Mann auf Leiter zwischen zwei Brücken
Reuters
IWF-Prognose

Niedrigstes Wachstum seit globaler Krise

Die Aussichten für die Weltwirtschaft trüben sich ein, das hat am Dienstag auch der Internationale Währungsfonds (IWF) mit seiner Prognose bestätigt. Die Organisation sagt für heuer ein globales Wachstum von 3,0 Prozent voraus, das wäre das niedrigste seit der weltweiten Krise der Jahre 2008 und 2009. Die Hauptgründe liegen in Handelskonflikten, dem Brexit und der Klimakrise.

In seiner aktuellen Prognose rechnet der IWF mit einem um 0,2 Prozentpunkte geringeren Wachstum der Weltwirtschaft als noch in seiner vorherigen Schätzung vom Juli. Auch den Ausblick für das kommende Jahr revidierte man nach unten. Für 2020 erwartet er nun ein Wachstum von 3,4 Prozent, statt der bisher vorhergesagten 3,5 Prozent.

Für Österreich hat der IWF die Prognose für heuer ein weiteres Mal leicht gesenkt, für 2020 aber gleich gelassen. 2019 rechnet der IWF mit 1,6 Prozent realem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP), für 2020 mit 1,7 Prozent, geht aus dem neuen World Economic Outlook hervor. Im April hatte der IWF die Prognose für heuer von 2,2 auf 2,0 Prozent gesenkt. Für 2019 decken sich die neuen IWF-Annahmen mit den jüngsten Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und Institut für Höhere Studien (IHS) von Anfang Oktober – für 2020 ist der IWF jedoch vergleichsweise optimistischer.

Auch Prognose für Deutschland gesenkt

WIFO und IHS gingen jüngst für Österreich von 1,7 bzw. 1,5 Prozent realem BIP-Wachstum 2019 aus, für 2020 jedoch nur noch von einem BIP-Anstieg um 1,4 bzw. 1,3 Prozent. 2018 war Österreichs Wirtschaft – laut Revision der Statistik Austria von Ende September – um 2,4 Prozent gewachsen, der IWF nennt noch die „ältere“ Angabe von 2,7 Prozent.

Grafik zur Wirtschaftsprognose des IWF
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: IWF

Auch für Deutschland schraubte der IWF seine Prognose herunter. Für 2019 erwartet der Fonds nun einen Anstieg des deutschen BIP um nur noch 0,5 Prozent, im Juli hatte der Fonds noch 0,7 Prozent vorhergesagt. Auch die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute hatten in ihrem Herbstgutachten den Anstieg des BIP in diesem Jahr bei nur einem halben Prozent veranschlagt.

Mahnung an Washington und Peking

Als Hauptgrund für die weltweite Flaute nennt der IWF den seit mehr als eineinhalb Jahren schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China. Die IWF-Chefökonomin Gita Gopinath mahnte, die Weltwirtschaft sei „dringend“ darauf angewiesen, dass die politischen Akteure die Handelsstreitigkeiten abbauten. Angesichts der niedrigen Wachstumsraten gebe es „keinen Spielraum für politische Fehler“.

Seine neue Konjunkturanalyse erarbeitete der IWF zwar noch vor der am vergangenen Freitag erzielten Teileinigung zwischen den USA und China im Handelsstreit. Sie sieht unter anderem vor, dass China seine Importe von US-Agrarprodukten erhöht. Die USA verzichteten aufgrund der Vereinbarung auf eine ursprünglich für diesen Dienstag geplante Erhöhung der Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 250 Mrd. Dollar (227 Mrd. Euro) von 25 auf 30 Prozent.

Weitere Verschlechterung durch Brexit droht

Allerdings deckt die Einigung nur einen kleinen Teil der weiterhin stark konfliktgeladenen Handelsbeziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ab. Die Strafzölle, mit denen sich beide Staaten seit dem vergangenen Jahr überzogen haben, bleiben bestehen.

Als weiteren belastenden Faktor für die Weltwirtschaft nennt der IWF die Ungewissheiten rund um den Brexit. Ein Ausstieg Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen, wie ihn der britische Premierminister Boris Johnson notfalls durchziehen will, könnte nach Einschätzung des Fonds dazu beitragen, dass das globale Wachstum noch niedriger ausfällt, als jetzt vorhergesagt.

Auch die Klimakrise zählt der IWF zu den Hauptrisiken für die weltweite Konjunktur. Der Fonds verweist auf die wirtschaftlichen Schäden, welche die Klimaerwärmung vor allem in den am schwersten betroffenen Ländern verursacht. Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und Begrenzung des Temperaturanstiegs seien „dringliche globale Gebote“, mahnt die Finanzorganisation.