Rumäniens Regierung per Misstrauensvotum abgewählt

Rumäniens sozialdemokratische Regierung unter Ministerpräsidentin Viorica Dancila ist gestern vom Parlament abgewählt worden. Sechs Oppositionsparteien hatten einen Misstrauensantrag eingebracht.

Abgeordete im rumänischen Parlament
APA/AFP/Daniel Mihailescu

Eklatante Inkompetenz, Dauerangriffe auf Justizsystem

Für den Abgang des seit Ende August in der Minderheit regierenden Kabinetts in Rumänien stimmten Parlamentarier aller politischen Couleurs – einschließlich mehrerer Abgeordneter der Regierungspartei PSD. Die Opposition warf der 55-jährigen Regierungschefin Dancila und ihren Ministern eklatante Inkompetenz, Dauerangriffe auf das Justizsystem und den Rechtsstaat sowie ein ausuferndes Defizit vor.

RUmänische Premierministerin Viorica Dancila
APA/AFP/Daniel Mihailescu

Auch habe Dancila öffentliches Geld versiegen lassen, investorenfeindliche Eilerlässe und Gesetze durchgebracht, vehement Auslandsrumänen am Wählen gehindert und „nationalistisch-chauvinistische“ Hetze ihrer Partei gegen ethnische Minderheiten geduldet. Federführung beim Misstrauensantrag hatte die bürgerliche Nationalliberale Partei (PNL), die Staatspräsident Klaus Johannis nahesteht.

Staatschef: „Heute hat Rumänien gesiegt“

Dieser selbst wertete den Sturz der Minderheitsregierung in einer ersten Reaktion als einen Sieg des gesamten Landes und bat die Parlamentsfraktionen für Freitag zu ersten Sondierungsgesprächen.

Das heutige Misstrauensvotum im Parlament sei „eine natürliche Folge“ der Dauerproteste der rumänischen Bürger gegen die PSD-Regierung, des Wahlergebnisses bei der Europawahl sowie eine „Konsequenz“ der andauernden Missbräuche des abgewählten Kabinetts gewesen, sagte Johannis in einer Fernsehansprache. Neuwahlen würden gegenwärtig zweifelsfrei die „ideale Lösung“ darstellen, er werde daher während der Sondierungen eruieren, ob es diesbezüglich einen Konsensus unter den Fraktionen gebe, fügte Johannis hinzu.

Neuwahlen äußerst schwer anzusetzen

Eine Neuwahl ist in Rumänien äußerst schwer anzusetzen. Laut rumänischer Verfassung müssen nämlich zwei Regierungen innerhalb von 60 Tagen im Parlament durchfallen, bevor das Staatsoberhaupt das Parlament auflösen kann. De facto gab es sie in der rumänischen Nachwendezeit noch nie, da die meisten Parlamentarier nicht gewillt sind, ihr Mandat früher abzugeben, und es daher vorziehen, selbst einer unliebsamen Regierung das Vertrauen auszusprechen.

Er werde auf jeden Fall alles daransetzen, damit das Land schnellstmöglich „eine stabile Regierung“ erhalte, zumal es eine Vielzahl „dringender Probleme, darunter die Nominierung eines fähigen und integren EU-Kommissarsanwärters“, zu lösen gebe, so Johannis.

Dancila führt Geschäfte kommissarisch weiter

Bis zur Amtsübernahme einer neuen Regierung führt Dancila kommissarisch weiter die Geschäfte, mit eingeschränkten Befugnissen. Unter anderem darf sie keine Eilverordnungen mehr erlassen.