Forscherinnen fordern Teilnahme an EU-Zeitverwendungsstudie

Wie viel Arbeit leisten Frauen bezahlt – und wie viel unbezahlt? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Zeitverwendungsstudie „Harmonised European Time Use Surveys“ (HETUS). Das EU-Statistikamt Eurostat bereitet derzeit eine neue Welle an Datenerhebungen vor. Die meisten europäischen Länder werden daran teilnehmen – Österreich allerdings nach derzeitigem Stand nicht. Das Land hatte zum bisher letzten Mal vor zehn Jahren an der Studie mitgewirkt.

Das stößt auf Kritik. Heute forderten 50 Wissenschaftlerin und Expertinnen, allesamt Trägerinnen des renommierten Käthe-Leichter-Preises, in einem gemeinsamen Aufruf die Teilnahme Österreichs. „Die bisher ablehnende Haltung der österreichischen Politik ist ein Symbol für mangelnde Gleichstellungspolitik“, bekräftigten die Initiatorinnen Anna Steiger, Ingrid Moritz und Traude Kogoj ihre Forderung nach einer Teilnahme Österreichs.

Ohne aktuelle, qualitative Daten werde feministische wissenschaftliche Arbeit erschwert, und es fehle der nötige Überblick für die Gestaltung gleichstellungsorientierter Politik. „Es wirkt fast so, als ob die österreichische Politik den Vergleich mit anderen europäischen Staaten scheut“, so die Vertreterinnen des Käthe-Leichter-Alumnae-Clubs.

Kritik an „veralteten“ Informationen

Während zur bezahlten Erwerbsarbeit umfangreiche Daten verfügbar sind, gebe es „kaum beziehungsweise nur veraltete Informationen über unbezahlte Tätigkeiten wie Haushaltsführung, Pflege, Betreuung, Freiwilligenarbeit, aber auch über das Mobilitätsverhalten bis hin zur Mediennutzung“, kritisierten die Initiatorinnen. Insbesondere die Betreuungsarbeit für Kinder und pflegebedürftige Personen wird vor allem von Frauen geleistet.

Um zielgerichtete politische Maßnahmen, etwa zur Verbesserung der Beschäftigungssituation, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Pflege zu ergreifen, brauche es Daten zur Zeitverwendung in Österreich. Daher sei die Durchführung der Erhebung in Österreich unbedingt erforderlich.

NEOS will Antrag im NR einbringen

NEOS bekundete am Nachmittag seine Unterstützung für die Forderung der Wissenschaftlerinnen und Expertinnen. Man werde einen entsprechenden Antrag im Nationalrat einbringen, kündigte die Partei an. „Als Verfechterinnen und Verfechter evidenzbasierter Politik freut es uns NEOS, dass Eurostat an einer neuen Zeitverwendungsstudie von Männern und Frauen arbeitet. Umso befremdlicher ist es, dass Österreich zögert, daran teilzunehmen“, so NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung.

Im Oktober forderte die Arbeiterkammer anlässlich des „Equal Pay Day“ eine neue Zeitverwendungsstudie. „Die letzte Erhebung zur Zeitverwendung ist zehn Jahre alt“, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl. Neben Maßnahmen zur Anhebung von Fraueneinkommen und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben brauche es also dringend auch eine neue Zeitverwendungsstudie. „Denn mit schlechten Daten kann man keine gute Politik machen“, sagte Anderl.