Personallücke an Sonderschulen „temporäres Problem“

Seit 2015 ist die Ausbildung von Sonderschullehrern Geschichte, stattdessen können angehende Pädagogen sich auf Inklusive Pädagogik spezialisieren. Die Gewerkschaft fürchtet als Folge einen Expertenmangel. „Das ist ein temporäres Problem“, beruhigt Bildungswissenschafter Gottfried Biewer (Uni Wien). Tatsächlich wählen mehr Studierende den Schwerpunkt Inklusion als früher das Sonderschullehramt.

Insgesamt haben sich derzeit knapp 1.600 angehende Lehrer auf Inklusive Pädagogik spezialisiert. 749 sind es laut Bildungsministerium im Volksschulbereich, davon 569 im Bachelor. Dazu kommen 834 Pädagogen für die Sekundarstufe (Zehn- bis 19-Jährige), wie ein APA-Rundruf zeigt. Zum Vergleich: Vor Beginn der neuen Ausbildung vor fünf Jahren waren knapp 1.300 Personen für das Lehramt Sonderschulen inskribiert, vor zehn Jahren waren es rund 1.000.

Schwerpunkt „Inklusive Pädagogik“

Lehrer werden nun nicht mehr für bestimmte Schulformen ausgebildet, sondern für die Altersgruppen sechs bis zehn (Primarstufe) bzw. zehn bis 18 Jahre (Sekundarstufe). Die Ausbildung eigener Sonderschullehrer wurde abgeschafft. Angehende Volksschullehrer können sich aber auf Inklusive Pädagogik spezialisieren, Lehrer der Sekundarstufe anstelle eines zweiten Unterrichtsfachs eine Vertiefung in Inklusiver Pädagogik wählen – in beiden Fällen meist mit dem Schwerpunkt auf Behinderungen. Die Ausbildung dauert außerdem mit fünfeinhalb bzw. sechs Jahren deutlich länger als früher.

Für die Schulen stehen durch die Umstellung vorübergehend weniger Lehrer und Lehrerinnen mit einer Spezialisierung auf Behinderungen zur Verfügung. „Es ist eine Lücke entstanden, indem die Ausbildungszeit sich verdoppelt hat und indem die alte Lehrerausbildung geendet und die neue (für die Sekundarstufe, Anm.) nicht gleich begonnen hat“, so Biewer, Vizeprogrammleiter für die Lehrerausbildung an der Uni Wien. „Das wird noch so lange andauern, bis wir eine relevante Zahl von Absolventen der neuen Studiengänge haben“. In drei bis vier Jahren sollte der Engpass seiner Einschätzung nach dann vorbei sein.

Lehrkräfte würden „viel mehr mitbringen“

Langfristig bringt die Umstellung allerdings aus Biewers Sicht viele Verbesserungen: Die neuen Lehrer mit einer Spezialisierung auf Inklusion würden durch die längere Ausbildungsdauer und den größeren Stundenumfang „ganz viel mehr mitbringen als die alten Sonderschullehrer“.

Die Gewerkschaft bleibt bei ihrer Kritik. „Ich halte das für eine Fehlkonstruktion in der neuen Lehrerausbildung, dass es den Lehrertyp Sonderpädagoge nicht mehr gibt“, so der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) gegenüber der APA. Aus den Ausbildungsinstitutionen höre er, dass es sowohl inhaltliche als auch quantitative Probleme gebe. „Das macht mir Sorge, weil wir immer mehr Sonderpädagogen brauchen werden“, und zwar seinem Verständnis nach sowohl für behinderte als auch hochbegabte Schüler.