Proteste gegen Metropreise: Chiles Präsident zieht Reißleine

Chiles Staatschef Sebastian Pinera hat nach starken Protesten eine Tariferhöhung der U-Bahn Santiagos rückgängig gemacht. „Ich habe die Stimme meiner Mitbürger gehört“, sagte der Präsident gestern Abend (Ortszeit) bei einer Ansprache, in der er die umstrittene Fahrpreiserhöhung zurücknahm.

Drei Tote

Unterdessen kamen bei Protesten drei Menschen ums Leben. Sie starben nach Behördenangaben in einem brennenden Supermarkt in Santiago, der in der Nacht auf heute geplündert wurde. Zwei Menschen waren sofort tot, ein drittes Opfer erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen, wie Bürgermeisterin Karla Rubilar vor Journalisten sagte.

Proteste in Santiago (Chile)
Reuters/Ivan Alvarado

Nach erneuten Brandanschlägen auf U-Bahn-Stationen wurde gestern eine Ausgangssperre in der chilenischen Hauptstadt verhängt. Die Proteste hatten sich vor knapp einer Woche entzündet, als die Fahrpreise der U-Bahn von 800 auf 830 Pesos angehoben wurden – umgerechnet eine Erhöhung von vier Euro-Cent.

Protestwelle weitete sich aus

Die Ausgangssperre, die erste in Chile seit Wiederherstellung der Demokratie 1990, gilt von 22.00 bis 7.00 Uhr (Ortszeit) in Santiago de Chile und Umgebung. In der Hauptstadt wurden gestern erneut U-Bahn-Züge und Busse in Brand gesetzt. Die Protestwelle weitete sich auf Valparaiso, Concepcion und Vina del Mar aus. Neben der Fahrpreiserhöhung in Santiago hat auch eine landesweite Erhöhung der Stromtarife den Unmut der Bevölkerung angeheizt.

Bei den schweren Ausschreitungen vom Freitag sind nach Angaben Pineras 78 U-Bahn-Stationen zerstört oder beschädigt worden. Ein Vertreter der U-Bahn-Verwaltung schätzte die Schäden auf 200 Mio. Dollar. Der gesamte U-Bahn-Verkehr auf dem etwa 140 Kilometer langen Streckennetz wurde eingestellt. Es sei nicht zu erwarten, dass der Dienst morgen wieder aufgenommen werden könne, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens.

Insgesamt wurden nach Polizeiangaben am Freitag 308 Menschen festgenommen und 156 Polizisten verletzt. In Santiago wurde der Unterricht an Schulen für morgen ausgesetzt. Fußballspiele und Konzerte wurden in der Hauptstadt am Wochenende vertagt. Kaufhäuser blieben größtenteils geschlossen.