Türkei: USA sollen „Einfluss“ auf kurdische Miliz nutzen

Die Türkei hat die USA aufgerufen, ihren „Einfluss“ zu nutzen, um den Abzug der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus Nordsyrien zu erreichen. „Uns liegt an diesem Abkommen“, sagte der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin gestern mit Blick auf die am Donnerstag erreichte Vereinbarung über eine fünftägige Waffenruhe, um den Abzug der YPG aus einer „Sicherheitszone“ an der türkischen Grenze zu erlauben.

„Sie sieht ihren Abzug binnen fünf Tagen vor, und wir haben unsere amerikanischen Kollegen aufgefordert, ihren Einfluss und ihre Verbindungen zu nutzen, damit sie ohne Zwischenfälle abziehen“, sagte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er versicherte, die Türkei würde ihren Teil der Vereinbarung mit den USA einhalten. Für militärische Zwischenfälle seit Donnerstag seien Kalin zufolge allein die YPG verantwortlich.

Syrische Kurdenmiliz wirft Türkei Blockade vor

„Unser Präsident hat unsere Truppen angewiesen, auf ihrer Position zu bleiben und niemanden anzugreifen“, sagte Kalin, nachdem sich die Türkei und die kurdischen Milizen gegenseitig Verstöße gegen die Waffenruhe vorgeworfen hatten. „Alle Vorfälle, die es gegeben hat, wurden durch die YPG-Terroristen dort verursacht, doch unsere Militärs sind im Kontakt mit ihrer (US-)Gegenseite, um sicherzustellen, dass sie kampflos abziehen.“

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab es am Freitag eine Reihe türkischer Luft- und Mörserangriffe nahe der Stadt Ras al-Ain, bei denen 14 Zivilisten getötet wurden. Das türkische Verteidigungsministerium warf seinerseits der YPG vor, binnen 36 Stunden 14 Angriffe verübt zu haben. Der kurdische Kommandant der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, beschuldigte die Türkei, den Abzug seiner Kämpfer aus Ras al-Ain zu verhindern.

Die SDF ist ein kurdisch-arabisches Bündnis, das von den YPG dominiert wird. Die Türkei hatte vergangene Woche eine lange angedrohte Offensive gestartet, um die YPG-Kämpfer von ihrer Grenze zurückzudrängen.

Erdogan: „Würden Köpfe kurdischer Rebellen zerquetschen“

Erdogan kündigte unterdessen ein hartes Vorgehen gegen kurdische Kämpfer an. Die Türkei werde die Köpfe der Rebellen zerquetschen, sollten sie das Gebiet nicht binnen der mit den USA vereinbarten 120-Stunden-Frist verlassen, sagte Erdogan bei einer Veranstaltung in der Provinz Kayseri.

Erdogan erklärte zudem, er werde mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Gebiete der von der Türkei geplanten „Sicherheitszone“ in Nordsyrien sprechen, wo nun syrische Soldaten stationiert seien. Sollte es in den Gesprächen zu keiner Lösung kommen, werde die Türkei „ihre eigenen Pläne“ durchsetzen.

NATO richtet Krisenstab ein

Die NATO hat einem Zeitungsbericht zufolge einen Krisenstab gebildet, der sich mit der türkischen Offensive in Nordsyrien und ihren möglichen Folgen beschäftigt. Dem Gremium gehörten Aufklärungs- und Sicherheitsexperten, Fachleute für Militäroperationen und politische Berater an, berichtete die Zeitung „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf NATO-Kreise.

Während einer Sitzung der 29 NATO-Botschafter im Nordatlantikrat am Mittwoch habe sich die Türkei bereiterklärte, ihre NATO-Partner laufend über Angriffe, Flüchtlingsströme und Kriegsschäden im Kampfgebiet zu unterrichten. Außerdem habe Ankara intern klargemacht, dass die Angriffe im Norden Syriens bis in die erste November-Hälfte fortgeführt werden sollten – das sei allerdings vor der Vereinbarung einer Waffenruhe gewesen.