ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler
APA/Helmut Fohringer
Gespräch mit Kurz

Kogler will „ernsthafte Sondierungen“

ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hat am Mittwoch mit Grünen-Chef Werner Kogler den letzten seiner Gäste zu einem Sondierungsgespräch empfangen. Kogler sprach sich nach dem rund zweistündigen Gespräch für „vertiefende Sondierungen“ aus. Über Inhalte habe man noch nicht gesprochen, so der Grünen-Chef.

„Wir werden uns jetzt weiter vorbereiten auf ernsthafte Sondierungen. Ich gehe davon aus, dass der Ex-Kanzler in den nächsten Wochen einen bestimmten Sondierungsfahrplan vorlegen wird“, sagte Kogler nach seiner Unterredung mit Kurz.

Kogler verwies auch auf die nun anstehenden innerparteilichen Beratungen bei den Grünen. Anfang kommender Woche werde er bei einer Pressekonferenz Details bekanntgeben. Zum Gespräch mit Kurz sagte Kogler, er habe mitgenommen, „dass wir in echte Gespräche einsteigen wollen und werden“. Es werde notwendig sein, sich die wichtigsten Kapitel vorzunehmen und eine „Agenda fürs Sondieren vorzunehmen“. Die Grünen werden daher damit beginnen, ein „Sondierungsteam“ zusammenstellen.

Sinn von Koalitionsverhandlungen abklären

Er fühle sich den Grün-Wählern verpflichtet, sagte Kogler. Es gelte, die Fragen, die den Grünen wichtig seien, wie Umweltpolitik, Klima- und Naturschutzfragen, aber auch Fragen der Wirtschaft in diese Sondierungen einzubringen. Es gehe darum, festzustellen, „ob das dann einen Sinn hat, in echte Regierungsverhandlungen einzutreten“. Angesichts des Stimmenzuwachses der Grünen von rund zehn Prozentpunkten sei es „völlig logisch“, dass sich die Partei auf vertiefende Sondierungsgespräche vorbereite. Und auch, dass man das gemeinsam mit der ÖVP tue, verwies Kogler auch auf die starken Zugewinne der Volkspartei.

ÖVP-Sondierungsgespräche mit Grünen und NEOS

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat am Mittwoch die Spitzenkandidaten der NEOS und der Grünen zu ersten Sondierungsgesprächen nach der Wahl getroffen.

Wichtig bei diesen von ihm gewünschten Sondierungsgesprächen sei, dass man den Wählern und der Öffentlichkeit nach einer gewissen Zeit sagen könne: „Ja, es hat einen Sinn, dass wir in diese Verhandlungen (die echten Koalitionsverhandlungen, Anm.) eintreten. Das ist das Ziel der nächsten Zeit.“ Wie lange die Sondierungsgespräche gehen könnten, darauf wollte sich Kogler nicht festlegen. Die Hoheit über den weiteren Fahrplan liege jedenfalls beim ÖVP-Chef, sagte er.

Noch keine Inhalte besprochen

Einen Exklusivanspruch auf Sondierungen forderte Kogler nicht ein. Er wolle da nicht überheblich sein, meinte er. „Es ist ein begrifflicher Unterschied: Wenn es jemals zu Verhandlungen käme, würden wir uns überlegen, welchen Exklusivitätsanspruch das hat.“ Inhalte habe man noch keine besprochen, sagte Kogler. Es sei um die Atmosphäre gegangen und darum, „wie wir die Situation sehen nach der Wahl“. Und auch darum, wie man nach dem Wahlkampf wieder versucht, ernsthaft miteinander zu reden.

Es gehe jetzt einmal um eine „Erkundung“, ob Koalitionsverhandlungen überhaupt möglich sind, weniger um eine „kompetente Tiefbohrung“, hatte Kogler schon vor dem Gespräch gesagt.

Offen ist jetzt, wann der ÖVP-Chef, der sich nach dem Gespräch nicht äußerte, die weiteren Schritte skizzieren wird. Als nächster Schritt wird eine Stellungnahme von Kurz zum weiteren Vorgehen erwartet – voraussichtlich am Donnerstag. Am Mittwochvormittag hatte Kurz bei seinem Eintreffen im Winterpalais angekündigt, er werde nach Abschluss der vier Gespräche die Öffentlichkeit über seine Eindrücke „etwas detaillierter informieren“.

Meinl-Reisinger: „Rote Linien definiert“

Wie auch schon SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Obmann Norbert Hofer am Dienstag legte am Mittwoch neben Kogler auch NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger ihre Vorstellungen vor. Sie erklärte nach ihrem Treffen mit Kurz, sie habe bei dem Gespräch „rote Linien“ definiert, etwa dass die NEOS nicht in einer Regierung mitarbeiten würden, die grundsätzliche Menschenrechtsfragen infrage stellt.

Auch habe sie einmal mehr die vier Koalitionsbedingungen dargelegt, sagte Meinl-Reisinger. Das beinhalte die Forderung nach Transparenz und sauberer Politik, mehr Maßnahmen im Bildungsbereich, einer Entlastung von Arbeitnehmern und Wirtschaft sowie einem Klima- und Umweltpakt. Auf die Frage, ob nach dem knapp zweistündigen Treffen mit Kurz ihre Lust auf eine Koalitionsbeteiligung gestiegen sei, sagte Meinl-Reisinger, das sei „keine Frage der Lust.“ „Wäre es eine Frage der Lust, würde das Ganze ganz anders ablaufen“, scherzte sie.

Grafik zu den Koalitionsvarianten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Kein Einlassen auf Spekulationen

Auf allfällige Koalitionsspekulationen wollte sich keiner der Gesprächspartner einlassen. Der Ball liege jetzt bei Kurz, meinten sowohl Rendi-Wagner wie auch Meinl-Reisinger nach ihren Gesprächen. Die SPÖ-Chefin hatte am Vortag von einem „freundlichen Austausch“ berichtet, inhaltlich habe man „sehr an der Oberfläche die wichtigsten Themenbereiche besprochen“. Ob sich die SPÖ am Ende eher in der Koalition oder in der Opposition befinden wird, hänge davon ab, „wie man uns jetzt begegnet“. Auf keinen Fall würde die SPÖ für „Scheingespräche“ zur Verfügung stehen, betonte Rendi-Wagner.

„Einige Herausforderungen zu meistern“

Recht vage war auch FPÖ-Chef Hofer nach seinem Treffen mit Kurz geblieben. Man sei sich darüber einig gewesen, dass es für die neue Regierung „einige Herausforderungen zu meistern gibt“. Besprochen habe er mit Kurz „die sich eintrübende Konjunktur“ und „das Thema Sicherheit“, verriet er lediglich. Ob Kurz ihn entgegen der Ankündigungen der FPÖ zu einer Regierungsbeteiligung überreden konnte, beantwortete Hofer nicht.

„Wir haben über den weiteren Weg gesprochen“, sagte er dazu. Und er merkte zum wiederholten Mal an, dass er das Wahlergebnis nicht als Regierungsauftrag sehe. Sollte eine Regierungsbildung jedoch scheitern, werde er „den Bundesparteivorstand der FPÖ einberufen, um die Situation neu zu bewerten“. Er rechne allerdings damit, dass andere Parteien zuerst zu weiteren Gesprächen eingeladen werden, sagte Hofer.

Grüne gelten als erster Ansprechpartner

Als erster Ansprechpartner für eine Regierungsbildung unter Kurz gelten unter Beobachtern derzeit die Grünen. Neben der Variante mit der Ökopartei hätte eine ÖVP-geführte Zweierkoalition auch mit der SPÖ oder der FPÖ eine stabile Mehrheit im Nationalrat. NEOS kommt für eine Zweierkoalition nicht infrage, da sie gemeinsam mit der ÖVP keine Mehrheit im Nationalrat haben. Möglich wäre nur, dass NEOS als ergänzender Partner in einer Dreierkoalition fungiert.