Nordsyrien: Türkei wirft Kurden Verstoß gegen Waffenruhe vor

Die türkische Regierung hat den kurdischen Milizen vorgeworfen, gegen die vereinbarte Waffenruhe für Nordsyrien zu verstoßen. Die türkischen Streitkräfte hielten sich „vollständig“ an die am Donnerstag vereinbarte Waffenruhe, erklärte das türkische Verteidigungsministerium heute. Trotzdem hätten „Terroristen“ in den vergangenen 36 Stunden 14 Angriffe ausgeführt. Mit „Terroristen“ werden von türkischer Seite die Kämpfer der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) und deren Verbündete bezeichnet.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Donnerstag nach langen Verhandlungen mit US-Vizepräsident Mike Pence einer fünftägigen Waffenruhe zugestimmt, um der YPG Zeit zum Abzug aus einer „Sicherheitszone“ in Nordsyrien zu geben. Wenn alle Kämpfer der Kurdenmiliz aus dem 30 Kilometer breiten Streifen entlang der türkischen Grenze abgezogen sind, soll der Militäreinsatz ganz eingestellt werden.

Bericht über türkische Luftangriffe

Nach Angaben von Aktivisten hatte die Türkei gestern aber weiterhin Luftangriffe geflohen. Bei der Bombardierung des Dorfs Bab al-Cheir wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien 14 Zivilisten getötet. Die Angaben, die sich auf ein Netzwerk aus Informanten in Syrien beruft, sind von unabhängiger Seite schwer überprüfbar. In Ras al-Ain habe es auch Gefechte zwischen der türkischen Armee und der YPG gegeben. Auch eine AFP-Reporterin auf der türkischen Seite der Grenze hörte Gefechtslärm und sah Rauch aufsteigen.

Die Luftangriffe und der Artilleriebeschuss durch die Türkei seien eine „Verletzung“ der Waffenruhe, sagte der Sprecher der von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Mustafa Bali. Erdogan drohte bereits mit einer Wiederaufnahme der Offensive, sollte die YPG-Miliz nicht wie vereinbart abziehen.

Die Türkei hatte am 9. Oktober zusammen mit verbündeten syrischen Rebellen einen Feldzug gegen die YPG im Norden des Landes begonnen. Die Türkei betrachtet die YPG, die an der Grenze zur Türkei ein großes Gebiet kontrolliert, als Terrororganisation. Für die USA waren die Kurdenkämpfer lange enge Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).