Boeing 787 Dreamliner
Reuters/Phil Noble
Sauerstoffmasken

Ex-Mitarbeiter sieht Mängel bei Boeing 787

Der US-Flugzeughersteller Boeing wird nun auch wegen der 787 „Dreamliner“ mit Vorwürfen konfrontiert. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der für die Qualitätssicherung zuständig war, sagte gegenüber der BBC, dass es Mängel an den im Notfall überlebenswichtigen Sauerstoffmasken gab. Der Konzern wies die Anschuldigungen zurück.

Der Mitarbeiter ging 2017 in den Ruhestand, wie die BBC berichtet. Bis dahin war er 32 Jahre lang bei Boeing beschäftigt und sieben Jahre für die Qualitätssicherung in einem Werk im US-Bundesstaat South Carolina zuständig – eine von zwei Produktionsstätten für den „Dreamliner“. Momentan geht er rechtlich gegen den Hersteller vor: Die von ihm aufgebrachten Vorwürfe hätten zu Hindernissen in seinem Berufsleben geführt und ihn letztlich zum Rückzug gezwungen – der Konzern weist das zurück.

Laut dem Mann soll aufgrund des Drucks, neue Flugzeuge fertigzustellen, die Montage beeinträchtigt und dadurch die Sicherheit vernachlässigt worden sein. Boeing wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Sicherheit, Qualität und Integrität sind zentrale Werte für Boeing“, zitierte die BBC das Unternehmen.

Boeing 787 Dreamliner in Singapur
Reuters/Edgar Su
Ein ehemaliger Mitarbeiter ortet Mängel bei Boeings „Dreamliner“

Tests sollen Mängel hervorgebracht haben

So sollen 2016 Mängel bei den Sauerstoffmasken entdeckt worden sein. Wenn im Passagierraum der Druck abfällt, können diese für das Überleben entscheidend sein: Bei einer Flughöhe von 35.000 Fuß (rund 10.600 Meter) würde man sonst binnen einer Minute das Bewusstsein verlieren, bei 40.000 Fuß (12.200 Meter) – für den „Dreamliner“ keine ungewöhnliche Höhe – würden viele schon binnen 20 Sekunden ohnmächtig werden.

Bei Tests mit nur äußerlich beschädigten Masken soll sich herausgestellt haben, dass manche der Sauerstoffmasken nicht wie vorhergesehen auslösten. Eine daraufhin eingeleitete interne Prüfung bei Boeing ergab, dass von 300 getesteten Systemen 75 nicht auslösten – immerhin eine Fehlerrate von 25 Prozent.

Eine weitere Untersuchung wurde jedoch offenbar unterbunden: Eine von dem Mitarbeiter eingereichte Beschwerde bei der US-Luftfahrtbehörde FAA wurde nicht weiterverfolgt, weil es vonseiten Boeings geheißen haben soll, dass der Fehler bereits untersucht werde.

Boeing weist Vorwürfe zurück

Der Flugzeughersteller wies das zurück, bestätigte jedoch Probleme: 2017 seien „einige Sauerstoffflaschen von unserem Lieferanten“ identifiziert worden, die nicht einwandfrei funktionierten. „Wir haben diese Flaschen aus dem Verkehr gezogen, sodass diese nicht in Flugzeugen zum Einsatz gekommen sind“, so das Unternehmen. „Jedes Sauerstoffsystem in unseren Flugzeugen wird mehrmals vor der Auslieferung getestet“, und werde auch „in regelmäßigen Abständen“ überprüft, wenn das Flugzeug bereits im Einsatz ist.

Boeing-Fabrik in North Charleston
Reuters/Eric Johnson
Das Unternehmen weist die Vorwürfe zu Mängeln bei der Produktion zurück

Ex-Mitarbeiter kritisiert Druck bei Produktion

Der Ex-Mitarbeiter erhob weitere Vorwürfe: So soll der Konzern in seinem Werk in South Carolina gegen eigene Vorschriften verstoßen haben, die dafür sorgen sollen, dass der Weg jedes Bauteils zurückverfolgbar ist. Es sollen unter dem Druck, die Produktion voranzubringen, minderwertige Teile verbaut worden sein – angeblich, um Zeit und Kosten zu sparen.

Auch hier wurde die FAA eingeschaltet: Diese bestätigte 2017 die Bedenken des Boeing-Whistleblowers. Zumindest 53 „nicht konforme“ Teile wurden als „verloren“ gemeldet, also offenbar nicht von den Prozessen bei Boeing erfasst. Der Hersteller wurde daraufhin angewiesen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Laut Boeing setzte man seither die Anweisungen der FAA um. Es wurden keine Angaben dazu gemacht, ob unbekannte Teile tatsächlich in fertiggestellten Flugzeugen verbaut wurden – die BBC beruft sich jedoch auf Insider, wonach das „nicht möglich“ sei.

Berichte über neue Probleme mit „Gurkengabeln“

Die neuen Vorwürfe kommen inmitten technischer Probleme mit den „Gurkengabeln“ („pickle forks“) bei Boeings 737NG. Konkret geht es um feine Risse an jenen Stellen, an denen die Tragflächen am Rumpf des Flugzeugs befestigt sind. „Pickle fork“ nennt man sie deshalb, weil das Bauteil in seiner Form an eine Gurkengabel erinnert.

Erst vergangene Woche wurden solch feine Risse bei der Fluglinie Qantas entdeckt. Am Mittwoch schrieb der britische „Guardian“, dass auch die Billigfluglinie Ryanair von dem Problem betroffen sein könnte: Zumindest drei Flugzeuge sollen deshalb auf dem Boden geblieben sein. Die Ryanair-Flotte besteht momentan ausschließlich aus 737NG-Maschinen.

Die Fluglinie wies den Bericht jedoch zurück. „Der heutige ‚Guardian‘-Artikel ist Schrott“, hieß es von Ryanair. Sie habe die Zeitung in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es keine Auswirkungen auf Flotte und Flugplan gebe. Die Untersuchung aller Maschinen mit mehr als 30.000 Flügen sei abgeschlossen, derzeit liefen Inspektionen der Flugzeuge mit weniger als 30.000 Flügen. Das Unternehmen gehe weiterhin davon aus, dass es keine Probleme geben werde.

Verwaltungsrat spricht Boeing-Chef Vertrauen aus

Hinzu kommen die bestehenden Probleme mit dem 737NG-Nachfolger 737 Max: Nach den zwei Abstürzen, die insgesamt 346 Menschenleben forderten, bleiben sämtliche Maschinen der Reihe auf dem Boden. Boeing-Chef Dennis Muilenburg nahm dazu erst vor Kurzem im US-Kongress Stellung. „Wir wissen, dass wir Fehler und einige Dinge falsch gemacht haben“, so Muilenburg.

Am Dienstag stellte sich jedenfalls der Boeing-Verwaltungsrat hinter den Konzernchef. Muilenburg genieße „bisher“ das Vertrauen des Verwaltungsrats. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats, David Calhoun, sagte außerdem, dass Muilenburg freiwillig auf eine Bonuszahlung für 2019 verzichten wolle.

Insider: Boeing will eine Milliarde in Sicherheit investieren

Unterdessen wurde am Mittwoch bekannt, dass Boeing offenbar eine Milliarde US-Dollar (rund 900 Mio. Euro) in die Sicherheit investieren will. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf Insider berief. Die Investition soll Teil einer Langzeitinitiative sein, um Risiken wie jene, mit denen die Crews der abgestürzten 737-Max-Flugzeuge konfrontiert waren, zu minimieren. Von Boeing gab es dazu noch keine Stellungnahme.