Brennender Bus
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Unruhen wegen „Öffi“-Tickets

Ausnahmezustand in Santiago de Chile

Seit knapp einer Woche wird in der chilenischen Hauptstadt Santiago gegen die Fahrpreiserhöhung für die Metro protestiert. Aus Wut gab es zunächst Aufrufe, ohne Fahrschein die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, in der Folge kam es zu Protestkundgebungen und Sachzerstörungen. Darauf reagierte nun die Politik – über die Stadt wurde der Ausnahmezustand verhängt.

In einer Fernsehansprache begründete Präsident Sebastian Pinera am Freitagabend (Ortszeit) seine Entscheidung mit „ernsten und wiederholten Angriffen“ auf die U-Bahn in der chilenischen Hauptstadt. Zuvor musste die Feuerwehr der sieben Millionen Einwohner zählenden Metropole wiederholt ausrücken, weil Brandstifter in mehreren U-Bahn-Stationen schwere Schäden angerichtet hatten.

Ein vom Innenministerium verbreitetes Video zeigte beschädigte Rolltreppen und Flammen in der Station Cumming im Zentrum von Santiago. Im Hintergrund waren Sprechchöre zu hören. Nach Angaben der Zeitung „La Tercera“ war in den Metrostationen eine große Zahl an Polizisten im Einsatz. Die Verwaltung der Metro stellte daraufhin am Freitagabend den gesamten U-Bahn-Verkehr auf dem etwa 140 Kilometer langen Streckennetz ein.

In verschiedenen Stadtteilen hatten Demonstranten zuletzt Barrikaden errichtet, es gab Zusammenstöße mit der Polizei. Diese setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Präsident Pinera erklärte, dass er nach der Verhängung des Ausnahmezustands auch das Militär beauftragt habe, für Sicherheit zu sorgen. Die Schäden belaufen sich offiziellen Angaben zufolge auf umgerechnet 630.000 Euro, alle 164 Stationen in der Stadt sollen attackiert worden sein.

Brennender Mistkübel
APA/AFP/Javier Torres
Einsatzkräfte neben einem brennenden Mistkübel in Santiago

Sperrung dauert ganzes Wochenende

Die Sperrung sollte das ganze Wochenende dauern, twitterte die Metro. Grund seien die „Schäden an der Infrastruktur“. Unter diesen Umständen könne die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Passagiere nicht gewährleistet werden.

Bereits zweite Erhöhung seit Jahresanfang

Die Metro sei für Anrainer unverzichtbar, sagte Präsident Pinera „Radio Agricultura“. Jeder habe das Recht, seine Meinung zu äußern, nicht aber zu zerstören. Pinera bezeichnete die Demonstranten als Straftäter. „Dieser Drang, alles kaputtzumachen, ist kein Protest, das ist kriminell“, sagte der Präsident in dem Radiointerview.

Protestierende in Santiago
AP/Esteban Felix
Ein Demonstrant inmitten von Tränengas

Für Empörung hatte die Fahrpreiserhöhung von 800 auf 830 Pesos (1,04 Euro) vor knapp einer Woche gesorgt – umgerechnet eine Anhebung der Preise um vier Euro-Cent. Doch der nun entbrannte Ärger hat eine Vorgeschichte, denn bereits im Jänner waren die Ticketpreise um 20 Pesos angehoben worden. Das U-Bahn-Netz in Santiago gilt als das größte und modernste in Südamerika.