Flugzeug vor untergehender Sonne in Frankfurt
AP/Michael Probst
Klimaschutzbericht

Beste Umsetzung erreicht nur halbes Ziel

Die Pläne der meisten Staaten im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens reichen nicht aus, um die schneller werdende Erderhitzung zu bremsen. Zu diesem Schluss kommt ein neuer Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Selbst wenn sämtliche Zusagen eingehalten werden, würde man nur die Hälfte der Pariser Ziele erreichen, heißt es darin.

Auf Kurs, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 40 Prozent zu reduzieren, sieht dieser nur die EU-Staaten und sieben weitere Länder. Fast drei Viertel der 184 Zusagen zum Einsparen von Treibhausgasen, die Länder eingereicht haben, sind laut dem Bericht, der von der US-Organisation Universal Ecological Fund veröffentlicht wurde, nicht ehrgeizig genug. Die Auswertung stammt von fünf Autoren – darunter auch vier ehemalige Mitarbeiter des Weltklimarats (IPCC).

„Die Zusagen sind schlicht viel zu wenig und zu spät“, kommentierte Koautor Robert Watson, der bis 2002 zum Vorstand des Weltklimarats gehörte, den Bericht. „Sogar wenn alle freiwilligen Klimazusagen voll umgesetzt werden, erreichen sie nur die Hälfte dessen, was notwendig ist, um die Beschleunigung des Klimawandels im nächsten Jahrzehnt zu begrenzen.“

Fokus auf China, Indien, USA und Russland

Besonders im Fokus der Autoren stehen vier Nationen, die zusammen mehr als die Hälfte der weltweiten Treibhausgase ausstoßen: China, Indien, die USA und Russland. Das bevölkerungsreichste Land China hat einen Anteil von rund 27 Prozent – und die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) und anderen Klimagasen dort nähmen wegen des Wirtschaftswachstums weiter zu, schreiben die Autoren des Berichts. Zugesagt hat Peking bisher nur, dass sie nicht im gleichen Maße zunehmen sollen wie das Bruttoinlandsprodukt. Das gelte auch für Indien, das einen Anteil von sieben Prozent am globalen Treibhausgasausstoß habe.

Grafik zum CO2-Ausstoß
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Global Carbon Project

Die USA haben sich inzwischen auch offiziell aus den internationalen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel verabschiedet: Die US-Regierung habe ihre Kündigung für das Klimaabkommen von Paris eingereicht, teilte Außenminister Mike Pompeo am Montag mit. US-Präsident Donald Trump hatte den Ausstieg in die Wege geleitet.

Die ursprünglichen Zusagen der Vereinigten Staaten mit ihrem Anteil von gut 13 Prozent am globalen Treibhausgasausstoß bewerten die Autoren des Berichtes noch als „in der Schwebe“ – aber die aktuelle Politik reiche nicht aus. Russland, dessen Anteil bei knapp fünf Prozent liege, habe noch gar keine Pläne eingereicht.

EU-Staaten auf Kurs

Die 28 Staaten der EU haben gemeinsam einen Anteil von neun Prozent – und sind dem Bericht zufolge mit ihren Plänen auf Kurs. Bis 2030 könnte der CO2-Ausstoß 58 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen.

Die übrigen 152 Klimaschutzzusagen kommen von Staaten, die zusammengenommen etwa 33 Prozent der Treibhausgase ausstoßen. Davon seien 127 Pläne daran gekoppelt, dass reiche Staaten technisch und finanziell bei der Umsetzung helfen, schreiben die Autoren – und sehen darin ein Problem, da es mit der Unterstützung nicht so gut laufe, wie man beim Abschluss des Abkommens 2015 gedacht habe.

Neben den 28 EU-Staaten, die im Rahmen des Pariser Abkommens gemeinsam Zusagen machen, werten die Autoren noch Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, Moldawien, die Schweiz und die Ukraine als Länder, deren aktuelle Zusagen zum jetzigen Zeitpunkt ausreichen.

Bericht mahnt brasilianische Politik

Als „teilweise genügend“ bewerten sie die Pläne von Australien, Aserbaidschan, Weißrussland, Brasilien, Kanada, Costa Rica, Israel, Japan, Montenegro, Neuseeland, San Marino und Südkorea, die den Treibhausgasausstoß bis 2030 jeweils um 20 bis 40 Prozent reduzieren wollen. Mit Blick auf Brasilien betonen die Autoren aber, dass die Politik der aktuellen Regierung nicht den Zusagen entspricht, die die Vorgängerregierung eingereicht hatte.

13 Länder haben noch gar keine offiziellen Klimaschutzankündigungen eingereicht – neben Russland sind das Angola, Brunei, der Iran, der Irak, Kirgisistan, Libyen, Libanon, die Philippinen, Senegal, der Südsudan, die Türkei und der Jemen. Zusammen stoßen sie neun Prozent der Treibhausgase aus.

11.000 Wissenschaftler erklären „Klimanotfall“

Unterdessen wurde am Dienstag auch ein Brief von 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler veröffentlicht, der vor einem „Klimanotfall“ warnt. Die Forscher aus 153 Ländern schreiben im Fachjournal „BioScience“, ohne grundlegendes Umsteuern sei „unsägliches menschliches Leid“ nicht mehr zu verhindern. „Aus den vorliegenden Daten wird klar, dass ein Klimanotfall auf uns zukommt“ – mehr dazu in science.ORF.at.

Ziele werden alle fünf Jahre nachgeschärft

Im Pariser Abkommen haben sich fast alle Staaten der Welt das Ziel gesetzt, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, um katastrophale Folgen wie Hitzewellen und Dürren, extreme Regenfälle und den Anstieg der Meeresspiegel zu begrenzen. Alle fünf Jahre sollen die nationalen Klimaschutzbeiträge nachgeschärft werden, sodass die Weltgemeinschaft insgesamt immer ehrgeiziger wird. 2020 sollen damit neue Pläne vorgelegt werden.

Es ist festgelegt, welcher Staat welchen Anteil erbringen muss. Allgemein gilt, dass reiche Industriestaaten und solche, die historisch betrachtet viel zum Klimawandel beigetragen haben, mehr Verantwortung übernehmen sollen. Die nächste Klimakonferenz findet in der ersten Dezember-Hälfte in Madrid statt.