Syrische Kurdenmiliz wirft Türkei Blockade von Abzug vor

Die kurdischen Milizen in Nordsyrien haben der Türkei vorgeworfen, den vereinbarten Abzug ihrer Kämpfer aus dem Grenzgebiet zu blockieren. Die Türkei verhindere den Abzug ihrer Truppen, der Verwundeten und der Zivilisten aus dem Gebiet um die Grenzstadt Ras al-Ain, sagte der Kommandant der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, heute der Nachrichtenagentur AFP in einem Telefoninterview.

Die SDF ist ein kurdisch-arabisches Bündnis, das von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) dominiert wird. Die Türkei hatte vergangene Woche eine lange angedrohte Offensive gestartet, um die YPG-Kämpfer von ihrer Grenze zurückzudrängen. Auf Druck der USA willigte Ankara am Donnerstag ein, den Einsatz für fünf Tage auszusetzen, um der syrischen Kurdenmiliz Zeit zum Abzug aus dem Grenzgebiet zu geben.

Die SDF sagte zwar die Einhaltung der Waffenruhe zu, erklärte aber, dass sie nur das relativ kleine Gebiet zwischen den Städten Ras al-Ain und Tal Abjad betreffe. Trotz der Waffenruhe gab es gestern weiter Kämpfe in Ras al-Ain und nahegelegenen Dörfern. Beide Seiten warfen einander die Verletzung der Feuerpause vor. Die kurdischen Milizen beklagten, dass die türkische Armee und verbündete syrische Milizen weiterhin Ras al-Ain belagern würden.

Erdogan: „Würden Köpfe kurdischer Rebellen zerquetschen“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte unterdessen ein hartes Vorgehen gegen kurdische Kämpfer an, sollten sie nicht binnen Tagen aus Nordsyrien abziehen. Die Türkei werde die Köpfe der Rebellen zerquetschen, sollten sie das Gebiet nicht binnen der mit den USA vereinbarten 120-Stunden-Frist verlassen, sagte Erdogan am Samstag bei einer Veranstaltung in der Provinz Kayseri.

Erdogan erklärte zudem, er werde mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Gebiete der von der Türkei geplanten „Sicherheitszone“ in Nordsyrien sprechen, wo nun syrische Soldaten stationiert seien. Sollte es in den Gesprächen zu keiner Lösung kommen, werde die Türkei „ihre eigenen Pläne“ durchsetzen.

NATO richtet Krisenstab ein

Die NATO hat einem Zeitungsbericht zufolge einen Krisenstab gebildet, der sich mit der türkischen Offensive in Nordsyrien und ihren möglichen Folgen beschäftigt. Dem Gremium gehörten Aufklärungs- und Sicherheitsexperten, Fachleute für Militäroperationen und politische Berater an, berichtete die Zeitung „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf NATO-Kreise.

Während einer Sitzung der 29 NATO-Botschafter im sogenannten Nordatlantikrat am vergangenen Mittwoch habe sich die Türkei bereit erklärte, ihre NATO-Partner laufend über Angriffe, Flüchtlingsströme und Kriegsschäden im Kampfgebiet zu unterrichten. Außerdem habe Ankara intern klargemacht, dass die Angriffe im Norden Syriens bis in die erste November-Hälfte fortgeführt werden sollten – das sei allerdings vor der Vereinbarung einer Waffenruhe gewesen.