Verdacht auf Korruptionsnetzwerk empört Slowakei

Neue Enthüllungen über ein mutmaßliches Korruptionsnetz enormen Ausmaßes haben gestern Demonstrationen Tausender Menschen in zahlreichen Städten der Slowakei ausgelöst. Auch vor slowakischen Botschaften und Konsulaten in den USA, Australien und mehreren europäischen Staaten wurden kleinere Kundgebungen organisiert. Zu den Protesten aufgerufen hatte die nach einem weltweit beachteten Journalistenmord gegründete Initiative „Für eine anständige Slowakei“.

Mord als Auslöser für Ermittlung

In den laufenden Ermittlungen im Fall des Mordes am Investigativjournalisten Jan Kuciak vor eineinhalb Jahren fand die Polizei bereits zahlreiche Hinweise auf gigantische Korruptionsnetzwerke: bestechliche Staatsanwälte, die sich von zwielichtigen Unternehmern wie Untergebene zur Manipulation von Gerichtsverfahren benutzen ließen, und mächtige Oligarchen, die sich von Politikern Staatsaufträge und Privatisierungsentscheidungen erkauften.

Das vorläufig brisanteste Dokument ist eine diese Woche den Medien zugespielte 39-stündige Tonaufnahme von Abhöraktionen, die der Inlandsgeheimdienst SIS in den Jahren 2005 und 2006 unter dem Codenamen „Gorilla“ durchgeführt haben soll, um Wirtschaftskriminalität im Umfeld der damaligen neoliberalen Reformregierung zu dokumentieren.

Sollten die Aufnahmen authentisch sein, würden sie belegen, dass die bis heute gültigen Verkäufe der vorher staatlichen Energiewirtschaft und anderer Schlüsselbetriebe an westliche Konzerne auf Bestechung beruhten.

Präsidentin fordert Aufklärung

Die erst seit Juni amtierende Staatspräsidentin Zuzana Caputova forderte in einer Ansprache vor Beginn der Demonstrationen lückenlose Aufklärung. Die Korruption von damals habe „eine ganze Generation geprägt“ und sei unter fünf Nachfolgeregierungen nicht aufgeklärt worden, kritisierte sie.