Apple-Shop in Schanghai
Reuters/Aly Song
Hongkong-Proteste

China feuert gegen Apple

Im Zuge der Proteste in Hongkong verschärft China nun seinen Kurs gegen US-Unternehmen. Vor allem Apple steht in der Kritik. Peking sieht den iPhone-Hersteller als möglichen „Komplizen“ der Bewegung in Hongkong, wie es in einem Staatsmedium heißt. Auch andere Unternehmen werden von China mit Sanktionen belegt – für die Konzerne ist der Umgang mit den Protesten ein Drahtseilakt, denn das Geschäft in China ist enorm.

In der „People’s Daily“, der offiziellen Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), wird in erster Linie eine App kritisiert, mit der Polizeibewegungen innerhalb Hongkongs angezeigt werden können. Die App HKmap.live wurde am 4. Oktober in Apples App Store genehmigt, schreibt der britische „Guardian“, nachdem sie zuerst abgewiesen wurde. Userinnen und User können mit der App Orte posten, an denen es zu Vorfällen mit der Polizei kommt.

Das sei jedoch nur „die Spitze des Eisberges“. Auch an einem Lied in Apples Streamingdienst stößt sich das Blatt: „Glory to Hong Kong“, die inoffizelle „Hymne“ der Protestbewegung, sei über das Musikangebot des US-Konzerns abrufbar. „Hilft Apple Aufständischen in Hongkong, mehr Gewalt anzuwenden?“, titelte die Zeitung am Mittwoch. „Als Unternehmen mit internationalem Einfluss genießt Apple seit jeher einen hohen Ruf“, und als solches sollte es „auch soziale Verantwortung“ übernehmen.

„Apple muss über Folgen nachdenken“

„Niemand will Apple in die anhaltenden Unruhen in Hongkong hineinziehen. Aber man hat Grund zur Annahme, dass Apple Geschäft mit Politik und sogar illegalen Handlungen vermischt. Apple muss über die Folgen seiner unklugen und rücksichtslosen Entscheidung nachdenken“, heißt es in dem Kommentar weiter.

Apples iPhone spielt auch in einer anderen Funktion eine Rolle bei den Protesten in Hongkong: Mittels der AirDrop-Funktion, die das unkomplizierte Teilen von Inhalten erlaubt, ohne dafür das Internet zu verwenden, wird bei der Organisation der Proteste mitgeholfen. Denn so können etwa Pläne, Standortdaten und Fotos ohne polizeiliche Kontrolle – und auch vorbei an Chinas „Großer Firewall“ – verbreitet werden.

Taiwan-Flaggen-Emoji entfernt

Tatsächlich ist Apple in einigen Fragen auf Linie des Festlandes – wohl nicht zuletzt, weil der Markt riesig ist. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Apple ein Emoji mit der Fahne von Taiwan für Benutzerinnen und Benutzer in Hongkong und Macao, also beiden Sonderverwaltungszonen Chinas, entfernt hat. Offiziell dokumentiert ist diese Änderung nicht, Kommentar von Apple gibt es bisher keinen. Wie Quartz schreibt, wird die Taiwan-Fahne auf iPhones auf dem Festland schon seit 2017 blockiert.

Damit reiht sich Apple in die Reihe von Tech-Giganten ein, die sich den strengen Vorschriften der Volksrepublik anpassen. Google soll immer noch an Dragonfly, einer Suchmaschine für den chinesischen Markt, arbeiten, so Quartz, während Microsoft Suchergebnisse in seiner Suchmaschine Bing zensiert.

Auch NBA unter Druck

Wie wichtig das Geschäft für manche US-Unternehmen in China ist, zeigen hastige Reaktionen in den vergangen Tagen, etwa jene der nordamerikanischen Basketballliga NBA. Der Sportdirektor der Houston Rockets, Daryl Morey, drückte in einem Tweet Unterstützung für die Proteste in Hongkong aus – woraufhin sich die NBA dafür entschuldigte: Die Ansichten von Morey hätten „viele unserer Freunde und Fans in China beleidigt, was bedauerlich ist“, hieß es. Ein im chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo veröffentlichtes Statement wurde gar so übersetzt, dass von „extremer Enttäuschung“ über die „unpassende“ Äußerung die Rede ist. Dennoch: Commissioner Adam Silver sagte, dass die Liga Meinungsfreiheit unterstütze.

Chinesische Unternehmen reagierten daraufhin umgehend: Fernsehübertragungen der Spiele aus der Vorsaison wurden kurzfristig abgesagt, auch ein Auftritt der Brooklyn Nets in Schanghai wurde gestrichen. Auch ein Sportartikelhersteller wird die NBA künftig nicht mehr ausstatten. Der mögliche Verlust für die NBA ist enorm: Bloomberg schreibt, dass der Fernsehrechteinhaber Tencent vermutlich 1,5 Milliarden US-Dollar (rund 1,37 Mrd. Euro) für einen Fünfjahresdeal mit der NBA bezahlt hat. Das Staatsmedium „Global Times“ kommentierte auf Twitter: „Meinungsfreiheit ist nie ohne ihren Preis.“

„South Park“ verbannt

Auch in der Unterhaltungsbranche reagiert Peking harsch, wie etwa zuletzt bei der Zeichentrickserie „South Park“. Eine Folge, in der auf die Politik Chinas und ihre Einstellung zur Redefreiheit Bezug genommen wurde, führte dazu, dass alle Folgen, Clips und Inhalte in Zusammenhang mit der US-Animationsserie von Streamingplattformen und aus Sozialen Netzwerken gelöscht wurden. Die Macher der Serie reagierten in einem Tweet gewohnt spitzzüngig: „Wie die NBA begrüßen wir die chinesische Zensur in unseren Häusern und in unseren Herzen. Auch wir lieben Geld mehr als Freiheit und Demokratie.“

Heftige Reaktionen im Westen

Dass Unternehmen darum bemüht sind, ihr Geschäft in China zu sichern, führt unterdessen zu teils heftigen Reaktionen im Westen. So schloss Spieleentwickler Blizzard einen Profi-„Hearthstone“-Spieler aus seinem Bewerb aus, nachdem dieser seine Unterstützung für die Proteste in Hongkong in einem Livestream zum Ausdruck gebracht hatte. Auch sein Preisgeld wurde vom Hersteller gestrichen.

Spielerinnen und Spieler im Westen reagierten empört: So wurde aus Protest etwa ein Forum der Diskussionsplattform Reddit geschlossen, zahlreiche Menschen riefen zu einem Boykott der Produkte auf. Eine Aktion könnte jedoch weitere Folgen nach sich ziehen: So wird momentan eine der Figuren in einem anderen Blizzard-Spiel von Usern zum Symbol der Proteste in Hongkong umfunktioniert. Da „Overwatch“ auch in China sehr populär ist, könnte das den US-Hersteller vor größere Probleme stellen.

Hongkong schließt Eingreifen Chinas nicht mehr aus

Die seit Monaten dauernden Proteste gegen die wachsende Einflussnahme der Regierung in Peking und die Beschneidung der Bürgerrechte halten unterdessen an. Erst am Dienstag schloss Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam nicht mehr aus, Hilfe aus Festland-China zu akzeptieren. Sie sei noch immer der Ansicht, „dass wir die Lösung selbst finden sollten“, sagte Lam vor Journalisten und Journalistinnen. Das sei auch die Ansicht der Zentralregierung in Peking: „Doch wenn die Situation schlimmer wird, kann keine Option ausgeschlossen werden, wenn wir Hongkong wenigstens eine weitere Chance geben wollen.“