Saudische Ölraffinerie Aramco
Reuters/Ahmed Jadallah
Aramco

Saudischer Ölriese betritt Börsenwelt

Immer wieder ist der Börsengang des profitabelsten Unternehmens der Welt verschoben worden. Nun scheint es so weit zu sein: Die Aktien des Ölkonzerns Saudi Aramco werden nach Angaben der Aufsichtsbehörde noch im Dezember zum ersten Mal gehandelt.

Kronprinz Mohammed bin Salman hatte den Börsengang bereits vor drei Jahren ins Spiel gebracht. Doch der Schritt auf das Parkett verzögerte sich immer wieder. Am Sonntag aber erteilte die saudische Kapitalmarktbehörde die offizielle Genehmigung. Aramco könnte damit das an der Börse wertvollste Unternehmen der Welt werden. Anders als zunächst geplant werden die Aktien aber nicht in London oder New York gehandelt werden, sondern nur an der saudischen Wertpapierbörse Tadawul.

Der Börsengang ist Teil des wirtschaftlichen Reformprogramms „Vision 2030“, mit dem der Kronprinz das ölreiche Königreich wirtschaftlich breiter aufstellen und damit unabhängiger vom Öl machen will. Künftig soll Saudi-Arabien seinen Vorstellungen zufolge zu einem Zentrum für Technologie und Innovation werden. So ist etwa ein gigantisches Infrastrukturprojekt zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Akaba geplant, wo sich Unternehmen aus allen möglichen Branchen wie der Energie- und Wasserwirtschaft, der Biotechnologie und der Unterhaltungsbranche ansiedeln sollen.

Saudischer Kronprinz Mohammed bin Salman
APA/AFP/Charly Triballeau
Kronprinz bin Salman will Saudi-Arabien unabhängiger vom Ölhandel machen

Profitabelster Konzern der Welt

Der Nettogewinn von Aramco summierte sich im vergangenen Jahr auf 111,1 Mrd. Dollar (98,8 Mrd. Euro). Zum Vergleich: Die Profite von Chevron und Exxon Mobil aus den USA, von BP aus Großbritannien, dem britisch-niederländischen Rivalen Royal Dutch Shell und Total aus Frankreich machten 2018 knapp 80 Mrd. Dollar aus – zusammengerechnet.

111,1 Milliarden Dollar Nettogewinn – im Jahr

Aramco gehört derzeit zu 100 Prozent der saudischen Königsfamilie und erbringt etwa 60 Prozent der Regierungseinnahmen Saudi-Arabiens. Der Konzern ist zuständig für fast alle Ölvorkommen im Wüstenstaat und fördert mehrere Millionen Barrel Öl täglich. Im April hatte Aramco erstmals Blick in seine Bücher gewährt – der Nettogewinn im vergangenen Jahr summierte sich auf stolze 111,1 Milliarden Dollar.

Die Schätzungen über den Umfang des Börsengangs gehen auseinander. Der Kronprinz hatte 2016 eine Bewertung von zwei Billionen Dollar angestrebt. In Banken- und Unternehmenskreisen wurde dieses Ziel allerdings als zu ehrgeizig und eine Bewertung von etwa 1,5 Billionen Dollar als realistischer bezeichnet. Zum Vergleich: Apple und Microsoft etwa werden mit jeweils einer Billion Dollar bewertet.

Rütteln am Alibaba-Rekord

Schon ein Verkauf von einem Prozent der Aktien bei niedriger Bewertung könnte Aramco 15 Milliarden Dollar einbringen, ein Verkauf von zwei Prozent bei einer höheren Bewertung dagegen bereits 40 Milliarden. Damit würde Aramco den Rekord für den größten Börsengang brechen, den seit 2014 die chinesische Handelsplattform Alibaba mit Einnahmen von 25 Milliarden Dollar hält.

Ölkonzern Aramco drängt es an die Börse

Wo viel Geld ist, da ist die Chance auf noch mehr Geld nicht gering. Das Unternehmen Aramco aus Saudi-Arabien dürfte bald ein gutes Beispiel dafür sein. Der Ölkonzern soll an die Börse gebracht werden.

Ein Zeitplan für die weiteren Schritte des Börsengangs wurde am Sonntag nicht genannt. Zuletzt hatte der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija unter Berufung auf Insider berichtet, dass der erste Handelstag an der Tadawul-Börse der 11. Dezember sein solle. Dem Sender zufolge soll der Börsenprospekt am 10. November veröffentlicht werden.

Aramco wolle im weltweiten Energiemarkt eine herausragende Stellung einnehmen, erklärte Geschäftsführer Amin Nasser in einer Mitteilung. „In den vergangenen drei Jahren waren wir für jedes achte Barrel des weltweit produzierten Rohöls verantwortlich“, sagte Nasser. „Unsere nachgewiesenen Vorkommen waren Ende 2018 fünfmal größer als die der fünf großen internationalen Ölkonzerne (IOC).“ Als die fünf größten dieser „Supermajors“ gelten ExxonMobil, Shell, BP, Chevron und Total.

Rauch über den Raffineriekomplexen des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco
Reuters/Hamad I Mohammed
Bei einem Drohnenangriff wurden wichtige Aramco-Ölanlagen in Saudi-Arabien zerstört – von wem, ist immer noch ungeklärt

Kurzzeitiger Schock im September

Die Ölindustrie Saudi-Arabiens war im September von mehreren Drohnenangriffen schwer getroffen worden. Unter anderem war dabei die größte Ölraffinerie des Landes in Abkaik getroffen und die Produktionsmenge auf etwa die Hälfte des üblichen Volumens gesenkt worden. Nach OPEC-Angaben brach die Produktion von rund 9,8 Millionen Barrel (159 Liter) um etwa 5,7 Millionen Barrel pro Tag ein. Die Ölpreise stiegen daraufhin so stark wie seit Jahrzehnten nicht.

Das Ölangebot erreichte nach Angaben aus Riad bald aber wieder das Niveau von vor den Angriffen, die Pläne für den Börsengang waren Aramco zufolge nicht beeinträchtigt. Zu den Angriffen hatten sich die schiitischen Huthi-Rebellen aus dem benachbarten Jemen bekannt. Saudi-Arabien machte hingegen wie die US-Regierung den Iran verantwortlich. Dieser Einschätzung schlossen sich auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien an. Der Iran bestritt eine Verwicklung.