Frau raucht eine Zigarette in einem Lokal
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Viele „Lösungen“

Der lange Weg zum Gastro-Rauchverbot

Mit der Idee für Nichtraucherzonen in Lokalen hat alles begonnen, mehr als 25 Jahre und ein Volksbegehren später ist ab Freitag wirklich Schluss mit Rauchen in der Gastronomie. „Grundsätzlich“ gilt das entsprechende Verbot bereits seit zehn Jahren, ein generelles wurde nie umgesetzt. Stattdessen gab es eine „Berliner“, eine „spanische“ und mehrere österreichische Lösungen.

Mit Stichtag 1. November 2019 fallen nun die bisher geltenden Ausnahmeregelungen, wie sie im Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) festgelegt waren, etwa bei einer räumlichen Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen, oder aber Ausnahmen für sehr kleine Lokale. Die entsprechende Novelle dazu wurde im Juli – erst nach dem Platzen der Koalition von ÖVP und FPÖ – beschlossen.

Folglich gilt das absolute Rauchverbot, wie es im Gesetzestext (Paragraf 12) heißt, künftig in allen Räumen, in denen Speisen oder Getränke hergestellt, verarbeitet und konsumiert werden. Gemeint seien damit explizit etwa auch Vereinslokale, Tankstellen mit Gastroinfrastruktur und Buffets, lautete kürzlich ein Hinweis der Wirtschaftskammer (WKÖ).

Rauchverbote in der Gastronomie – Europavergleich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Das Verbot schließe nicht nur Zigaretten und Zigarren ein, sondern auch „verwandte Erzeugnisse“ wie E-Zigaretten und Shishas, Wasserpfeifen, präzisierte das Gesundheitsministerium in einer Aussendung zum Stichtag. Ausnahmen bleiben Freiflächen, also Schanigärten oder offene Terrassen.

Wie alles begann

Die ersten politischen Vorstöße für Einschränkungen des Rauchens liegen über 25 Jahre zurück. Damals war der blaue Dunst in öffentlichen Gebäuden noch allgegenwärtig, Rauchen im Flugzeug erlaubt, das Raucherzimmer an Schulen noch selbstverständlich. Gleichzeitig wurde bereits über generelle Tabakwerbeverbote und Warnhinweise auf Zigarettenpackungen diskutiert.

1992 kündigte dann der damalige Gesundheitsminister Michael Ausserwinkler (SPÖ) mehrere Initiativen gegen das Rauchen, erst bei Schwangeren und am Arbeitsplatz, schließlich auch in der Gastronomie über ein strenges „Tabakwarengesetz“ an. Der Vorschlag beinhaltete Nichtraucherzonen in Lokalen. Es wurde monatelang debattiert, übrig blieb unter anderem die Idee einer freiwilligen Selbstverpflichtung für Betreiberinnen und Betreiber von Gastronomiebetrieben.

Freiwilligenregelung mit bescheidenem Erfolg

Bis dorthin dauerte es dann allerdings wieder mehrere Jahre. Im August 2004 gaben die damalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) und die WKÖ die Einführung einer solchen Freiwilligenregelung bekannt. Als Ziel wurde ausgegeben, dass noch bis zum Ende desselben Jahres 30 Prozent der Speiselokale „rauchfreie Zonen“ einrichten sollten, bis Ende 2006 sollte der Anteil auf 90 Prozent steigen. Darüber hinaus hieß es vom Fachverband Gastronomie dazu: „Gesetzliche Zwangsmaßnahmen“ seien ungeeignet. „Der Gast wird bevormundet, die Gemütlichkeit leidet.“

Knapp drei Jahre später, im April 2007, kündigte die seinerzeitige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP), eine gesetzliche Regelung für die räumliche Trennung an. Die Evaluierung der Freiwilligenregelung hatte eher ernüchternde Ergebnisse gebracht. Maximal 64 der angepeilten 90 Prozent waren erreicht worden, in Wien lediglich 41. Für kleinere Lokale wurden Ausnahmen angedacht, wie sie später auch galten: das „spanische“ Modell. Das Vorhaben, mit 1. Jänner 2008 ein neues Gesetz zu haben, scheiterte.

Die nächste „österreichische Lösung“

Im April 2008 dann ein neuer Anlauf: Die Koalition unter Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) präsentierte im Ministerrat ihre Ideen für ein Gesetz. Mit 2009 sollte in Lokalen grundsätzlich nicht mehr geraucht werden dürfen. Unter bestimmten Voraussetzungen sollte es aber in getrennten Räumen weiter erlaubt sein. Kdolsky zeigte sich zufrieden mit der „guten österreichischen Lösung“.

Ein neues Tabakgesetz trat tatsächlich mit 1. Jänner 2009 in Kraft, darin enthalten die besagten Ausnahmeregelungen für abgetrennte Raucherräume, kleine Lokale und bei Umbauten samt einer Übergangsfrist. Diese Frist für Umbauten und Sondergenehmigungen endete im Sommer 2010, damit durften Gastronomiebetriebe das Rauchen nur noch in getrennten Räumen erlauben bzw. nur dann, wenn diese kleiner als 50 Quadratmeter (Paragraf 13a TNRSG) waren.

Modell „Berlin“

Knapp fünf Jahre später, im April 2015, präsentierten die damalige Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) und Ex-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) einen Gesetzesentwurf für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie mit Mai 2018. Betriebe, die bereits bis Juli 2016 auf rauchfrei umstellten, sollten eine „Prämie“ als Entschädigung für getätigte Investitionen über eine Steuergutschrift erhalten.

Aus dem Stichtag 1. Mai 2018 wurde aber nichts. Die FPÖ hatte sich bereits vor der Nationalratswahl 2017 vehement gegen ein generelles Rauchverbot ausgesprochen, danach einigte sich ÖVP und Freiheitliche in ihren Regierungsverhandlungen auf eine Regelung nach „Berliner Modell“, was nicht anderes hieß als: erneut Ausnahmen. Es durfte weiter in getrennten Räumen geraucht werden, der Nichtraucherschutz für Jugendliche wurde allerdings verschärft.

„Don’t Smoke“ sehr erfolgreich

Im Februar 2018 meldete die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ein Volksbegehren an, um das generelle Rauchverbot in der Gastronomie doch durchzusetzen. „Don’t Smoke“ erhielt 591.146 Unterstützungserklärungen und insgesamt 881.692 Unterschriften. Es landet im Gesundheitsausschuss und wurde schließlich im März ad acta gelegt. Einen Antrag der Opposition, ein generelles Rauchverbot umzusetzen, lehnten ÖVP und FPÖ ab.

Die Wende kam nach „Ibiza“

Die Wende kam schließlich erst nach dem Zerbrechen der ÖVP-FPÖ-Koalition nach dem Auftauchen des „Ibiza-Videos“ im Mai. Im Juni einigten sich SPÖ, NEOS und JETZT auf einen gemeinsamen Antrag im Parlament, die ÖVP stimmte schließlich zu. Gleichzeitig wies der Verfassungsgerichtshof (VfGH) noch einen Antrag der Stadt Wien gegen die bisherigen Ausnahmeregelungen ab. Am 2. Juli schließlich wurde die Gesetzesnovelle für das gänzliche Rauchverbot per 1. November beschlossen, Paragraf 13a samt Ausnahmen gestrichen. Die FPÖ stimmte als einzige Partei dagegen und warnte vor Belastungen für die Gastronomie.

Auch nach dem Beschluss im Parlament ebbte der Widerstand nicht ab. Mitte August ging eine Initiative „Nachtgastronomie“ nochmals vor den VfGH und wollte eine Ausnahmeregelung durchsetzen. Argumentiert wurde, dass – sobald in Lokalen überhaupt nicht mehr geraucht werden darf – nachts österreichweit mit bis zu 50.000 Raucherinnen und Rauchern vor Lokaltüren zu rechnen sei und das mutmaßlich eine große Lärmbelästigung für Anrainer darstellen würde.

Widerstand bis zuletzt

Anfang Oktober kündigte schließlich noch die Vereinigung der Shisha-Bar Betreiber Österreich (VSBÖ) eine Klage vor dem Höchstgericht an – ebenfalls für eine Ausnahmeregelung. Da künftig auch Wasserpfeifen und sogar E-Zigaretten unter das Rauchergesetz fallen, sah der Verband die ureigenste Existenzgrundlage der Lokale – schließlich geht man dort vor allem zum Shisha-Rauchen hin – gefährdet, und damit 400 bis 500 Unternehmen und bis zu 10.000 Arbeitsplätze.

Unmittelbar vor Inkrafttreten des generellen Rauchverbots waren die Stimmen großteils positiv. Für die Initiatoren von „Don’t Smoke“ beginnt damit „eine neue Ära der Gesundheit für Österreich“. Sie verwiesen darauf, dass im internationalen Vergleich die Zahl der Raucherinnen und Raucher in Österreich nach wie vor hoch sei, insbesondere auch unter Jugendlichen.

Die FPÖ blieb bei ihrer Ablehnung. Klubobmann Herbert Kickl, selbst Nichtraucher, erklärte, er könne „mit dem Bevormundungsgeist, der in diesem Gesetzesbeschluss steckt, nichts anfangen“. Die bisherige Regelung sei durch gegenseitige Toleranz gekennzeichnet gewesen und habe allen Gästen – ob Raucher oder Nichtraucher – einen ihren Bedürfnissen entsprechenden Aufenthalt in Lokalen gewährleistet. Aus dem Fachbereich Tourismus in der Gewerkschaft vida hieß es dagegen: „Die über 200.000 Beschäftigten können endlich aufatmen und sind während ihrer Arbeit vor den schädlichen und tödlichen Folgen des Rauchens und des Passivrauchens geschützt.“