Grünen-Chef Werner Kogler
APA/Herbert Pfarrhofer
Koalition

Grüne für Verhandlungen mit ÖVP

Die Grünen sind zu konkreten Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bereit. Der Erweiterte Bundesvorstand (EBV) habe das am Sonntagnachmittag einstimmig beschlossen, berichtete Bundessprecher Werner Kogler danach in einer Pressekonferenz.

Das sei auf seinen Vorschlag erfolgt, sagte Kogler, aber auch auf Vorschlag des Sondierungsteams. Er sprach vom Versuch, Gräben zuzuschütten. „Unsere Hand zur ÖVP ist damit ausgestreckt“, so der Bundessprecher: „Wie das ausgeht, wissen wir nicht.“

Kogler räumte ein, dass die Grünen ein „Wagnis“ eingingen. „Dafür gibt es auf der Landkarte keinen Weg, darum ist es auch Pionierarbeit, die wir hier machen“, so Kogler.

Der grüne Obmann zitierte den Schweizer Autor und Dramatiker Friedrich Dürrenmatt: „Was alle angeht, können am besten alle lösen und nicht einer allein.“ Ohne die Grünen würde das Land anders aussehen – auch wenn die Partei auf Bundesebene noch nie mitregiert hätte.

Offene Baustellen

Thematisch kam Kogler in der Pressekonferenz als Erstes auf die Klimakrise zu sprechen. „Da geht es auch um zehn Jahre und noch länger“, betonte Kogler. Ähnlich hatte er sich bereits Freitagabend nach der letzten Sondierungsrunde mit der ÖVP geäußert. Beim Klimaschutz solle Österreich „Vorreiter in Europa“ werden, wünschte sich Kogler.

Pressekonferenz nach dem Bundesvorstand der Grünen

Die Grünen sind zu konkreten Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bereit. Der Erweiterte Bundesvorstand habe das am Sonntagnachmittag einstimmig beschlossen, berichtete Grünen-Chef Werner Kogler.

Kogler verwies auch auf andere Anliegen der Grünen neben der Umwelt- und Klimapolitik, etwa die Bekämpfung der Kinderarmut und das „Eintreten für die Anliegen sozial Benachteiligter und Pflegebedürftiger“. Zudem sei die Tür für ein „Informationsfreiheitsgesetz“ offen. Handlungsbedarf ortete er auch im Bereich Bildung – „von der vorschulischen Ausbildung bis zu den Universitäten“ – sowie bei der Gleichstellung der Geschlechter.

Er sei sich sicher, dass Österreich mit einer Regierungsbeteiligung der Grünen anders aussehen werde als unter „Türkis-Blau“. Und: Auch, was das Reden über Politik und das Zusammenleben in Österreich betreffe, mache es einen Unterschied, ob die „Mitte-rechts-Partei“ ÖVP mit den Grünen oder einer Rechtspartei regiere. Auf „europäischer Ebene“ hätte es ebenfalls Bedeutung, „wenn so ein Experiment gelingen würde“, sagte Kogler.

„Türkis-Blau“ für Kogler nicht vom Tisch

Kogler erinnerte daran, dass schon seit dem Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 Gräben aufgerissen worden seien, die noch immer nicht ganz zu seien: „Wir wollen einen Beitrag leisten, diese Gräben zu überwinden.“ Daher schaue man nun, ob es sich mit der ÖVP ausgehe. Freilich schließt Kogler eine Neuauflage von „Türkis-Blau“ weiter nicht aus.

Grünen-Chef Werner Kogler
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Grünen-Chef Kogler: „Unsere Hand zur ÖVP ist ausgestreckt“

Über kritische Stimmen im EBV wollte Kogler nicht viel sagen. Er sei selbst eine kritische Stimme. Rote Linien seien ihm von seinen Parteifreunden nicht vorgegeben worden. Über die Verteilung der Ministerien habe man bei den Sondierungen mit der ÖVP noch gar nicht gesprochen, dementierte er erneut entsprechende mediale Spekulationen.

ÖVP gibt Entscheidung Montagvormittag bekannt

Ein Verhandlungsteam der Grünen wird es vermutlich erst am Dienstag geben. Nach dem Nationalratsplenum am Mittwoch soll es dann Informationen über die einzelnen Verhandlungsgruppen geben. Davor muss die ÖVP grünes Licht für Koalitionsverhandlungen geben. Die Entscheidung wird am Montag um 10.00 Uhr von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz bekanntgegeben, teilte die Volkspartei Sonntagnachmittag nach dem EBV der Grünen mit.

ORF2-Chefredakteur Schrom über die Entscheidung der Grünen

ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom zur Entscheidung der Grünen, mit der ÖVP in Gespräche über eine Koalition eintreten zu wollen.

Wie lange die Verhandlungen dauern, darüber wollte Kogler indes nicht spekulieren. So schnell wie möglich, aber so lange als notwendig würden die Gespräche dauern. Denn die Verhandlungen hätten einen offenen Ausgang, man arbeite jedoch auf einen erfolgreichen Abschluss hin: „Das kann seine Zeit brauchen.“

FPÖ-Kritik an „Anbiederung“ der Grünen

Scharfe Kritik kam am Sonntag von der FPÖ. Der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker warf den Grünen „Anbiederung“ vor. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen würde Österreich verändern – „aber nicht unbedingt zum Positiven“, so Hafenecker: „Steuern, verhinderte Infrastrukturen, ungezügelte Zuwanderung und ein unleistbarer Individualverkehr wären nur einige Punkte zu Lasten der österreichischen Bürger.“