Doris Bures, Wolfgang Sobotka und Norbert Hofer
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Konstituierende Sitzung

Abgeordnete wählten Nationalratspräsidium

Im Rahmen der konstituierenden Nationalratssitzung ist am Mittwochnachmittag auch das Präsidium gewählt worden. In der geheimen Abstimmung wurde Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Erster Nationalratspräsident bestätigt. Wenig später wurde Doris Bures (SPÖ) als Zweite Nationalratspräsidentin wiedergewählt. Norbert Hofer (FPÖ) wird Dritter Nationalratspräsident.

Sobotka erhielt 143 der 163 gültig abgegebenen Stimmen, wie er bei der Verkündung des Wahlergebnisses bekanntgab – das sind in etwa 88 Prozent. Das ist das drittstärkste Ergebnis seit 1990 – nur Heinz Fischer (SPÖ) schnitt 1990 und 1999 besser ab. Sobotka bedankte sich für das ausgesprochene Vertrauen. Er wolle sich für einen Parlamentarismus starkmachen, der „auch seiner Kontrollfunktion gewissenhaft und ernsthaft gerecht wird“. Er sagte auch, dass man „den demokratischen Staat“ brauche, „um den Missbrauch der Freiheit zu verhindern“.

Der Nationalratspräsident plädierte dafür, einander mit grundlegendem menschlichen Respekt zu begegnen und bei den entscheidenden Fragen des Landes das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Man befinde sich an einem Ort des Respekts: „Unser Parlament ist nicht Twitter und ist nicht Facebook.“

Bures als Zweite Nationalratspräsidentin wiedergewählt

Im Anschluss an Sobotkas Rede kam es zur Wahl der Zweiten Nationalratspräsidentin. Bures wurde in ihrem Amt bestätigt, sie erhielt 142 der 171 gültigen Stimmen und somit rund 83 Prozent. Die Frage Sobotkas, ob sie die Wahl annehme, bejahte Bures. Auch sie stieg besser aus als 2017 – damals erreichte sie 66,1 Prozent.

Doris Bures
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Bures wurde von den Abgeordneten zur zweiten Nationalratspräsidentin gewählt

Mit Spannung wurde unterdessen die Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten erwartet. Dort stand neben Norbert Hofer (FPÖ) auch die grüne Mandatarin Eva Blimlinger zur Wahl. Hofer setzte sich jedoch klar durch: Er erhielt 123 der 166 gültig abgegebenen Stimmen und damit rund 74 Prozent. Blimlinger erhielt 34 Stimmen – und damit mehr als die Stimmen der grünen Abgeordneten mit 26 Mandaten überhaupt ausmachen können. Für Hofer ist es damit gleichzeitig sein schwächstes Ergebnis – 2013 erreichte er 80,3 Prozent, 2017 83,5 Prozent.

Strache blieb Abstimmung fern

Die neue wilde Abgeordnete Philippa Strache dürfte ihre Stimme bei der Wahl nicht abgegeben haben. Sie habe die Sitzung schon am frühen Nachmittag verlassen, zumindest für die Zeit der Abstimmung, berichtete die APA. Auch der „Standard“ berichtete, dass Strache zwar zur Abstimmung aufgerufen wurde, aber offenbar nicht erschienen sei. Das könnte wohl in Zusammenhang mit ihrem Ausschluss aus der FPÖ stehen. Insgesamt gaben 181 von 183 Abgeordneten bei der ersten Wahl ihre Stimme ab.

Bekenntnis zu Usancen

Der Wahl ging eine längere Debatte voraus. Jede der Fraktionen hatte 23 Minuten Redezeit, der wilden Abgeordneten Strache standen prinzipiell fünf Minuten Zeit zur Verfügung. Den Anfang machte ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der den hohen Frauenanteil lobte. Er gab eine Wahlempfehlung für Sobotka ab, kündigte aber auch an, Bures und Hofer zu unterstützen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte, es „sollte für uns alle, nicht nur für die Neuen“ ein „Neubeginn“ sein. Die SPÖ wolle sich an die „Usancen halten“ und damit wohl ebenfalls Hofer wählen. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sagte unter anderem, der Parlamentarismus bedeute auch „beherzte Auseinandersetzungen“. Er kritisierte die Grünen dafür, dass sie eine eigene Kandidatin für das Amt der Nationalratspräsidenten aufstellten.

Grünen-Chef Kogler verteidigte die Aufstellung – „Usancen sind wichtig“, so Kogler, er wolle mit Blimlinger aber eine Alternative bieten. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gratulierte ÖVP und Grünen zu ihrem Ergebnis. Man habe die Verantwortung, das Verbindende vor das Trennende zu stellen. Auch NEOS will an den Usancen festhalten, so die Ankündigung im Hinblick auf die Wahl des Präsidiums.

Erste Sachthemen angekündigt

Auch inhaltlich gab es bereits erste Einblicke. Die Freiheitlichen würden etwa gerne die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für IS-Kämpfer durchbringen, die NEOS das Amtsgeheimnis abschaffen, die Grünen dem Klimaschutz mehr Gewicht geben, die ÖVP diverse Mautausnahmen etablieren und die SPÖ ein Paket gegen Kinderarmut schnüren.

Abgeordnete angelobt

Zuvor konstituierte sich der Nationalrat mit der Angelobung der 183 Abgeordneten. Zu Sitzungsbeginn wurden Bundes- und Europahymne vorgetragen. Die Zuschauertribünen des Parlamentsausweichquartiers waren – mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen an der Spitze – dicht gefüllt. Neben Van der Bellen waren auch sein Vorgänger Heinz Fischer sowie Andreas Khol (ÖVP) als frühere Nationalratspräsidenten anwesend. Auf der Regierungsbank saßen Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Justizminister Clemens Jabloner und Außenminister Alexander Schallenberg.

Grafik zur Sitzordnung im Nationalrat
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

„Sie werden geloben: unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten“, lautete die von der ÖVP-Abgeordneten Michaela Steinacker als Schriftführerin verlesene Formel. Die Abgeordneten antworteten einzeln mit den Worten „Ich gelobe“. Einige ÖVP-Mandatare sowie FPÖ-Chef Norbert Hofer fügten „so wahr mir Gott helfe“ hinzu, bei den Grünen wurde das Gelöbnis auch mehrsprachig abgelegt.

56 Neulinge im Nationalrat

Die ÖVP sitzt mit 71 Abgeordneten im Nationalrat, die SPÖ mit 40, die FPÖ besetzt 30 Plätze, die Grünen 26 und NEOS hat 15 Mandatare und Mandatarinnen in seinen Reihen. Strache zieht als momentan einzige wilde Abgeordnete ein. 56 Abgeordnete sind zum ersten Mal Teil des Nationalrats.

Einzug über den Josefsplatz

Vor der Angelobung waren mehrere Klubs geschlossen über den Josefsplatz in das Ausweichquartier des Parlaments in der Wiener Hofburg eingezogen. Einen türkisfarbenen Button mit der Aufschrift „Für Österreich“ trugen die ÖVP-Mandatare. Den SPÖ-Abgeordneten war ein weiteres Mal die traditionelle rote Nelke angeheftet, NEOS trug drei pinkfarbene Bleistifte, die Grünen Töpfe mit diversen Kräutern.

Weder die umstrittene Kornblume noch das beim letzten Mal verwendete Edelweiß, sondern Schleifen in Rot-Weiß-Rot trugen die Freiheitlichen. Vor der Hofburg warteten Medienvertreter auf die wilde Abgeordnete Philippa Strache, die jedoch unauffällig in den Plenarsaal gelangte.