Wie die SPÖ-Chefin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ausführte, habe sie in den vergangenen Monaten und damit schon vor der für die SPÖ ernüchternden Nationalratswahl ein „Bedürfnis der Klärung und ein Bedürfnis nach Erneuerung“ geortet. Bereits nach der EU-Wahl hätte auch ein Reformvorhaben umgesetzt werden sollen – allerding sei alles anders gekommen und eine „Nationalratswahl vom Himmel gefallen“.
Nun sei im Präsidium aber der Startschuss für den unter dem Motto „An die Arbeit“ stehenden Reformprozess gefallen. Bei der Klausur im Renner-Institut im zehnten Wiener Gemeindebezirk wurde eine „offene, tabulose und sehr ernsthafte“ Diskussion geführt, so Deutsch. Allen sei klar gewesen sei, „dass an einer Erneuerung kein Weg vorbeiführt“. Nach Angaben des erst kürzlich zum neuen Bundesgeschäftsführer aufgestiegenen Deutsch gelte, wieder Bewegung in die Bewegung zu bringen und zwar auf allen Ebenen.
„Ehrliche Analyse“ und „Zukunftslabors“
Laut Rendi-Wagner werden Ergebnisse der Präsidiumsklausur nächste Woche dem Bundesparteivorstand vorgelegt. Bei der Pressekonferenz skizzierte die SPÖ-Chefin den bei der Klausur festgelegten Reformfahrplan. Bis Jahresende sollen die Bezirks- und Länderorganisationen ebenso wie Teil- und nahestehende Organisationen, von der Jugend bis zu den Senioren, eine „ehrliche und umfassende Analyse“ durchführen.
Parallel zu diesem „von innen her kommenden“ Erneuerungsprozess soll es einen Prozess der Öffnung der Partei geben. Im Rahmen von „Zukunftslabors“ sollen auch Zivilgesellschaft, Künstler und Wissenschafter in die Frage, wie die Erzählung der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert aussehen muss, eingebunden werden. Geplant sei dann zudem noch eine Befragung von allen rund 170.000 Parteimitgliedern.
Zudem soll die Organisationsreform, die beim Parteitag 2018 beschlossen wurde, mit „Leben gefüllt werden“, bekräftigte Deutsch. Jene Vorschläge, die damals nicht beschlossen wurden, etwa eine Hürde für die Wiederkandidatur von Langzeitmandataren auf allen Ebenen, stehen laut Rendi-Wagner nicht erneut zur Diskussion. Der Erneuerungsprozess soll nach den Worten der SPÖ-Chefin bis 1. Mai, den „Tag der Arbeit“, 2020 abgeschlossen sein.
Wimmer, Bures, Kaiser und Leichtfried im Sondierungsteam
Man werde jetzt aber nicht „in eine innere Emigration gehen und uns bis im April des nächsten Jahres abmelden“, so Rendi-Wagner. Vielmehr werde man „ab dem jetzigem Zeitpunkt“ sich auch verstärkt tagesaktuellen Themen widmen.
Thema beim Präsidium seien auch die nun angelaufenenen Sondierungsgespräche gewesen. Laut Rendi-Wagner sei dabei ein Sondierungsteam fixiert worden – neben Rendi-Wagner werden auch der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) Rainer Wimmer, die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried auf SPÖ-Seite künftig die Möglichkeiten einer gemeinsamen Koalition mit der ÖVP ausloten.
Startschuss für Rendi-Wagners SPÖ-Erneuerungsprogramm
Rendi-Wagner hat nach dem Parteipräsidium einen mehrstufigen Erneuerungsprozess angekündigt. Erklärtes Ziel: Eine Umsetzung bis zum Tag der Arbeit und somit dem 1. Mai 2020.
Ob es zu einer Regierungsbeteiligung komme, hänge noch von vielen Faktoren ab – Dialogbereitschaft sei vorhanden, man stehe aber nicht für Scheingespräche und eine Mitte-rechts-Politik zur Verfügung, wie Rendi-Wagner in diesem Zusammenhang sagte. Inhaltlich werde sie unter anderem auf ein klares Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft, die Bekämpfung von Kinderarmut und der Klimakrise sowie auf Reformen im Bereich Gesundheit, Soziales und Bildung pochen. Auch die Viertagewoche, eine Reparatur des Zwölfstundentaggesetzes und eine „Pausetaste“ bei der Sozialversicherungsreform seien wichtige Themen.
„Erste wichtige Schritte gesetzt“
Geht es nach Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wurden bei der Präsidiumsklausur „die ersten wichtigen Schritte gesetzt“. Ludwig bestätigte zudem Rendi-Wagners Angaben, wonach keine Personaldebatte geführt worden sei. Der Vorsitzenden sei das „Vertrauen geschenkt“ worden.
Auch der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl gab sich beim Verlassen des Renner-Instituts mit dem Ergebnis „sehr zufrieden“. Die Beratungen seien „gut verlaufen“. Beinahe wortgleich resümierte FSG-Chef Wimmer. Das Gros der SPÖ-Spitzenfunktionäre hatte die Präsidiumsklausur jedoch unbemerkt von den wartenden Pressevertretern verlassen. Bereits zu Mittag hatte sich Kärntens Landeschef Kaiser aus terminlichen Gründen auf den Weg gemacht. Kaiser musste zu einer Bootstaufe nach Duino an der nördlichen Adria.
Nicht teilgenommen hat unter anderem der steirische SPÖ-Obmann Michael Schickhofer. Dieser hatte unmittelbar nach der Nationalratswahl angekündigt, seine Bundesfunktionen nicht mehr wahrzunehmen. Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der am Dienstag an den Stimmbändern operiert wurde, ließ sich vertreten, und Vorarlbergs SPÖ-Chef Martin Staudinger sagte wahlkampfbedingt ab.