Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin
AP/Sergei Fadeyechev
Nach Nahost

Afrika als Putins nächstes Ziel

Mit dem Einsatz in Syrien und dank des Rückzugs der USA ist Russland Jahrzehnte nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder zu einem zentralen Machtfaktor im Nahen Osten geworden. Als Nächstes will der russische Präsident Wladimir Putin dasselbe in Afrika erreichen.

Nur einen Tag, nachdem Putin den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan empfing und mit ihm ein gemeinsames Vorgehen in Nordsyrien vereinbarte, geht es in Sotschi gleich weiter: Putin lädt ab Mittwoch zum ersten Russland-Afrika-Gipfel. Zu dem zweitägigen Treffen reisten 44 Staats- und Regierungschefinnen und -chefs vom afrikanischen Kontinent an. Insgesamt sind 10.000 Gipfelteilnehmer aus 54 afrikanischen Staaten und Russland am russischen Badeort.

Ägyptens Präsident Abdel-Fattah al-Sisi eröffnete als Vorsitzender der Afrikanischen Union den Gipfel gemeinsam mit Putin. „Afrika wird immer mehr zu einem Kontinent der Möglichkeiten“, sagte Putin der Staatsagentur TASS zum Gipfelstart. Er kündigte Milliardeninvestitionen für Afrika an.

„Wir sind immer bereit“

Und es wurde gleich konkreter: Im Streit um das Wasser für den größten Staudamm Afrikas hat sich Russland offiziell als Vermittler zwischen Ägypten und Äthiopien angeboten. „Wir sind immer bereit“, sagte Vizeaußenminister Michail Bogdanow der Agentur Interfax zufolge in Sotschi. Parallel haben die USA sich als Vermittler angeboten und wollen in Washington ein Treffen auf Ministerebene ausrichten.

Der russische Präsident Wladimir Putin mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi
APA/AFP/Mikhail Metzel
Ägyptens Präsident Sisi und Putin zum Auftakt des Gipfels am Schwarzen Meer

An Sowjetzeiten anknüpfen

Generell will Russland an alte Kontakte aus Sowjetzeiten anknüpfen. Die Sowjetunion hatte die Länder damals dabei unterstützt, eine eigene Wirtschaft aufzubauen. Hunderttausende Afrikanerinnen und Afrikaner waren in Russland ausgebildet worden. Das wirtschaftliche Interesse Russlands an den Märkten in Afrika ist groß.

Besonders interessant ist der afrikanische Kontinent aber für die russische Rüstungsindustrie. Bis zu 40 Prozent der russischen Waffenexporte gehen nach offiziellen Angaben aus Moskau in afrikanische Staaten. Bei dem Afrikagipfel sollen aber keine neuen Rüstungsabkommen unterzeichnet werden, hieß es.

Von „Goldgräberstimmung“ profitieren

Der Vizechef des Afrika-Instituts der russischen Akademie der Wissenschaften, Leonid Fituni, ist überzeugt, dass Russland heute von der „Goldgräberstimmung“ in Afrika profitieren könnte. Fituni verwies in einem Beitrag der „Nesawissimaja Gaseta“ auf die Chinesen, die schon seit Jahren ihren Einfluss auf dem Kontinent ausbauen. Unter dem Druck antirussischer Sanktionen der USA und der EU könne das Land den afrikanischen Wachstumsmarkt für sich nutzen. „Großes Interesse haben sie an unseren Waffen, besonders seit sie erfolgreich in Zonen regionaler Konflikte eingesetzt wurden“, meinte Fituni.

Wenn Putin mit Ägyptens Präsident Sisi als Vorsitzendem der Afrikanischen Union den Gipfel führt, soll es aber um mehr als um Rüstungsgüter gehen. Russland will etwa Getreide und landwirtschaftliche Maschinen, Flugzeuge und Weltraumtechnik, Lastwagen, chemische und pharmazeutische Produkte exportieren.

Das Handelsvolumen könnte von 20 Milliarden US-Dollar (2018) in den kommenden Jahren um das Dreifache steigen, heißt es. Zum Vergleich: Das chinesisch-afrikanische Handelsvolumen liegt schon jetzt um das Zehnfache höher – und zwar bei 204 Milliarden US-Dollar (2018).

Kampf um Vormacht mit USA und China

Klar ist aber auch, dass es neben wirtschaftlichen Interessen für Russland stark um geopolitisches Kalkül geht. Die unter Putin wieder selbstbewusste Großmacht will Afrika weder China noch dem Westen – besonders den USA – „überlassen“. Russische Kommentatoren haben Afrika schon zum Schlachtfeld eines neuen Kalten Krieges mit dem Westen erklärt. Mit etwa 30 afrikanischen Staaten haben die Russen Medien zufolge zuletzt militärische und politische Vereinbarungen getroffen.

Paramilitärisches Personal

„Russland engagiert sich vor allem auch militärisch stark in der Zentralafrikanischen Republik“, weiß etwa Günter Nooke (CDU), der Afrikabeauftragte der deutschen Regierung. Vom Kongo über Ägypten, vom Sudan bis zur Zentralafrikanischen Republik mehren sich die Hinweise auf ein verstärktes russisches Afrikaengagement. Oft sind es – wie in Mosambik – als privat deklarierte paramilitärische Bewachungsdienste oder Militärberater, die Russland entsendet.

„Private militärische Unternehmen sind nicht unbedingt schlecht“, erklärte der neue russische Botschafter in Südafrika, Ilja Rogaschow, bei einem Seminar der Universität Pretoria. Auf Nachfrage bestätigte er dem Nachrichtenportal Daily Maverick, dass Moskau auch die politische Kontrolle über sie habe.

Gefährliche Recherchen

Berichte über diese paramilitärischen Gruppen sind nicht einfach, Nachforschungen mitunter lebensbedrohlich. Drei russische Journalisten, die im Vorjahr in der Zentralafrikanischen Republik über den angeblichen Einsatz von Söldnern aus ihrer Heimat recherchierten, waren bei ihrer Arbeit getötet worden. Die Hintergründe der Tat und Machenschaften der so bezeichneten privaten Wagner-Gruppe blieben unklar.

Es geht aber nicht immer nur um Rohstoffe wie in Mosambiks Cabo Delgado-Provinz, wo ausländische Konzerne bei der Ausbeutung der reichhaltigen Gasvorkommen gerade durch islamistische Terroristen behindert werden. Strategische und kommerzielle Interessen sind bei Russlands afrikanischem Comeback oft eng verwoben.

Alte Kontakte wieder aktiviert

Russland kann sich dabei – wie im einstigen Bürgerkriegsland Mosambik – oft auf alte Kontakte berufen. In Afrika gab es Stellvertreterkriege, bei denen im Kalten Krieg sowjetisches Militär eine Rolle spielte. Zudem wurden viele afrikanische Politiker einst in Russland ausgebildet.

Auch in Südafrika werden zunehmend Kontakte geknüpft. Die beiden Länder arbeiten in der Gruppe aufstrebender Schwellenländer zusammen – mit Brasilien, Indien und China – kurz BRICS. Nachdem Russland lange Zeit vergeblich versucht hat, dem Nach-Apartheid-Staat – wie einigen anderen Staaten auf dem Kontinent auch – Atomkraftwerke zu verkaufen, sucht es dort nun militärisch den Schulterschluss. Ende November könnte es daher im südafrikanischen Marine-Stützpunkt Simons Town eng werden, wenn Kriegsschiffe aus China und Russland dort im Vorfeld eines geplanten Drei-Nationen-Manövers erwartet werden.