äthiopischer Premierminister Abiy Ahmed
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Reformer und Diplomat

Friedensnobelpreis für Äthiopiens Premier

Der Friedensnobelpreis 2019 geht an den äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed Ali. Das teilte das Nobelkomitee am Freitag in Oslo mit. Abiy gelang es, nach Jahren des Konflikts Frieden mit Äthiopiens bitterem Rivalen Eritrea zu schließen.

Der 43-Jährige wird für seinen Einsatz für Frieden und internationale Zusammenarbeit und vor allem für seine Initiative zur Lösung des Grenzkonflikts mit dem Nachbarland Eritrea ausgezeichnet. Abiys Politik und sein Engagement hätten die „Versöhnung“ vorangetrieben. Äthiopien und Eritrea führten zwischen 1998 und 2000 Krieg, gefolgt von einem Kalten Krieg. Erst 18 Jahre später, im Juli 2018, nahmen die beiden Staaten wieder diplomatische Beziehungen auf. Äthiopien wurde jahrelang autokratisch regiert.

Auch abseits des Friedensabkommens habe er viele Schritte gemacht, um zahlreichen Äthiopiern und Äthiopierinnen ein besseres Leben zu ermöglichen. „Er hat in seinen ersten hundert Tagen im Amt den Notstand aufgehoben, Tausende politische Gefangene begnadigt, die Medienzensur ausgesetzt, zuvor verbotene oppositionelle Gruppen legal gemacht, der Korruption verdächtige Militärs und Politiker entlassen und den Einfluss von Frauen in Äthiopiens politischem und öffentlichem Leben signifikant gestärkt.“ Er habe zudem versprochen, die Demokratie durch freie Wahlen zu stärken.

Berit Reiss-Andersen bei der Verkündung des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers
Reuters/Norsk Telegrambyra AS
Komiteevorsitzende Berit Reiss-Andersen bei der Verkündung des Preisträgers

Noch zahlreiche Probleme

Das Nobelpreiskomitee wies aber auch darauf hin, dass viele Probleme in Äthiopien noch ungelöst seien. Tatsächlich wurden zum Friedensschluss bis dato kaum Gespräche geführt, große Streitpunkte sind noch immer offen. Alte ethnische Konflikte sind in den letzten Monaten verstärkt wieder aufgeflammt – auch als Folge von Abiys Reformen. Indem er seine Kontrolle über die Sicherheitsorgane lockerte, seien in „vielen Teilen des Landes Sicherheit, Recht und Ordnung zusammengebrochen“, so Human Rights Watch.

„Wir zweifeln nicht daran, dass manche glauben werden, dass wir diesen Preis zu früh verleihen“, so das Nobelpreiskomitee angesichts dieser Problemfelder. Man hoffe aber, dass die Anerkennung und der Preis Abiy dabei helfen würden, seinen Kurs fortzusetzen und eine stabile Lage in dem bevölkerungsreichsten ostafrikanischen Land zu schaffen.

Friedensnobelpreis für Äthiopiens Premier

Der Friedensnobelpreis 2019 geht an den äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed. Das teilte das Nobelkomitee am Freitag in Oslo mit.

Abiy wurde vom Nobelpreiskomitee auch für seine Vermittlung in anderen innerafrikanischen Konflikten gewürdigt, etwa zwischen Eritrea und Dschibuti sowie Kenia und Somalia und während des Bürgerkriegs im Sudan. Der Preis soll außerdem all jene würdigen, die sich für Frieden und Versöhnung in Äthiopien sowie Ost- und Nordostafrika einsetzen.

„Das ist ein Preis für Afrika“

Abiy bedankte sich am Freitag für die Auszeichnung: „Das ist ein Preis, der Afrika verliehen wird, der Äthiopien verliehen wird“, sagte der 43-Jährige in einem Telefonat mit dem Sekretär des norwegischen Nobelkomitees. Er sei sehr froh über die Ehrung. „Ich danke Ihnen vielmals. Ich bin so glücklich und so begeistert über die Nachricht.“

Eritreas Präsident Isaias Afwerki bekommt von Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed symbolisch einen Schlüssel zur Feier der wiedereröffneten Botschaft Eritreas in Äthiopien überreicht
Reuters/Tiksa Negeri
Abiy und der Präsident Isaias Afwerki feierten 2018 die Wiedereröffnung der eritreischen Botschaft in Addis Ababa

In Äthiopien gab es Jubel. Der Bürgermeister der Hauptstadt Addis Abeba, Takele Uma, etwa nannte den Preis eine Anerkennung für „Frieden, Versöhnung und harte Arbeit“. Selbst von Abiys Kritikern gab es Respekt und Anerkennung. „Trotz unserer großen politischen Differenzen gratuliere ich Ministerpräsident Abiy Ahmed“, gab sein politischer Gegner Desta Haileselassie in Sozialen Netzwerken bekannt.

Van der Bellen: „Fantastischer Tag für Menschenrechte“

Hochrangige Politikerinnen und Politiker aus zahlreichen Staaten gratulierten Abiy. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach von einem „fantastischen Tag“ für die Menschenrechte. Auch der deutsche Bundespräsident Walter Steinmeier schrieb: „Sie ist ein Ansporn für Sie und die ganze Welt, in den Bemühungen für Frieden nicht und niemals nachzulassen.“ UNO-Generalsekretär Antonio Guterres nannte ihn ein „wunderbares Beispiel“ für die Möglichkeit zur Überwindung historischer Konflikte.

Aus Österreich kamen auch Gratulationen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und dem SPÖ-EU-Abgeordneten Andreas Schieder. Sie betonten Abiys Vermittlerrolle. Eine Würdigung, aber auch eine Mahnung kam von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI): Sie forderte auch in Zukunft Engagement für Äthiopien. „Die Arbeit von Ministerpräsident Abiy Ahmed ist noch lange nicht beendet“, erklärte AI-Generalsekretär Kumi Naidoo.

Thunberg als Favoritin

Die Jury hatte in diesem Jahr die Wahl unter 301 Nominierten, unter ihnen 223 Persönlichkeiten und 78 Organisationen. Da die Namen der Kandidaten 50 Jahre lang unter Verschluss gehalten werden, ließ sich über den Preisträger vorab nur spekulieren. Als Favoritin hatte die Klimaaktivistin Greta Thunberg gegolten. Als Anwärterin auf den Friedensnobelpreis wird seit Jahren auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) genannt. Diese begrüßte ausdrücklich die Verleihung des Preises an Abiy. Mit ihm habe Äthiopien einen beeindruckenden Wandel in Richtung Demokratisierung und Pressefreiheit vollzogen.

Die Auszeichnung gilt als der renommierteste politische Preis der Welt und ist mit neun Millionen schwedischen Kronen (rund 830.000 Euro) dotiert. Im vergangenen Jahr erhielten sie der kongolesische Arzt Denis Mukwege und die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad für ihren Kampf gegen sexuelle Gewalt als Kriegswaffe.