MoMa in New York
Iwan Baan
MoMA New York

Mehr Platz für frische Ideen

Am Montag wird das Museum of Modern Art (MoMA) nach viermonatiger Umbaupause wieder seine Pforten für Besucherinnen und Besucher öffnen. Um umgerechnet 360 Millionen Euro wurde die Ausstellungsfläche deutlich erweitert. Auch inhaltlich hat sich das Haus neu positioniert – und die Sammlung kräftig durchgeschüttelt.

Kaum erweitert, schon zu klein: Erst im Jahr 2004 wurde die Ausstellungsfläche des MoMA in Manhattan nach Plänen des japanischen Architekten Yoshio Taniguchi verdoppelt. Bereits damals sei klar gewesen, dass das nicht reichen würde, schrieb unlängst die „New York Times“. Fast drei Millionen Kunstinteressierte lockt das MoMA jedes Jahr an, das Museum gehört damit zu den meistbesuchten der Welt.

Die Menschenschlangen an den Kassen zogen sich oft bis auf die Straße, drinnen waren vor lauter Menschen die Kunstwerke oft nur noch schwer auszumachen. Auch aufgrund der großen Konkurrenz in New York, wo potenzielle Besucherinnen und Besucher schnell auf andere renommierte Museen wie etwa das Guggenheim und das Metropolitan ausweichen können, musste das MoMA etwas unternehmen, um sich zu behaupten.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Frida KahloMy Grandparents, My Parents, and I (Family Tree), 1936
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Frida Kahlos „Meine Großeltern Meine Eltern und ich“ (1936) ist eines von etwa 150.000 Werken in den Beständen des MoMA
Pablo PicassoWoman’s Head (Fernande), Paris, fall 1909 & Sophie Taeuber, Arp Head, 1920
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Links: Pablo Picassos „Frauenkopf (Fernande)“ von 1909 gilt als erste kubistische Plastik der Kunstwelt. Sophie Taeuber-Arps „Dada Head“ (1920, rechts) ist ebenfalls in dem New Yorker Museum zu sehen.
Ernst, Max (1891-1976), Two Children Are Threatened by a Nightingale, 1924
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
„Zwei Kinder werden von einer Nachtigall bedroht“ von Max Ernst (1924). Insgesamt besitzt das MoMA über 230 Werke des deutschen Künstlers.
Vincent van Gogh The Starry Night, Saint Rémy, June 1889
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Mit „Sternennacht“ besitzt das Museum auch eines der berühmtesten Gemälde von Vincent van Gogh
Paul Cézanne, Still Life with Apples, 1895-98
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Auch von Paul Cezanne gibt es einiges zu sehen in New York; hier das „Stillleben mit Äpfeln“ (1895 – 1898)
Meret Oppenheim, Object, Paris, 1936
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Teetasse, Untersetzer und Löffel – alles mit Fell bezogen: Meret Oppenheims „Object“ entstand 1936
Marcel Duchamp, Why Not Sneeze Rose Sélavy?, 1964 (replica of 1921 original)
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
„Why Not Sneeze Rose Selavy?“, ein „Semi-Readymade“ von Marcel Duchamp. Diese Replika aus dem Jahr 1964 wird im MoMA ausgestellt.
Edvard Munch, The Storm, 1893
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
„Der Sturm“ ist eines der weniger bekannten Werke von Edvard Munch. Seit 1974 befindet es sich im Besitz des MoMA.
Henri Matisse, Dance (I), Paris, Boulevard des Invalides, early 1909
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
„Tanz I“ von Henri Matisse (1909) – eines der bekanntesten Werke des französischen Künstlers hängt in New York
Zaha Hadid, The Peak Project, Hong Kong, China (Exterior perspective), 1991
Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence
Auch dieser nie umgesetzte Entwurf der Architektin Zaha Hadid erwartet Besucherinnen und Besucher in Manhattan

Jetzt haben die Architekten Ricardo Scofidio und Liz Diller für mehr als 400 Millionen Dollar (umgerechnet mehr als 360 Mio. Euro) nachgelegt, ein Nebengebäude hinzugefügt und das Museum mit seiner Fläche von 12.000 Quadratmetern nochmals um gut 3.700 Quadratmeter vergrößert. An einer Innenwand des Gebäudes prangt ein großer schwarzer Schriftzug: „Hello. Again.“ Er stammt vom US-Künstlers Haim Steinbach.

Blick über den künstlerischen Tellerrand

Die vielleicht größere Neuerung ist aber nicht die flächenmäßige Erweiterung des MoMA, sondern die inhaltliche und thematische Neuordnung im Inneren. Bisher hat das MoMA vor allem moderne westliche Werke des späten 19. und 20. Jahrhunderts gezeigt und galt auf diesem Gebiet als eines der herausragendsten Museen der Welt. Zu sehen waren die Werke chronologisch und linear, als eine Aufeinanderfolge von Kunststilen.

Die gezeigten Kunstschaffenden – darunter große Namen wie Pablo Picasso, Henri Matisse und Salvador Dali – waren zu einem großen Teil aus Europa, weiß und männlich, was Kritik hervorrief. Das Museum, das im November 90 Jahre alt wird, sei ein „Denkmal für eine überholte Geschichte“ geworden, schrieb die „New York Times“.

Ansicht eines Austellungsraums
MoMa/John Wronn
Offene Räume und ein komplett verändertes Ausstellungskonzept prägen das Innere des neuen MoMA

Mit dem Umbau hat sich das geändert. Im neuen MoMA gibt es zwar noch eine losen chronologischen Zusammenhang, die Mischung ist aber gänzlich neu. Die neu gestalteten Räume sind offener, der Kunstmix ist ein anderer. Neben Gemälden und Design sind überall deutlich mehr Skulpturen, Fotografie, Film und Performancekunst zu sehen – und vor allem deutlich mehr Kunst von Frauen, aus der lateinamerikanischen Community und von Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern.

Wechselseitiger Einfluss

Die alten Klassiker aus dem 150.000 Objekte umfassenden Bestand des MoMA werden von den Kuratorinnen und Kuratoren neu kombiniert. So hängt eines der berühmtesten Gemälde des Museums, Picassos „Les Demoiselles d’Avignon“ (1907), nun neben einem Werk der afroamerikanischen Künstlerin Faith Ringgold, die die Rassenunruhen in Los Angeles im Jahr 1965 zu dem bedrückenden Kunstwerk „American People Series #20: Die“ verarbeitet hat.

Ringgold, Faith
Digital Image/MoMa/Jonathan Muzikar
Faith Ringgolds „American People Series #20: Die“, entstanden 1967, hängt im MoMA neben einem der berühmtesten Picassos

Von nun an will das MoMA die ständige Sammlung durchschütteln. Das hat der Institution Lob von Medien gebracht: Endlich zeige sich das Museum als „lebende, atmende Institution des 21. Jahrhunderts“, schrieb die „New York Times“. „Eine Gruppe sehr kluger Kuratoren steckt die Köpfe zusammen und arbeitet von innen daran, das große weiße Schiff in eine andere Richtung zu lenken.“

„Klug, ausufernd, ein wenig seelenlos“

Bei der Architektur allerdings zeigt sich die Kritik gespalten. Während das „New York Magazine“ von einem „Werk überzeugter und bescheidener Eleganz“ schwärmt, vergleicht die „New York Times“ den neuen Bau mit einem Apple-Store: „Klug, ausufernd und ein wenig seelenlos.“ Zudem werde das neue offenere Layout des Museums viel Erklärung brauchen, so das Blatt: „Wir werden sehen, ob Besucher es befreiend oder verwirrend finden.“

Aber das letzte Wort sei sowieso noch nicht gesprochen, sagt MoMA-Direktor Glenn Lowry. „Das Museum wird immer in Weiterentwicklung bleiben.“ Und: „Es ist nicht mein Ziel, dass das MoMA das kanonischste Museum ist, sondern das interessanteste“, so Lowry gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“.