Polizei in Halle
AP/Jens Meyer
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Schwerbewaffnete töten zwei Menschen in Halle

Bei Schüssen in Halle an der Saale im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt sind mindestens zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. Ziel des Angriffs war laut Medienberichten eine voll besetzte Synagoge. Eine Person wurde verhaftet – in und um Halle läuft eine Großfahndung nach möglichen weiteren offenbar schwer bewaffneten Tätern. Die Polizei forderte die Menschen auf, in ihren Wohnungen zu bleiben oder sichere Orte aufzusuchen.

Die Schüsse fielen laut Medienberichten im Paulusviertel nahe einer Synagoge. Außerdem sei nach Angaben der „Bild“-Zeitung eine Handgranate auf einen jüdischen Friedhof geworfen worden. Das jüdische Gotteshaus war zum Tatzeitpunkt mit 70 bis 80 Personen voll besetzt. Das sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorotzki, laut „Spiegel“. Die Sicherungsvorkehrungen am Eingang hätten „dem Angriff standgehalten“, zitierte der „Spiegel“ Privorotzki weiter. Die Tat fällt auf den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur.

Die genauen Hintergründe sind laut Polizei noch unklar. Laut einer Sprecherin der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gibt es mittlerweile aber ausreichend Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund. Bereits zuvor wurde die Übernahme der Ermittlungen durch die Karlsruher Behörde bekanntgegeben. Dieser Schritt sei wegen der „besonderen Bedeutung des Falls“ erfolgt, sagte ein Sprecher laut AFP. Es gehe hier um „die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betreffende Gewaltdelikte“.

Polizeiaufgebot in einem Park nahe dem Tatort
Reuters/Marvin Gaul
Die Polizei ist „mit starken Kräften in und um Halle präsent“

Laufender Großeinsatz in und um Halle

Nach Angaben der Polizei wurden ein Mann in einem Imbiss und eine Frau auf offener Straße erschossen. Dazu kommen mehrere Verletzte. In das Uniklinikum Halle wurden laut einem Sprecher zwei Personen mit Schussverletzungen eingeliefert. In der Notaufnahme sei das Personal aufgestockt worden.

Die Polizei wurde laut der Sprecherin kurz nach 12.00 Uhr alarmiert. Eine Person wurde festgenommen. Die Polizei forderte die Bevölkerung via Twitter gleichzeitig weiterhin auf, wachsam zu bleiben. Man sei „mit starken Kräften in und um #Halle präsent“ und stabilisiere die Lage, „bis alle Informationen gesichert vorliegen“. Nach Angaben der Deutschen Bahn auf Twitter ist derzeit auch der Hauptbahnhof von Halle wegen „polizeilicher Ermittlungen“ gesperrt. Dazu kämen verstärkte Kontrollen auf Bahnhöfen und Flughäfen in Mitteldeutschland, wie die deutsche Bundespolizei via Twitter mitteilte.

Vom Oberbürgermeister der Stadt, Bernd Wiegand, wurde nach Angaben aus dem Rathaus „im Zusammenhang mit einer Amoklage“ der Stab für außergewöhnliche Ereignisse einberufen. Alle Rettungskräfte der Feuerwehr seien in Alarmbereitschaft versetzt worden.

Gefahrenmeldung für nahe gelegenes Landsberg

Im Fokus der Großfahndung steht unterdessen auch der an Halle angrenzende Landkreis Landsberg. So wie für Halle gilt auch dort eine von der Polizei herausgegebene Gefahrenmeldung. Die Anrainer seien gebeten worden, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen. Die „Bild“-Zeitung und der TV-Sender MDR Sachsen-Anhalt berichteten zudem von einem Schusswechsel in der zu Landsberg gehörenden Ortschaft Wiedersdorf. „Nach noch unbestätigten Berichten haben sich dort die Täter verschanzt“, berichtete der MDR.

Polizeiaufgebot in Landsberg/Wiedersdorf, nahe Halle
Reuters/Marvin Gaul
Einsatzkräfte im nahe Halle gelegenen Wiedersdorf

Berichtet wird zudem von einem laufenden Polizeieinsatz in der rund 15 Kilometer von Halle entfernten Ortschaft Landsberg und auf einer Schnellstraßen- bzw. Autobahnbaustelle. Einem unbestätigten „Bild“-Bericht zufolge sei es dort zu einer weiteren Festnahme gekommen.

Wie ein Augenzeuge gegenüber dem TV-Sender n-tv sagte, habe ein Mann mit einem Sturmgewehr in ein Dönerrestaurant geschossen. Der MDR verwies indes auf einen weiteren Augenzeugen, laut dem ein Täter versucht habe, auf den jüdischen Friedhof einzudringen. So wie in anderen deutschen Medien ist auch beim MDR von mehreren Tätern die Rede. Auch nach der von der Polizei gemeldeten Festnahme seien „weitere“ Täter „in Kampfkleidung und mit Maschinengewehren“ auf der Flucht.

Erste Bilder von mutmaßlichen Tätern

Deutsche Medien veröffentlichten indes Bild- und Videoaufnahmen mit dem bzw. den mutmaßlichen Tätern. Die „Mitteldeutsche Zeitung“ zeigte ein Foto, auf dem ein dunkel gekleideter Mann mit Helm und Stiefeln zu sehen ist, der ein Gewehr im Anschlag hat. Der MDR Sachsen-Anhalt zeigte ein Video, auf dem ein mit Kampfausrüstung und Helm bekleideter Mann aus einem Auto aussteigt und mehrfach eine Waffe abfeuert.

„Schreckliche Nachrichten“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach in einer ersten Reaktion von einer „verabscheuenswürdigen Tat“. Dadurch seien nicht nur Menschen zu Tode gekommen, die Tat sei „auch ein feiger Anschlag auf das friedliche Zusammenleben in unserem Land“. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.

Auch die deutsche Regierung zeigte sich bestürzt. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von „schrecklichen Nachrichten“. Dass es zwei Tote gebe, sei „entsetzlich“. Er hoffe sehr, „dass die Polizei den Täter oder die Täter möglichst schnell fassen kann und kein weiterer Mensch in Gefahr kommt“. Es sei nun ganz wichtig, dass die Bevölkerung den Anweisungen der Polizei Folge leiste.

Seibert betonte, dass er noch keine Informationen zu den möglichen Hintergründe hat. Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums äußerte sich ähnlich: Zur Motivlage seien „derzeit keine seriösen Angaben“ möglich.

Schweigeminute im EU-Parlament

„Wie sprechen den Familien der Opfer unser tiefstes Mitgefühl aus“, sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sossoli. Die Abgeordneten legten zudem eine Schweigeminute ein. Es seien „entsetzliche Nachrichten über zwei Tote und einen Angriff auf eine Synagoge in Halle – heute an #JomKippur“, teilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen über Twitter mit.

Verschärfte Schutzmaßnahmen vor Synagogen

Nach Angaben der Polizeidirektion Magdeburg werden derzeit alle jüdischen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt von Polizeikräften aufgesucht. Die Personen werden gebeten, die Räume zu verlassen, wie eine Polizeisprecherin laut MDR mitteilte. Bereits zuvor wurde von verschärften Sicherheitsvorkehrungen vor den Synagogen im benachbarten Leipzig und in Dresden berichtet. Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen gibt es auch vor jüdischen Einrichtungen in Wien.