Große Enttäuschung über Absage bei EU-Erweiterung

Bei dem EU-Gipfel in Brüssel heute und gestern herrschte bei der Mehrheit der Teilnehmenden riesige Enttäuschung darüber, dass sich die EU-Mitgliedsländer nicht einstimmig über einen Beginn der Beitrittsgespräche von Nordmazedonien und Albanien einigen konnten.

Der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wählte scharfe Worte und sprach vom Unvermögen der EU-Staaten. Nordmazedonien und Albanien eine Absage zu erteilen, sei ein „schwerer historischer Fehler“. Juncker zeigte sich „sehr enttäuscht über das Ergebnis“ der Gipfelaussprache zur Erweiterung. Die EU müsse ihre Versprechen erfüllen.

Tusk: „Bitte gebt nicht auf“

Ihm pflichtete der ebenfalls scheidende EU-Ratspräsident Donald Tusk bei. „Persönlich denke ich, dass das ein Fehler ist“, urteilte Tusk. Weder Nordmazedonien noch Albanien seien für das Scheitern verantwortlich zu machen. „Beide Länder haben getan, was wir von ihnen verlangt hatten. Beide hätten das Recht, die Verhandlungen noch heute zu beginnen.“ Die Staaten seien bereit. „Nur leider, sind das einige Mitgliedsländer nicht.“

Tusk verstehe die Frustration. An die beiden Balkan-Staaten richtete er den Appell: „Bitte gebt nicht auf!“ Frühestens im Mai beim EU-Gipfel unter kroatischem Vorsitz in Zagreb dürfte weiterdiskutiert werden, kündigte Tusk an.

Bierlein: „Ich und andere haben uns sehr eingesetzt“

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein bezeichnete es als „sehr bedauerlich“, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit den beiden Ländern vorläufig auf Eis gelegt sind. „Ich und andere haben uns sehr eingesetzt. Nordmazedonien und Albanien hätten den Anspruch gehabt“, sagte Bierlein.

So habe Nordmazedonien den Namensstreit beiseitegelegt, und auch Albanien habe große Fortschritte gemacht, so die Bundeskanzlerin. Auch EU-Kommissar Johannes Hahn äußerte sich in einem Tweet „extrem enttäuscht“ und sieht das Versagen mehr in der EU als bei den beiden Beitrittskandidaten.

Neben etlichen weiteren Staats- und Regierungschefs zeigte sich auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel enttäuscht darüber, dass keine Einstimmigkeit über die Beitrittsgespräche erreicht werden konnte. „Ich bedauere es sehr“, sagte Merkel bei einer Pressekonferenz auf dem Gipfel. Auch dass man die Gespräche sowohl Nordmazedonien als auch Albanien nach Erfüllung etlicher Auflagen in Aussicht gestellt hatte, sei inakzeptabel, so die deutsche Kanzlerin.

Frankreich dagegen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war die treibende Kraft hinter der Blockade der Beitrittsgespräche. „Es funktioniert nicht gut mit 28 (Mitgliedsländern, Anm.), es wird nicht mit 27 funktionieren. Ich bin mir nicht sicher, dass es besser wird, wenn wir uns vergrößern“, so Macron vor Medien. Er übte Kritik an den beiden Balkan-Staaten: „Die Fortschritte sind nicht da.“

Er äußerte zuvor Bedenken zur Rechtsstaatlichkeit, außerdem wünscht sich Frankreich, die komplette EU-Beitrittsregelung zu reformieren. Auch Dänemark und die Niederlande hatten Bedenken geäußert.

Nordmazedonien: „Das Mindeste ist Aufrichtigkeit“

Die Regierung Nordmazedoniens reagierte ernüchtert über die fortgesetzte Blockade: „Das Mindeste, was die Europäische Union uns schuldet, ist Aufrichtigkeit“, schrieb Außenminister Nikola Dimitrov im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Regierungschef Zoran Zaev verwies darauf, dass sein Land wie von der EU gefordert den Namensstreit mit Griechenland beigelegt und seine Verfassung geändert habe, um Beitrittsverhandlungen zu ermöglichen. Er hatte bereits im Juni vor einer Regierungskrise und dem Erstarken antieuropäischer Kräfte in Nordmazedonien gewarnt.