hatte: den Kampf gegen die Erderwärmung.