Frau schiebt Kinderwagen
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Unbezahlte Arbeit

Genderstudie hängt weiter in der Luft

Die Teilnahme Österreichs an der Zeitverwendungserhebung der EU-Statistikbehörde Eurostat ist weiter offen. Die Kosten für eine solche Studie lägen „über den derzeitigen budgetären Möglichkeiten“, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Frauenministerin Ines Stilling gegenüber ORF.at. „Die finale Entscheidung wird der nächsten Regierung obliegen.“

Im Rahmen der Studie wird der Anteil von bezahlter und unbezahlter Arbeit ermittelt, den Frauen und Männern leisten. Die Daten bilden die Grundlage für die politische Gestaltung von Gleichstellungsmaßnahmen. Stilling hatte im Sommer in einem Interview mit dem „Standard“ die Durchführung einer solchen Erhebung in Aussicht gestellt.

Um die „konkreten Bedingungen und Kosten für eine österreichische Teilnahme“ an der Zeitverwendungserhebung auszuloten, habe das Bundeskanzleramt im Auftrag Stillings Angebote für die Umsetzung eingeholt, teilte das Frauenministerium nun ORF.at mit.

„Da die darin genannten Kosten deutlich über den derzeitigen budgetären Möglichkeiten liegen und der Auftrag an die Übergangsregierung insbesondere darin besteht, vorwiegend die laufenden Amtsgeschäfte sowie bereits beschlossene Initiativen fortzuführen, konnte bisher keine entsprechende Beauftragung erfolgen“, hieß es. Die nun vorliegenden Informationen über die Kosten könnten eine Grundlage für die Entscheidung der nächsten Regierung bilden.

Expertinnen rufen zu Durchführung auf

Österreich hatte zum bisher letzten Mal vor zehn Jahren an der Studie mitgewirkt. Gestern forderten 50 Wissenschaftlerinnen und Expertinnen, allesamt Trägerinnen des renommierten Käthe-Leichter-Preises, in einem gemeinsamen Aufruf die Teilnahme Österreichs.

Während zur bezahlten Erwerbsarbeit umfangreiche Daten verfügbar sind, gebe es „kaum beziehungsweise nur veraltete Informationen über unbezahlte Tätigkeiten wie Haushaltsführung, Pflege, Betreuung, Freiwilligenarbeit, aber auch über das Mobilitätsverhalten bis hin zur Mediennutzung“, kritisierten die Vertreterinnen des Käthe-Leichter-Alumnae-Clubs.

Bereits im Oktober hatte die Arbeiterkammer anlässlich des „Equal Pay Day“ eine neue Zeitverwendungsstudie verlangt. „Die letzte Erhebung zur Zeitverwendung ist zehn Jahre alt“, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl. Neben Maßnahmen zur Anhebung von Fraueneinkommen und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben brauche es also dringend auch eine neue Zeitverwendungsstudie. „Denn mit schlechten Daten kann man keine gute Politik machen“, sagte Anderl.

Unterstützung von NEOS, SPÖ und Grünen

Unterstützung für die Forderung nach einer Beteiligung Österreichs an der Studie kam von der SPÖ, NEOS und Grünen. SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek hielt die Durchführung der Studie für „überfällig“. „Wenn wir effektive Frauenpolitik machen wollen, müssen wir wissen, wie es um die Verteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit bestellt ist.“ Die letzte Studie dieser Art in Österreich sei von ihr selbst in ihrer damaligen Funktion als Frauenministerin in Auftrag gegeben worden.

NEOS kündigte an, einen entsprechenden Antrag im Nationalrat einbringen zu wollen. „Als Verfechterinnen und Verfechter evidenzbasierter Politik freut es uns NEOS, dass Eurostat an einer neuen Zeitverwendungsstudie von Männern und Frauen arbeitet. Umso befremdlicher ist es, dass Österreich zögert, daran teilzunehmen“, so NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung.

In einer E-Mail an ORF.at hielt außerdem die Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, fest, dass man schon länger eine neue Zeitverwendungsstudie verlangt habe. „Ich protestiere und unterstütze die Forderung zahlreicher WissenschaftlerInnen nach einer Teilnahme Österreichs an der neuen Zeitverwendungsstudie! Diese Zahlen wären immens wichtig für eine faktenbasierte und effiziente Gleichstellungspolitik!“, so Vana.

FPÖ spricht sich gegen Teilnahme aus

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker lehnte die Forderungen dagegen ab. „Das ist eine sinnlose und teure Geldverschwendungsstudie“, so Ecker. Bereits bei der letzten Studie im Jahr 2010 habe das von der damaligen SPÖ-Ministerin Heinisch-Hosek geführte Frauenministerium dafür rund 200.000 Euro ausgegeben. „Statt für Studien sinnlos Geld zu verschwenden, wäre es besser, diese Mittel aktiv zur Unterstützung von Frauen in Österreich einzusetzen“, sagte Ecker.